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Die vergessenen Welten 01 - Der gesprungene Kristall

Die vergessenen Welten 01 - Der gesprungene Kristall

Titel: Die vergessenen Welten 01 - Der gesprungene Kristall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Salvatore
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einzigem Lehrer. Obgleich der Kristall ihn dazu nicht veranlaßt hatte, hörte Kessell der Gierige nicht auf, über das plötzliche Zutagetreten seiner Fähigkeiten nachzudenken, das seiner Meinung schon seit langem überfällig war.
    Bisher hatte er von dem Kristall Nahrung und Wärme erhalten. Doch ein Zauberer sollte ein Schloß haben, fand er. Er brauchte einen Ort, an dem er sich ungestört seinen dunkelsten Geheimnissen widmen konnte. Er sah den Gesprungenen Kristall an, als erwarte er von ihm eine Antwort auf sein Problem, und sah plötzlich einen zweiten Kristall neben dem ersten liegen. Unwillkürlich folgerte Kessell, daß er sich seinen eigenen Wunsch erfüllt habe. Doch in Wirklichkeit war dieser Gedanke von Crenshinibon, der ihn lenkte, in ihn gelegt worden. Den ersten Kristall erkannte er sofort an der Wärme und Stärke wieder, die er ausströmte. Aber der zweite machte ihn genauso neugierig, da er sichtbar von der eindrucksvollen Aura einer eigenen Kraft umgeben war. Er hob die Nachbildung des Kristalls auf, trug sie zur Mitte der Senke und legte sie auf den Schnee.
    »Ibssum dal abdur«, murmelte er, ohne den Grund dafür oder gar die Bedeutung dieses Spruchs zu kennen.
    Kessell wich zurück, als er die Kraft spürte, die sich in dem Relikt auszudehnen begann. Es fing die Sonnenstrahlen auf und zog sie in seine Tiefen hinein. Die Landschaft um die Senke herum wurde in Dunkel getaucht, während der Kristall das Tageslicht stahl und ein verborgenes, pulsierendes Licht auszustrahlen begann.
    Und dann begann der Kristall zu wachsen.
    Er vergrößerte sich von seinem Ausgangspunkt aus und breitete sich allmählich in der ganzen Senke aus, so daß Kessell eine Weile fürchtete, er würde an der Felswand zermalmt werden. Und während er sich aus der Mitte seiner Kraft ausdehnte, streckte er auch seine Spitze immer höher in den Morgenhimmel empor. Schließlich hörte er auf zu wachsen. Der Kristall war das genau Ebenbild von Crenshinibon geblieben, aber er hatte eine ungeheure Größe angenommen.
    Ein Kristallturm. Irgendwie kannte Kessell seinen Namen — so wie er auch alles andere über den Gesprungenen Kristall wußte.
    Cryshal-Tirith. Zumindest eine Zeitlang hätte Kessell zufrieden sein können in Cryshal-Tirith zu bleiben und sich von den unglücklichen Tieren zu ernähren, die gerade vorbeikamen. Er stammte aus armen, kleinbäuerlichen Verhältnissen, und wenn er auch mit Vorhaben geprahlt hatte, die seine Fähigkeiten überschritten, schüchterte ihn das Leben im Umkreis der Macht ein. Er verstand nicht, wie oder warum jene, die Berühmtheit erlangt hatten, es geschafft haben mochten, sich über den gemeinen Pöbel zu erheben, und machte sich selbst etwas vor, indem er den Erfolg von anderen und umgekehrt seinen Mißerfolg für willkürliche Entscheidungen des Schicksals hielt.
    Jetzt aber, da die Macht in greifbarer Nähe lag, hatte er keine Ahnung, was er damit anstellen sollte.
    Aber Crenshinibon hatte zu lange auf seine Rückkehr ins Leben gewartet, um sich als Berghütte für einen schwachen Menschen zu verschwenden. Kessells Kraftlosigkeit war aus der Sicht des Relikts eigentlich günstig, denn mit seinen nächtlichen Botschaften konnte es ihn dazu bringen, fast jede Handlung auszuführen.
    Und Crenshinibon hatte Zeit. Zwar war er eifrig bedacht, wieder den Nervenkitzel der Eroberung zu genießen, aber einige Jahre machten ihm, der geschaffen worden war, als die Welt noch jung war, nichts aus. Er würde den stotternden Kessell zu einem würdigen Vertreter seiner Kraft formen, diesen Schwächling in einen Eisenhandschuh verwandeln, der seine Botschaft von Vernichtung und Tod der Welt überbringen würde. So war er schon hundertmal bei den vorausgegangenen Kriegen auf der Welt verfahren und hatte dabei auf allen Existenzebenen des Universums dem Guten einige der mächtigsten und grausamsten Widersacher entgegenstellen können.
    Das konnte ihm wieder gelingen.
    In dieser Nacht träumte Kessell auf der behaglichen zweiten Etage in Cryshal-Tirith von Eroberung. Dabei ging es nicht um gewalttätige Überfälle auf eine Stadt wie Luskan und nicht einmal um eine Schlacht gegen eine Grenzsiedlung wie Zehn-Städte, sondern er sah auf einer weniger ehrgeizigen, dafür um so realistischeren Grundlage ein Königreich entstehen. Er träumte, daß er einen Goblinstamm in Sklaverei unterworfen und dessen Angehörige angewiesen habe, sich um all seine Bedürfnisse zu kümmern. Als er am nächsten Morgen

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