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Die vergessenen Welten 09 - Brüder des Dunkels

Die vergessenen Welten 09 - Brüder des Dunkels

Titel: Die vergessenen Welten 09 - Brüder des Dunkels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Salvatore
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dann erschrocken zurück, als das Schmuckstück explodierte.
    Als der Rauch sich lichtete, starrte Baenre in die Zimmerecke hinüber, zu dem nackten Zwerg, der dort kniete. Die Oberin Mutter kam wieder auf die Beine und schüttelte ungläubig den Kopf, denn dies war kein herbeibeschworener Geist, sondern Gandalugs wirklicher Körper!
    »Du wagst es zu erscheinen?« schrie Baenre, aber ihr Zorn verbarg nur ihre Angst. Wenn sie Gandalug zu früheren Zeiten aus seinem außerdimensionalen Gefängnis herbeigerufen hatte, war er niemals richtig greifbar gewesen – und niemals nackt. Als sie ihn jetzt sah, wußte Baenre, daß Gandalugs Gefängnis nicht mehr existierte, daß Gandalug, mit Ausnahme seiner Kleider, genauso wieder hier aufgetaucht war, wie er in dem Augenblick gewesen war, als Baenre ihn gefangen hatte.
    Der zerschlagene alte Zwerg blickte auf zu seiner Wärterin, zu seiner Peinigerin. Baenre hatte in der Sprache der Drow gesprochen, und natürlich hatte Gandalug kein einziges Wort davon verstanden. Das machte jedoch nichts, denn der alte Zwerg hörte überhaupt nicht zu. In Wahrheit war er Worten im Moment überhaupt nicht zugänglich.
    Unter schweren Mühen, bei jeder schmerzhaften Bewegung knurrend, zwang Gandalug seinen Rücken dazu, sich zu strecken. Er brachte erst das eine, dann das andere Bein unter sich und erhob sich entschlossen. Er bemerkte, daß etwas anders war als sonst. Nach Jahrhunderten der Pein und Leere, einem Zwischenstadium in einem grauen Nichts, fühlte sich Gandalug Heldenhammer jetzt wieder vollständig und greifbar. Seit seiner Gefangennahme hatte der alte Zwerg eine unwirkliche Existenz geführt, hatte in einem Traum gelebt, umgeben von lebhaften, angsteinflößenden Bildern, wann immer diese alte Hexe ihn beschworen hatte, die abgelöst wurden von unbestimmbar langen Perioden des Nichtseins, in denen Raum, Zeit und Verstand nur eine einzige Leere waren.
    Aber jetzt... jetzt fühlte sich Gandalug anders, jetzt spürte er das Knarren und die Schmerzen seiner alten Knochen. Und wie wunderbar diese Empfindungen doch waren!
    »Geh zurück!« befahl Baenre, diesmal in der Sprache der Oberfläche, die sie immer benutzte, um sich dem alten Zwerg mitzuteilen. »Zurück in dein Gefängnis, bis ich dich rufe!«
    Gandalug schaute sich um zu der Kette, die auf dem Boden lag. Der Zahnring war nirgends zu sehen.
    »Das werde ich nicht tun, glaube ich«, meinte er in seinem schweren, uralten Dialekt und trat einen Schritt vor.
    Baenres Augen zogen sich gefährlich zusammen. »Du wagst es?« flüsterte sie und zog einen schlanken Zauberstab hervor. Sie wußte, wie gefährlich dieser Zwerg war, und daher verschwendete sie keine Zeit, sondern richtete den Stab gegen ihn und rezitierte einen Zauberspruch, der einen Strom Spinnweben auf ihr Opfer schleudern und es darin einhüllen und gefangenhalten sollte.
    Nichts geschah.
    Gandalug trat einen weiteren Schritt vor und knurrte bei jedem Schritt wie ein hungriges Tier.
    Die stählerne Härte in Baenres Blick wich plötzlicher Furcht. Sie war an Magie gewöhnt, verließ sich darauf, daß Zauberei sie schützte und ihre Feinde vernichtete. Mit den magischen Gegenständen, die sie besaß (und die sie zu jeder Zeit bei sich trug), und ihrem großen Vorrat an Zaubersprüchen hätte sie fast jeden Feind abwehren, hätte wahrscheinlich sogar ein ganzes Bataillon zäher Zwergenkrieger zerschmettern können. Aber ohne all dies war Oberin Baenre nichts weiter als eine verschrumpelte, gebrechliche, alte Frau.
    Es wäre Gandalug auch gleich gewesen, wenn ein Titan vor ihm gestanden hätte. Aus irgendeinem Grund, den er nicht verstand, war er aus seinem Gefängnis befreit und wieder in seinem eigenen Körper, ein Gefühl, das er seit zweitausend Jahren nicht mehr verspürt hatte.
    Baenre verfügte noch über andere Waffen, die sie versuchen konnte, und tatsächlich waren einige davon, wie der Beutel, in dem sich eine Horde Spinnen befand, die auf ihren Befehl losstürmen würden, noch nicht in das chaotische Netz jener Zeit der Unruhe gefallen. Doch sie konnte es nicht riskieren. Nicht jetzt, da sie so verwundbar war.
    Sie drehte sich um und rannte auf die Tür zu.
    Die knotigen Muskeln von Gandalugs mächtigen Beinen spannten sich, und der Zwerg überwand mit einem Satz die fünfzehn Fuß zur Tür, um dort vor seiner Peinigerin anzukommen.
    Eine Faust krachte gegen Baenres Brust und raubte ihr den Atem, und bevor sie darauf reagieren konnte, wurde sie hochgerissen,

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