Die vergessenen Welten 02 - Die verschlungenen Pfade
Platz, wo sie stehengeblieben war, und wartete ab.
Drizzt begutachtete eifrig die Umgebung, um einen optimalen Standort für Guenhwyvar zu finden, von dem er hervorspringen und den Tanar-Ri überraschen konnte. Ein tiefer Vorsprung an einer der hohen Wände neben dem überdachten Teil schien das beste Versteck abzugeben. Er forderte die Katze durch einen Wink auf, in Stellung zu gehen, und wies sie an, erst auf sein Zeichen anzugreifen. Dann lehnte er sich zurück und versuchte sich zu entspannen und sich auf seine letzten geistigen Vorbereitungen zu konzentrieren, bevor er den Tanar-Ri rufen wollte.
Weit entfernt kauerte Errtu im magischen Turm in einer schattigen Ecke von Kessells Haremszimmer und hielt angespannte Wacht über den bösen Zauberer, der mit seinen unbeseelten Mädchen spielte. Ein sengendes Feuer von Haß brannte in Errtus Augen, als er den törichten Kessell ansah. Der Zauberer hatte an diesem Nachmittag mit der Demonstration seiner Macht und seiner anfänglichen Weigerung, die zwei aufgegebenen Türme niederzureißen, die an Crenshinibons Kräften zehrten, fast alles zerstört.
Errtus Grimm war befriedigt worden, als Kessell nach Cryshal-Tirith zurückgekehrt war und im Wahrsagespiegel die Bestätigung erhalten hatte, daß die zwei anderen Türme eingestürzt waren. Errtu hatte Kessell vor dem Bau eines dritten Turms gewarnt, aber der Zauberer war mit jedem Tag des Feldzuges dickköpfiger geworden und hatte den Ratschlag des Tanar-Ri für eine List gehalten, mit der seine Herrschaft untergraben werden sollte.
Und folglich war Errtu recht aufnahmebereit, ja sogar erleichtert, als er Drizzts Ruf über das Tal hinweg vernahm. Zuerst schlug er die Möglichkeit zwar aus, daß er gerufen worden war, aber bei der richtigen Betonung seines wahren Namens, der laut ausgesprochen wurde, liefen ihm unwillkürlich Schauder über den Rücken hinunter. Eher neugierig als wütend über die Unverschämtheit eines Sterblichen, seinen Namen auszusprechen, entfernte sich Errtu von dem Zauberer, der so beschäftigt war, und verließ Cryshal-Tirith.
Dann erscholl wieder der Ruf und drängte sich durch die Harmonie des ewigen Liedes des Windes wie eine schaumgekrönte Welle auf einem ruhigen See.
Errtu streckte die großen Flügel aus und flog nach Norden über die Ebene und eilte auf den Rufenden zu. Verängstigte Goblins flohen vor der Dunkelheit seines vorbeiziehenden Schattens, denn selbst im schwachen Schein des abnehmenden Mondes ließ die Kreatur der Finsternis einen schwarzen Strudel zurück, der im Vergleich dazu die Nacht hell erscheinen ließ.
Drizzt atmete voller Anspannung. Er spürte das Kommen des Tanar-Ri, der von Bremens Paß über die niedrigen Hänge von Kelvins Steinhügel fegte. Guenhwyvar hob seinen Kopf von den Pfoten und knurrte, da er ebenfalls das Ungeheuer witterte. Er zog sich in die hinterste Ecke des tiefen Vorsprungs zurück, legte sich flach hin und erwartete die Befehle seines Herrn. Er war zuversichtlich, daß er verstohlen genug war, daß er sich auch vor der hohen Empfindlichkeit eines Tanar-Ri ausreichend verbergen konnte.
Errtu mußte seine ledernen Flügel eng an sich legen, als er vor dem Zugang zum Tal landete. Er erkannte sofort den genauen Standort des Rufenden, und obwohl er die breiten Schultern einziehen mußte, um durch den schmalen Eingang in das Tal zu gelangen, stürmte er hinein. Er war nur darauf bedacht, seine Neugierde zu befriedigen und dann diesen lästerlichen Narren zu töten, der gewagt hatte, seinen Namen laut zu rufen.
Drizzt kämpfte mit sich, die Beherrschung nicht völlig zu verlieren, als der riesige Tanar-Ri hereinstürzte, mit seinem massigen Körper den kleinen Platz vor seiner winzigen Zuflucht füllte und das Sternenlicht vor ihm auslöschte. Jetzt gab es kein Zurück mehr von diesem gefährlichen Kurs. Er hatte keine Ausweichmöglichkeit.
Der Tanar-Ri blieb vor Verblüffung abrupt stehen. Es war schon Jahrhunderte her, daß er einen Dunkelelfen gesehen hatte, und sicher hatte er nicht die Möglichkeit in Betracht gezogen, einen Dunkelelfen auf der Oberfläche, noch dazu in der eisigen Ödnis im entlegenen Norden zu erblicken.
Irgendwie fand Drizzt seine Stimme wieder. »Ich grüße dich, Herr des Chaos«, begann er ruhig und verbeugte sich tief. »Ich bin Drizzt Do'Urden aus dem Haus Daermon N'a'shezbaernon, der neunten Familie zum Thron von Menzoberranzan. Ich heiße dich in meinem bescheidenen Lager willkommen.«
»Du bist sehr weit weg
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