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Die Vergessenen. Thriller (German Edition)

Die Vergessenen. Thriller (German Edition)

Titel: Die Vergessenen. Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Wächter
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aber würde man ihnen nicht ansehen, wie aufgeregt sie waren? Würde man nicht misstrauisch werden?
    »Komm weiter«, sagte Paul, der um eine Ecke lugte, mit ruhiger Stimme.
    »Die Luft ist rein.«
    Paul war schon immer der mutigste von ihnen gewesen. Immer wenn sie ihre geheimen Jugendstunden in der Jesuitenkirche mit Kaplan Weinmann abgehalten hatten, schlich sich Paul anschließend als Erster aus der Kirche, um zu kontrollieren, ob die Luft rein war. Einmal, es herrschte totale Verdunkelung, wurden sie nach der Seelsorgestunde von einer Streife der Hitlerjugend abgepasst. Die Jungs waren mit Schlagstöcken, Gummiknüppeln, Lederriemen und Messern bewaffnet. Es hatte eine blutige Schlägerei gegeben, bei der Paul einigen ihrer Angreifer richtig zugesetzt hatte. Auch wenn es darum ging, Flugblätter zu verteilen und Hirtenbriefe in Briefkästen zu werfen, war Paul immer derjenige, der die Initiative ergriff.
    Sie waren im obersten Stockwerk angelangt. Bei einem Erkundungsgang im Vorfeld hatten sie das Fenster entdeckt, von dem aus man einen Teil des L-förmigen Hofs des Schlossgefängnisses einsehen konnte. Es ließ sich sogar öffnen.
    »Hol die Kamera raus«, sagte Paul.
    Eugens Hände zitterten, als er den Apparat hochhielt. Die Gefangenen drehten beim vormittäglichen Hofgang ihre Runden. Sie gingen nicht besonders schnell und Eugen musste eine Weile warten, bis Kaplan Weinmann in seinem Blickfeld auftauchte. Er drückte den Auslöser und nahm sogleich die Kamera herunter, um sie wieder zu verstauen.
    »Mach noch eins«, sagte Paul und griff ihn bei der Schulter. »Zur Sicherheit.«
    Er konnte gerade noch eine Aufnahme machen, bevor der Kaplan hinter einem Vordach verschwand.
    »Los«, sagte Paul und sie rannten so schnell sie konnten die Treppe hinab. Sie verließen den Trakt durch einen der zwei privat genutzten Hintereingänge und liefen in den Schlosspark. Hinter einem Busch blieben sie stehen, um zu verschnaufen.
    »Jetzt müssen wir nur noch einen Weg finden, ihm das Foto zukommen zu lassen«, sagte Eugen. »Solange er noch im Schlossgefängnis ist, sollte es kein Problem sein. Einer der Wärter gehört zur Pfarrgemeinde, der kann vielleicht helfen. Es ist nur wichtig, dass wir etwas unternehmen, bevor er woandershin verlegt wird.«
     
    Sonntag, 7. Juni 1942
    Mannheim
     
    Eugen hatte das Foto vor sich liegen. Die Nachricht, dass der Kaplan nach Dachau verlegt worden war, hatte er heute Vormittag erhalten.
    »Mist!«, sagte er laut, obwohl niemand sonst im Raum war. Sie hatten geplant, dem Kaplan das Foto als Zeichen ihrer Solidarität zu übermitteln. Er sollte wissen, dass sie mit ihren Gedanken bei ihm waren. Jetzt war es wohl zu spät.
    Es klopfte an der Tür und seine Mutter kam herein.
    »Die Trudl steht vor der Tür.«
    Trudl gehörte auch zu ihrem Kreis um den Kaplan. Eugen trat ins Treppenhaus, wo sie mit bleichem Gesicht auf ihn wartete. Sie sah ihn einen Moment schweigend an, dann machte sie einen Schritt auf ihn zu und flüsterte ihm ins Ohr, dass die Gestapo Paul vorgeladen habe.
    Eugen antwortete nicht, er schlug mit der Faust auf den Türrahmen.
    »Man muss doch irgendetwas unternehmen können«, dachte er.

15.
    Mittwoch, 23. April
    Mannheim
     
    Nacht ist über die Kurpfalz hereingebrochen. Kimski hat zuvor Eva in ihrer Wohnung in Heidelberg abgesetzt und macht nun einen Spaziergang durch den Hafen, um seine Gedanken zu sortieren. Der kühle Abendwind mischt die unterschiedlichen Gerüche der Umgebung – den von Kakao aus der Schokoladenfabrik sowie den Dieselgestank der Lkws mit dem reinigenden Geruch von Wasser – und trägt die Melange durch die Luft. Die Lastkähne an den Hafenbecken erstrahlen im Licht orangefarbener Scheinwerfer.
    Kimski läuft die ein oder zwei Kilometer längs des Flusses bis zu der Stelle, an dem der Neckar in den Rhein fließt, und sieht ins Wasser. Seine Umrisse sind nur schemenhaft auf der dunklen Wasseroberfläche zu erkennen. Leichte Wellen lassen die Spiegelung erzittern wie ein rauschendes Fernsehbild.
    Genauso geht es Kimski, wenn er versucht, sich selbst zu verstehen. Er nimmt sich nur schemenhaft wahr. Inzwischen weiß er nicht einmal mehr genau, wo er eigentlich herkommt. Oder hat er es überhaupt jemals gewusst? Weiß er es jetzt vielleicht sogar besser?
     
    Eugen Kämper schrickt auf. Was war das? War da nicht ein Geräusch? Oder hat er nur schlecht geträumt? Nur wenig Licht fällt in das kleine Zimmer des Altersheims. Die Gardinen sind

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