Die vergessenen Welten 06 - Der ewige Traum
bestimmt ist!« rief Drizzt ihm über die Ebenen hinweg zu. »Nur Wulfgar hat die Kraft, das Tor offenzuhalten. Nur Wulfgar! Halte es, Sohn von Beornegar. Wenn dir Drizzt Do'Urden etwas bedeutet, und wenn du Catti-brie wirklich liebst, halte das Tor offen!«
Drizzt konnte nur beten, dass er jenen winzigen Teil von der Vernunft angesprochen hatte, der dem zornerfüllten Barbaren noch geblieben sein mochte. Der Dunkelelf wandte sich von dem Portal ab, steckte das Zepter in seinen Gürtel und hängte sich Taulmaril über die Schulter. Catti-brie war jetzt unter ihm. Sie fiel immer noch, und sie verharrte immer noch regungslos.
Drizzt zog beide Krummsäbel. Wie lange würde es dauern, bis er Catti-brie auf eine Brücke gezogen und einen Weg zurück zum Portal gefunden hatte, fragte er sich. Oder würde auch er in einem ewigen, verhängnisvollen Sturz gefangen werden?
Und wie lange würde Wulfgar das Tor offenhalten können?
Er verbannte diese Gedanken. Für Spekulationen war keine Zeit.
In seinen blauvioletten Augen leuchtete wieder das Feuer auf. Blaues Licht strahlte in seiner Hand, und er spürte das Drängen der anderen Klinge, die nach dem Herzen eines Gereliß flehte.
Mit jenem Mut, der Drizzt Do'Urdens Existenz schon immer gekennzeichnet hatte, und mit dem ganzen Zorn, den er über das ungerechte Schicksal dieser wunderschönen, gebrochenen Frau empfand, die ewig in eine hoffnungslose Leere stürzte, ließ er sich in die Dunkelheit fallen.
Wenn du Catti-brie wirklich liebst
Bruenor hatte fluchend und axtschwingend Pooks Gemächer erreicht, und als sein anfänglicher Schwung verflogen war, stand er weit entfernt von dem Tarosring und den zwei Rieseneunuchen, die Pook als Wächter dienten, in dessen Zimmer. Der Gildenvorsteher war dem tobenden Zwerg am nächsten und betrachtete ihn eher neugierig als entsetzt.
Bruenor schenkte Pook keine Beachtung. Er sah hinter dem dicken Mann eine Gestalt in Roben, die sich an eine Wand lehnte: den Zauberer, der Catti-brie nach Tartarus verbannt hatte.
LaValle erkannte den mörderischen Hass in den Augen des rotbärtigen Zwerges, zog sich hoch und taumelte durch die Tür in sein Zimmer. Sein klopfendes Herz beruhigte sich erst, als die Tür hinter ihm zufiel, denn sie war magisch und mit verschiedenen Verteidigungs- und Abwehrzaubern versehen. Er war in Sicherheit — das dachte er zumindest.
Oft sind Zauberer wegen ihrer beachtlichen Kräfte für andere — vielleicht weniger anspruchsvolle, aber gleichermaßen wirkungsvolle — Formen der Kraft blind. LaValle wusste nicht, was für ein kochender Kessel Bruenor Heldenhammer war, und er konnte die Heftigkeit seines Zorns ebenfalls nicht vorausahnen.
Daher war er völlig überrascht, als eine Mithrilaxt wie ein von ihm herbeigezauberter Blitz seine magisch verschlossene Tür zu Kleinholz zerhackte und der wilde Zwerg ins Zimmer stürmte.
* * *
Wulfgar, der seine Umgebung kaum wahrnahm und nur wieder zu Catti-brie nach Tartarus zurückkehren wollte, kam durch den Tarosring, als Bruenor gerade den Raum verließ. Aber Drizzts Ruf über die Ebenen hinweg, seine Bitte, das Portal offenzuhalten, durfte er nicht überhören. Wie auch immer seine Gefühle für Catti-brie oder für Drizzt in diesem Augenblick waren, so konnte er doch nicht abstreiten, dass es seine Aufgabe war, den Spiegel zu bewachen.
Doch das Bild von Catti-brie, wie sie an diesem schrecklichen Ort unaufhörlich durch die Finsternis fiel, brannte in seinem Herzen, und am liebsten wäre er wieder in den Tarosring gesprungen, um ihr zur Hilfe zu eilen.
Bevor der Barbar jedoch entscheiden konnte, ob er seinem Herzen oder seiner Vernunft folgen sollte, wurde er von einer Riesenfaust am Kopf getroffen und stürzte zu Boden. Mit dem Gesicht schlug er zwischen den baumstammgleichen Beinen von zwei Bergriesen auf. Aus dieser Stellung war es schwierig, einen Kampf anzufangen, aber Wulfgars Zorn war genauso heftig wie der von Bruenor.
Die Riesen versuchten, ihre schweren Füße auf Wulfgar zu stellen, aber der war zu flink für ein derart unbeholfenes Unternehmen. Er sprang zwischen ihnen auf und schlug einem von ihnen mit einer großen Faust mitten ins Gesicht. Der Riese starrte Wulfgar einen langen Augenblick fassungslos an. Er konnte es einfach nicht glauben, dass ein Mensch einen solchen Schlag austeilen konnte. Dann taumelte er auf seltsame Weise zurück und fiel schlaff zu Boden.
Wulfgar wirbelte zu dem anderen herum und zerschmetterte ihm die Nase mit dem
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