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Die Vergessenen. Thriller (German Edition)

Die Vergessenen. Thriller (German Edition)

Titel: Die Vergessenen. Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Wächter
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schlich los in die Richtung, aus der das Rascheln zuletzt gekommen war. Er musste sich durch ein Gebüsch kämpfen, Äste schlugen ihm ins Gesicht.
    Dann blieb er wie erstarrt stehen und ließ das Gewehr vor Schreck sinken. Er hatte Hektor gefunden.
    Ihr Anführer lag mit dem Rücken auf dem Boden, Arme und Beine ausgestreckt. Seine Augen waren weit aufgerissen, das Gesicht und der Oberkörper waren blutverschmiert.
    Bei näherem Hinsehen entdeckte Walter eine klaffende Wunde an Hektors Hals. Jemand hatte ihm die Kehle durchgeschnitten.
    Hektors Anblick hatte Walter für einen Moment abgelenkt, sodass er zu spät bemerkte, dass hinter ihm im Unterholz das Rascheln wieder eingesetzt hatte. Als er sich schließlich erschrocken umdrehte, stand der Verursacher der Geräusche etwa vier oder fünf Meter von ihm entfernt bereits hinter ihm. Eine düstere Gestalt, ganz und gar farblos, ohne erkennbares Gesicht, lediglich eine raue, runde Fläche.
    Wie ein Geist.
    Langsam trat die Gestalt auf Walter zu. Erst als sie unmittelbar vor ihm stand, fing er sich wieder. Das war kein Gespenst, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut – und wenn er nicht schnell etwas unternehmen würde, würde es ihm genauso ergehen wie Hektor.
    Walter riss das Gewehr nach oben und schlug mit dem Kolben in das Gesicht seines Gegenübers.
    Die Gestalt zuckte kurz, wich ein paar Zentimeter zurück und ging wieder auf ihn los, als wäre nichts gewesen. Sie packte ihn und wenig später spürte Walter einen harten Gegenstand, der gegen seinen Hinterkopf schlug.
     
    Als er wieder zu sich kam, brauchte er einen Moment, bis er sich orientieren konnte. Zunächst nahm er alles nur verschwommen wahr, sah dann aber immer klarer. In Walters Stirn pochte ein stechender Schmerz. Er spürte, wie feuchter Rotz aus seiner Nase lief, wogegen er nichts tun konnte. Schließlich fand er heraus, dass er sich in einem kahlen Raum ohne Fenster befand. Er hing schief auf einem Stuhl, seine Hände waren hinter der Stuhllehne zusammengebunden und vor ihm saß ein Mann in einer schwarzen Uniform.
    Walter musste sich konzentrieren, bis er sein Gegenüber über einen verschwommenen Umriss hinaus erkennen konnte. Der SS-Mann war jung, vielleicht Mitte zwanzig. Sein hellbraunes Haar war ordentlich zur Seite gekämmt. Er rauchte und wirkte auf eine Art und Weise unsicher. Als er sah, dass Walter zu sich kam, lächelte er.
    »Guten Abend«, wurde er begrüßt. »Bitte entschuldigen Sie die Umstände.«
    Seine Stimme klang, als würde er sich ernsthaft um Walters Befinden sorgen.
    »Soll ich Ihnen etwas zu trinken bringen lassen?«
    Walter schüttelte den Kopf. Der SS-Mann schwieg, lehnte sich zurück und nahm einen langen Zug von seiner Zigarette. Dann beugte er sich ein Stück vor, griff auf dem Boden nach einem silbernen Aschenbecher, der in diesem trostlosen Ambiente viel zu edel wirkte, und drückte die Zigarette aus.
    »Sie können sich vorstellen, warum Sie hier sitzen müssen?«
    Walter schwieg.
    »Hören Sie, wenn Sie schweigen, hat niemand etwas davon. Weder Sie noch ich.«
    Walter beobachtete, wie sein Gegenüber nervös mit seinen Fingern spielte.
    »Ich kann mir auch schönere Orte vorstellen, um meine Zeit zu verbringen, als diesen Keller, das können Sie mir glauben. Wenn Sie reden, kommen wir beide hier am schnellsten wieder raus. Und eins sage ich Ihnen gleich und dabei denke ich nicht an mich: Wenn Sie nicht mit mir reden, werde ich abgezogen und einer meiner Kollegen wird hier Platz nehmen. Und der wird vielleicht nicht wie ein zivilisierter Mensch mit Ihnen umgehen.«
    »Wie sind Sie uns auf die Schliche gekommen?«, unterbrach ihn Walter.
    »Das war einfach. Ein Mann aus Ihrer Truppe hat uns alles erzählt. Das war sehr vernünftig, das müssen Sie doch auch einsehen. Ich meine, wo kommen wir da hin, wenn jetzt schon Deutsche anfangen, auf Deutsche zu schießen?«
    Walter erwiderte nichts.
    »Wie lauten die Namen der anderen? Sagen Sie’s einfach, dann haben wir es hinter uns.«
    Walter schwieg weiter. Das Einzige, was zu hören war, waren seine schweren Atemzüge. Er dachte nach: Wenn man ihn nach weiteren Namen fragte, war das ein gutes Zeichen. Das hieß, dass sie nicht alle schnappen konnten. Aber er durfte nichts sagen.
    »Sie können sich also an keine Komplizen erinnern?«
    Nicht einmal Walters Mundwinkel zuckten.
    »Und der Name Eugen Kämper? Haben Sie den schon mal gehört?«
    Er schüttelte den Kopf. Den Namen kannte er tatsächlich nicht, was aber

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