Die vergessenen Welten 08 - Nacht ohne Sterne
ausarbeiten können.«
Jarlaxle nickte. Er würde ganz sicher nicht mit der übellaunigen Oberin Mutter streiten. »Wir könnten Spione schicken, die tiefer in den Bereich der Zwerge eindringen«, begann er, aber erneut unterbrach ihn die ungeduldige Baenre.
»Wir brauchen keine«, sagte sie einfach.
Jarlaxle musterte sie neugierig. »Unsere letzte Expedition hat uns nicht direkt nach Mithril-Halle hineingeführt«, erinnerte er sie.
Oberin Baenres Lippen kräuselten sich zu einem vollkommen bösen Lächeln, ein ansteckendes Grinsen, das Jarlaxle begierig machte, zu erfahren, welche Enthüllungen auf ihn warteten. Langsam griff die Mutter Oberin in ihre prächtigen Roben und zog eine Kette hervor, an der ein riesiger, knochenweißer Ring hing, der anscheinend aus einem großen Zahn gefertigt worden war. »Kennt Ihr dies?« fragte sie und hielt den Gegenstand hoch.
»Es heißt, daß es der Zahn eines Zwergenkönigs ist und daß seine gefangene und gefolterte Seele in dem Ring enthalten ist«, erwiderte der Söldner.
»Ein Zwergenkönig«, wiederholte ihn Oberin Baenre. »Und es gibt nicht allzu viele Zwergen-Königreiche, wie Ihr wißt.«
Jarlaxles Brauen zogen sich zusammen, dann begann sein Gesicht zu strahlen. »Mithril-Halle?« fragte er.
Oberin Baenre nickte. »Das Schicksal hat mir ein wunderbares Zusammentreffen beschert«, erklärte sie. »In diesem Ring befindet sich die Seele von Gandalug Heldenhammer, dem ersten König von Mithril-Halle, dem Gründer der Sippe Heldenhammer.«
Jarlaxles Geist summte von der Vielzahl der Möglichkeiten. Dann war es kein Wunder, daß Lloth Vierna angewiesen hatte, ihrem abtrünnigen Bruder zu folgen! Drizzt war nur eine Verbindung zur Oberfläche, ein kleiner Spielstein in einem größeren Spiel der Eroberungen.
»Gandalug spricht mit mir«, erklärte Oberin Baenre, und ihre Stimme klang so zufrieden wie das Schnurren einer Katze. »Er erinnert sich an die Wege und Gänge von Mithril-Halle.«
Sos'Umptu Baenre betrat in diesem Augenblick den Raum, ignorierte Jarlaxle und schritt an ihm vorbei, um sich vor ihrer Mutter aufzubauen. Die Mutter Oberin erteilte ihr keine Rüge für ihr unangemeldetes Eindringen, wie Jarlaxle es erwartet hätte, sondern warf ihr statt dessen einen neugierigen Blick zu und wartete auf ihre Erklärung.
»Oberin Mez'Barris Armgo wird ungeduldig«, sagte Sos'Umptu.
Sie wartet in der Kapelle, wurde Jarlaxle klar, denn Sos'Umptu war die Verwalterin der prachtvollen Kapelle von Baenre und verließ diesen Ort nur selten. Der Söldner gestattetete sich einen Moment der Pause, in dem er das gerade Gehörte überdachte. Mez'Barris war die Oberin Mutter des Hauses Barrison Del'Armgo, dem zweiten Haus der Stadt. Aber warum befand sie sich in dem Anwesen von Baenre, wenn Barrison Del'Armgo der Expedition bereits zugestimmt hatte, wie Oberin Baenre erklärt hatte?
Tja, das war eine gute Frage.
»Vielleicht hättet Ihr Euch zuerst um Oberin Mez'Barris kümmern sollen«, sagte der Söldner schlau zu Oberin Baenre. Die verwelkte, alte Oberin nahm seine Bemerkung gutmütig auf; es zeigte, daß ihr Lieblingsspion klar denken konnte.
»K'yorl war die Schwierigere«, erwiderte Baenre. »Sie warten zu lassen, hätte ihre Stimmung noch übler werden lassen, als sie gewöhnlich schon ist. Mez'Barris ist weitaus ruhiger und versteht viel besser, welchen Gewinn die Angelegenheit bringen kann. Sie wird dem Krieg mit den Zwergen zustimmen.«
Oberin Baenre schritt mit dem Söldner zu dem Marmorzylinder; Sos'Umptu befand sich bereits darin und wartete. »Außerdem«, fügte die erste Oberin Mutter mit einem verschlagenen Grinsen hinzu, »welche Wahl hat Mez'Barris, nachdem sich das Haus Oblodra der Allianz nun angeschlossen hat?«
Diese Alte war einfach hinreißend, bestätigte sich Jarlaxle. Einfach zu hinreißend. Er warf einen letzten begehrlichen Blick auf die wunderbaren Diamanten an den Armlehnen von
Baenres Thron, dann seufzte er tief und folgte den beiden Frauen aus dem Hauptbollwerk des Hauses Baenre.
Das Feuer in ihren Augen
Catti-brie zog den Umhang fest um sich, um den Dolch und die Maske, die sie von Regis bekommen hatte, zu verbergen. Gemischte Gefühle überfielen sie, als sie sich Bruenors privaten Räumen näherte; sie hoffte gleichzeitig, daß der Zwerg anwesend und daß er nicht da sein möge.
Wie konnte sie gehen, ohne Bruenor, ihren Vater, noch einmal gesehen zu haben? Und doch kam Catti-brie der Zwerg zur Zeit wie ein Schatten seines
Weitere Kostenlose Bücher