Die vergessenen Welten 02 - Die verschlungenen Pfade
Drizzt neben ihm und hielt seinen Sturz in die Dunkelheit auf. Der Dunkelelf zog seinen Dolch aus der Kehle des Orks und legte sein Opfer behutsam auf den Boden. Wie unbemerkte Schatten des Todes bewegten Guenhwyvar und er sich weiter.
Sie hatten den einzigen Wachtposten überwältigt, der am nördlichen Rand aufgestellt worden war, und setzten ohne Schwierigkeiten ihren Weg durch das schlafende Lager fort. Drizzt hätte Dutzende von Orks, Goblins und sogar einen Verbeeg töten können. Aber das Verstummen ihres lauten Schnarchens hätte vielleicht Aufmerksamkeit erregt, und außerdem konnte er es sich nicht erlauben, seinen Schritt zu verlangsamen. Jede Minute zehrte an Guenhwyvars Kraft, und jetzt wurden erste Anzeichen eines zweiten Feindes, die nahende Dämmerung, am östlichen Himmel sichtbar.
Nachdem sie so schnell vorangekommen waren, waren Drizzts Hoffnungen gestiegen, aber als sie Cryshal-Tirith erreichten, sank sein Mut wieder. Eine Gruppe von Ogerwächtern umgab den Turm und versperrte ihnen den Weg.
Unentschlossen, wie sie vorgehen sollten, hockte er sich neben die Katze. Um aus dem großen Lager zu entkommen, bevor die Dämmerung sie preisgab, stand ihnen nur der Weg zur Verfügung, auf dem sie hereingekommen waren. Drizzt bezweifelte, daß Guenhwyvar es in seinem erbarmungswürdigen Zustand überhaupt schaffen würde. Doch weiterzugehen hieß, sich einem hoffnungslosen Kampf mit einer Ogergruppe zu stellen. Es schien keinen Ausweg zu geben.
Doch plötzlich gab es Unruhe im nordöstlichen Teil des Lagers und öffnete den verstohlenen Gefährten einen Weg. Auf einmal wurden Alarmrufe laut, woraufhin sich die Oger einige Schritte von ihren Posten entfernten. Drizzt dachte zuerst, daß die ermordete Orkwache gefunden worden wäre, aber die Rufe kamen zu weit aus dem Osten.
Bald trug die Brise der Morgenfrühe das Klirren von Stahl herüber. Dort fanden Kämpfe statt. Rivalisierende Stämme, vermutete Drizzt, aber aus dieser Entfernung konnte er nicht erkennen, wer die Gegner waren.
Aber er wurde nicht von Neugierde geplagt. Die undisziplinierten Oger hatten sich noch weiter von ihren Wachtposten entfernt. Und Guenhwyvar hatte den Eingang entdeckt. Die zwei zögerten nicht eine Sekunde.
Die Oger bemerkten die zwei Schatten überhaupt nicht, die hinter ihnen den Turm betraten.
Eine seltsame Empfindung, Schwingungen und ein Summen überkamen Drizzt beim Eintreten in Cryshal-Tirith, als bewegte er sich in dem Leib eines lebenden Wesens. Doch unbeirrt setzte er seinen Weg durch den düsteren Korridor im Erdgeschoß des Turms fort und bestaunte die seltsamen Kristallwände und -böden des Gebäudes.
Schließlich gelangte er in einen quadratischen Raum, den untersten von den vier Zimmern, aus denen der Turm bestand. Hier traf sich gewöhnlich Kessell mit seinen Generälen. Es war die Audienzhalle des Zauberers, in der er, abgesehen von seinen ranghöchsten Befehlshabern, alle Besucher empfing.
Drizzt spähte zu den dunklen Formen und den tieferen Schatten, die sie hervorriefen. Obwohl er keine Bewegung sah, spürte er, daß er nicht alleine war. Er wußte, daß Guenhwyvar das gleiche unbehagliche Gefühl hatte, denn das schwarze Fell an seinem Genick sträubte sich, und er knurrte leise.
Für Kessell war dieser Raum eine Pufferzone zwischen ihm und dem Pöbel der Außenwelt. Es war das Zimmer im ganzen Turm, das er am seltensten aufsuchte. Es war der Ort, an dem Akar Kessell seine Trolle untergebracht hatte.
Andere Möglichkeiten
Kurz nach Sonnenuntergang hatten die Zwerge von MithrilHalle den ersten ihrer geheimen Ausgänge fertiggestellt. Bruenor war der erste, der die Leiter hinaufstieg und unter dem ausgeschnittenen Rasenstück auf die dösende Monsterarmee spähte. So geschickt waren die zwergischen Bergarbeiter gewesen, daß sie einen Schacht direkt unter einer großen Gruppe von Goblins und Ogern gegraben hatten, ohne die geringste Aufmerksamkeit der Ungeheuer zu erregen.
Bruenor lächelte, als er wieder zu seinen Männern hinunterstieg. »Macht die anderen neun Tunnel fertig!« befahl er ihnen, während er mit Catti-brie seinen Tunnel hinunterging. »Heute nacht werden einige Jungs von Kessell in sehr tiefen Schlaf fallen!« verkündete er und fuhr mit der Hand über seine Axt, die in seinem Gürtel steckte.
»Welche Rolle soll ich denn in dieser Schlacht spielen?« fragte Catti-brie, nachdem sie einige Schritte gegangen waren.
»Du wirst einen der Hebel betätigen und die Tunnel zum
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