Die vergessenen Welten 09 - Brüder des Dunkels
der letzte Wutausbruch einer Mutter, die zusah, wie der Sarg ihres Kindes in sein Grab hinabgelassen wurde. In dem Augenblick, da die Statuette den Boden berührte, zog Catti-brie Khazid'hea aus der Scheide. Das Schwert fuhr über ihrem Kopf hoch, und seine scharfe Schneide zeigte noch immer die rote Linie der Magie.
»Nein!« schrie Drizzt und hechtete auf Catti-brie zu.
Er kam zu spät. Mit Tränen der Verzweiflung in den Augen fand Catti-brie den Mut zu einem letzten Versuch, und sie ließ die mächtige Klinge niederfahren. Khazid'hea konnte durch Stein schneiden, und genau das tat es jetzt auch, in demselben Augenblick, als Guenhwyvar durch den Riß flog.
Ein Blitz zuckte auf, und ein pochender Schmerz von pulsierender Magie schoß Catti-bries Arm hinauf. Sie wurde zu Boden geschleudert. Drizzt schlitterte heran, warf sich herum und duckte sich tief, als der Kopf der Statuette herabfiel und einen Strom wütenden Feuers auslöste, der wild durch die Luft fauchte.
Die Flammen verlöschten einen Moment später, und dicker grauer Rauch strömte aus dem Körper der zerstörten Figur. Zögernd richteten sich Drizzt und Cattibrie wieder auf, und beide sahen sich einer erschöpften Guenhwyvar gegenüber, deren dickes Fell noch qualmte.
Drizzt ließ sich auf die Knie fallen, warf sich auf die Katze und umarmte Guenhwyvar heftig. Beide krabbelten zu Catti-brie hinüber, die noch immer auf dem Boden saß. Sie lachte und schluchzte gleichzeitig, obwohl sie noch immer von dem Ansturm der Magie geschwächt war.
»Was hast du getan?« fragte Drizzt sie.
Sie hatte keine Antwort parat. Sie wußte nicht, wie sie erklären sollte, was geschehen war, als Khazid'hea die verzauberte Statuette getroffen hatte. Sie blickte zu der Waffe, die ruhig an ihrer Seite lag. Ihre Schneide leuchtete jetzt nicht mehr, und auf dem bislang makellosen Metall war eine Schramme zu sehen.
»Ich glaube, ich habe ein Schwert ruiniert«, erwiderte Catti-brie leise.
* * *
Später am selben Tag hatte sich Drizzt auf dem Bett in seinem Raum in den oberen Ebenen von Mithril-Halle niedergelassen und musterte besorgt seine Pantherfreundin. Guenhwyvar war wieder hier, und er nahm an, daß das besser war. Besser als das, was passiert wäre, wenn Catti-brie die Statuette nicht zerstört hätte.
Besser, aber nicht gut. Der Panther war erschöpft und ruhte mit gesenktem Kopf und geschlossenen Augen vor der Feuerstelle auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes. Drizzt wußte, daß dieses Nickerchen nicht genügen würde. Guenhwyvar war eine Kreatur der Astralebene und konnte sich nur bei den Sternen wieder wirklich erholen. Bei verschiedenen Gelegenheiten war Drizzt gezwungen gewesen, Guenhwyvar für sehr lange Zeit hier auf der materiellen Ebene zu lassen, aber selbst ein einziger Tag länger als der halbe, den die Katze gewöhnlich blieb, erschöpfte Guen.
Gegenwärtig untersuchten die Kunstwerker von MithrilHalle, die Zwerge von beträchtlichem Können waren, die Statuette, und Bruenor hatte einen Boten nach Silbrigmond gesandt, um Hilfe von der Herrin Alustriel zu erbitten, die in der Magie erfahrener war als jeder andere auf dieser Seite der großen Wüste von Anauroch.
Wie lange würde es brauchen? fragte sich Drizzt, der sich ganz und gar nicht gewiß war, daß einer von ihnen die Statuette reparieren konnte. Wie lange konnte Guenhwyvar überleben?
Plötzlich stürzte Catti-brie herein. Ein Blick auf ihr von Tränen gezeichnetes Gesicht sagte Drizzt, daß etwas nicht stimmte. Er sprang auf und ging zu dem Kaminsims, wo seine Krummsäbel hingen.
Catti-brie fing ihn ab, bevor er den Schritt vollenden konnte, und umarmte ihn so heftig, daß beide aufs Bett zurückfielen.
»Das ist alles, was ich jemals wollte«, sagte sie dringlich und preßte sich an ihn.
Drizzt hielt sie verwirrt und überwältigt ebenso fest. Es gelang ihm, den Kopf zu drehen, so daß er der jungen Frau in die Augen blicken konnte, wo er nach Erklärungen forschte.
»Ich bin für dich geschaffen worden, Drizzt Do'Urden«, sagte Catti-brie zwischen zwei Schluchzern. »Seit dem Tag, an dem wir uns das erste Mal getroffen haben, habe ich immer nur an dich gedacht.«
Es war völlig verrückt. Drizzt versuchte, sich zu lösen, aber er wollte ihr nicht weh tun, und ihre Umklammerung war einfach zu stark und verzweifelt.
»Schau mich an«, schluchzte sie. »Sag mir, daß du das gleiche empfindest!«
Drizzt blickte Catti-brie an, betrachtete sie intensiver, als er die schöne
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