Die vergessenen Welten 07 - Das Vermächtnis
wußtet Ihr nicht einmal, nicht wahr?« lachte Vierna ihn aus. »Wie lange Ihr fort gewesen seid, Verlorener!«
Drizzt sah sie neugierig an und vermutete, daß noch weitere, sogar wichtigere Enthüllungen ausgesprochen werden würden.
»Durch Eure Handlungen wurde das Haus Do'Urden vernichtet, und Ihr wißt es noch nicht einmal!« gackerte Vierna hysterisch.
»Zerstört?« fragte Drizzt, der auch in diesem Fall überrascht, aber nicht sonderlich betroffen war. In Wahrheit verspürte der abtrünnige Dunkelelf nicht mehr für sein eigenes Haus als für irgendein anderes in Menzoberranzan.
In Wahrheit verspürte Drizzt überhaupt nichts.
»Oberin Malice hatte den Auftrag erhalten, Euch zu finden«, erklärte Vierna. »Als sie dazu nicht in der Lage war, als Ihr Euch ihrem Zugriff entzogt, verlor sie auch die Gunst von Lloth.«
»Wie schade«, warf Drizzt ein, und seine Stimme troff förmlich vor Sarkasmus. Vierna schlug ihn erneut, härter diesmal, aber er hielt an seiner stoischen Disziplin fest und blinzelte nicht einmal.
Daraufhin wirbelte Vierna von ihm weg, ballte ihre zarten, aber täuschend starken Hände vor sich zu Fäusten und atmete tief durch.
»Vernichtet«, sagte sie erneut, plötzlich offenkundig von Schmerz erfüllt, »durch den Willen der Spinnenkönigin niedergeworfen worden. Euretwegen sind sie tot«, schrie sie, wirbelte wieder zu Drizzt und richtete einen anklagenden Finger auf ihn. »Eure Schwestern, Briza und Maya, und Eure Mutter. Das ganze Haus Do'Urden ist Euretwegen tot!«
Drizzt zeigte keine sichtbare Reaktion auf die unglaublichen Nachrichten, die ihm Vierna gerade an den Kopf geworfen hatte, und das entsprach auch der Abwesenheit jeglichen Gefühls bei diesem Thema. »Und was ist mit unserem Bruder?« fragte er, eher, um Informationen über diesen Greiftrupp zu erlangen, als weil ihn Dinins wohlverdienter Tod irgendwie kümmerte.
»Aber, Drizzt«, sagte Vierna mit offenkundig vorgetäuschter Verwirrung, »Ihr habt ihn doch selbst getroffen. Ihr habt ihm beinahe eines seiner Beine abgetrennt.«
Drizzts Verwirrung war echt - bis Vierna ihren Hinweis vollendete: »Eines seiner acht Beine.«
Es gelang Drizzt wieder, ein ausdrucksloses Gesicht zu bewahren, aber die schockierende Nachricht, daß Dinin zu einem Drider geworden war, hatte ihn schwer getroffen.
»Und wieder ist es Eure Schuld!« fauchte Vierna, und sie beobachtete ihn einen langen Augenblick, wobei ihr Lächeln immer mehr dahinschwand, als er nicht reagierte.
»Zaknafein ist Euretwegen gestorben!« schrie Vierna plötzlich, und obwohl Drizzt wußte, daß sie dies nur gesagt hatte, um eine Reaktion von ihm zu erhalten, konnte er diesmal nicht ruhig bleiben.
»Nein!« schrie er zornbebend zurück und warf sich auf dem Boden nach vorne, nur um ohne Anstrengung wieder zu seinem Sitzplatz zurückgeschoben zu werden.
Vierna lächelte böse, als sie bemerkte, daß sie Drizzts wunden Punkt getroffen hatte.
»Ohne die Sünden des Drizzt Do'Urden würde Zaknafein noch leben«, stichelte sie. »Das Haus Do'Urden hätte höchsten Ruhm erlangt, und Oberin Malice würde im Herrschenden Konzil sitzen.«
»Sünden?« spie Drizzt zurück und versuchte seine Wut, die die schmerzlichen Erinnerungen an seinen verlorenen Vater ausgelöst hatten, zu zügeln. »Ruhm?« fragte er. »Ihr bringt dies beides durcheinander.«
Viernas Hand zuckte hoch, als wolle sie erneut zuschlagen, aber als der stoische Drizzt nicht noch einmal zusammenzuckte, senkte sie sie wieder.
»Im Namen Eurer elenden Göttin schwelgt Ihr in der Boshaftigkeit der Drowwelt«, fuhr der unbezähmbare Drizzt fort. »Zaknafein starb... nein, wurde ermordet, während er falschen Idealen nachjagte. Ihr könnt mich nicht dazu bringen, die Schuld daran zu übernehmen. War es nicht Vierna, die den Opferdolch hielt?«
Die Priesterin schien am Rande eines Wutanfalls zu sein, ihre Augen glühten intensiv, und ihr Gesicht wurde, erkennbar für Drizzts wärmesehende Augen, sehr heiß.
»Er war auch Euer Vater«, sagte Drizzt zu ihr, und trotz ihrer Bemühungen, ihren Zorn aufrechtzuerhalten, zuckte sie zusammen. Es war nur zu wahr. Zaknafein hatte zwei, und nur zwei, Kinder mit Malice gezeugt.
»Aber das bekümmert Euch nicht«, meinte Drizzt sofort. Zaknafein war schließlich nur ein Mann, und Männer zählen nicht in der Welt der Dunkelelfen.
Aber er war Euer Vater«, mußte Drizzt hinzufügen. »Und er hat Euch mehr gegeben, als Ihr jemals zugeben werdet.«
»Ruhe!«
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