Die vergessenen Welten 09 - Brüder des Dunkels
Krieg gegen Haus Baenre trieb.
Jarlaxle liebte das Chaos, er gedieh förmlich darin, aber dieses Szenario fing langsam an, ihm ernsthaft Sorgen zu machen.
* * *
Entgegen Jarlaxles Einschätzung drängte K'yorl Odran die Oberin Mez'Barris nicht zu einem Krieg mit dem Haus Baenre. Im Gegenteil, K'yorl arbeitete hart daran, einen solchen Konflikt zu vermeiden, indem sie sich im geheimen mit den Oberinnen Müttern der sechs herrschenden Häuser unterhalb von Haus Baenre traf (mit Ausnahme von Ghenni'tiroth Tlabbar, der Oberin des Hauses Faen Tlabbar, des vierten Hauses, die K'yorl nicht ausstehen konnte und der sie nicht vertraute). Das lag nicht daran, daß K'yorl Oberin Baenre die Beleidigungen vergeben hätte, und es hatte auch nichts damit zu tun, daß sich K'yorl vor den ungewöhnlichen Geschehnissen fürchtete. Weit gefehlt!
Ohne ihr ausgedehntes Netz aus Spähern, das sich weit über das Haus Oblodra hinaus erstreckte, und ohne die offenkundigen Anzeichen wie Narbondel und das flackernde Feenfeuer hätten die Mitglieder des dritten Hauses überhaupt nicht bemerkt, daß etwas nicht in Ordnung war. Denn die Kräfte von Haus Oblodra entsprangen nicht der Magie von Zauberern und auch nicht Gebeten an die Spinnenkönigin.
Die Oblodras waren Psioniker. Ihre Macht entstammte den inneren Kräften des Geistes, und bislang hatte die Zeit der Unruhe sie noch nicht in Mitleidenschaft gezogen.
K'yorl durfte dies den Rest der Stadt nicht wissen lassen. Sie ließ die Gruppe von Priesterinnen unter ihrem Kommando hart daran arbeiten, das psionische Gegenstück zum Feenfeuer, das ihr Haus beleuchtete, zum Flackern zu bringen, wie es auch bei den anderen Häusern der Fall war. Und Mez'Barris und den anderen Oberinnen Müttern gegenüber gab sie sich ebenso aufgebracht und nervös wie diese selbst.
Sie mußte die Dinge unter Kontrolle behalten; sie mußte das Gerede von Verschwörung zum Schweigen bringen. Denn wenn K'yorl erst sicher sein konnte, daß der Verlust der Magie kein verschlagener Trick war, dann würde ihr Haus zuschlagen – alleine. Sie würde sich vielleicht zuerst am Haus Faen Tlabbar dafür rächen, daß sie all die Jahre über dessen ehrgeizigen Aufstieg hatte beobachten müssen. Oder vielleicht würde sie auch direkt gegen die verfluchte Baenre vorgehen.
Wie auch immer, die Oberin Mutter hatte auf jeden Fall vor, allein zuzuschlagen.
* * *
Oberin Baenre saß steif auf einem Sessel, der auf der fackelbeleuchteten Empore der großen Kapelle ihres Hauses stand. Ihre Tochter Sos'Umptu, die Hüterin dieses heiligsten aller Orte der Drow, saß zu ihrer Linken, während Triel, die älteste Tochter von Baenre und leitende Oberin der Drowakademie, sich an ihrer rechten Seite befand. Alle drei blickten nach oben zu der Illusion, die Gromph dort plaziert hatte, und es erschien auf seltsame Weise angemessen, daß das Trugbild nicht mit seinem stetigen Gestaltwechsel von Drow zu Spinne und wieder zurück fortfuhr, sondern statt dessen irgendwo in der Mitte der Verwandlung innegehalten hatte – ebenso wie die Kräfte, die dem Haus Baenre zu seiner außerordentlichen Position verholfen hatten.
Weiter oben waren Goblin- und Minotaurensklaven dabei, die Kuppel zu reparieren, aber Oberin Baenre hatte jede Hoffnung aufgegeben, daß die Restaurierung ihrer Kapelle die seltsamen und schrecklichen Vorgänge in Menzoberranzan wieder in Ordnung bringen würde. Sie hatte sich Jarlaxles Überzeugung angeschlossen, daß etwas Größeres als ein fehlgeschlagenes Hohes Ritual und die Flucht eines einzelnen Abtrünnigen verantwortlich für die Ereignisse in Menzoberranzan sein mußte, etwas, das sich weit jenseits ihres Verständnisses oder Einflusses befand.
Das machte die Dinge für Oberin Baenre jedoch nicht einfacher. Wenn die anderen Häuser diese Überzeugung nicht teilten, würden sie versuchen, Baenre als Opfer zu benutzen, mit dem sie alles wieder ins Lot bringen konnten. Sie warf einen kurzen Blick auf ihre Töchter. Sos'Umptu gehörte zu den am wenigsten ehrgeizigen Drowfrauen, die sie je gesehen hatte, und Baenre fürchtete sie nicht im mindesten. Triel andererseits mochte gefährlicher sein. Obgleich es so aussah, als sei sie mit ihrem Leben als leitende Oberin der Akademie, einem Posten von nicht geringer Wichtigkeit, zufrieden, wurde allgemein davon ausgegangen, daß sie als älteste Tochter eines Tages das erste Haus regieren würde.
Triel war – wie ihre Mutter – sehr geduldig, aber sie war auch – ebenfalls
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