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Die vergessenen Welten 09 - Brüder des Dunkels

Die vergessenen Welten 09 - Brüder des Dunkels

Titel: Die vergessenen Welten 09 - Brüder des Dunkels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Salvatore
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ihres Anwesens. Eine einzelne Kerze brannte auf dem Altar und verbreitete nach dem Maßstab der Oberflächenwelt nur wenig Licht, während sie für die Dunkelelfen, deren Augen mehr an die Dunkelheit gewöhnt waren, wie ein helles Signal leuchtete. Als zweite Lichtquelle diente das nach Westen weisende Fenster des Raumes, denn selbst über die halbe Stadt hinweg war das wilde Leuchten von Narbondel klar zu sehen.
    Ghenni'tiroth schenkte der Säulenuhr nur insofern Aufmerksamkeit, als sie ein Symbol für ihre Schwierigkeiten war. Sie gehörte zu den fanatischsten von Lloths Priesterinnen, eine Drowfrau, die mehr als sechs Jahrhunderte in unbeirrbarem Dienst für die Spinnenkönigin überlebt hatte. Aber jetzt befand sie sich in Schwierigkeiten, und aus irgendeinem Grund, den sie nicht verstand, antwortete Lloth nicht auf ihre Rufe.
    Sie ermahnte sich ständig aufs neue, an ihrem Glauben festzuhalten, während sie kniete und über einen Platinteller gebeugt war, die berühmte Faen-TlabbarOpferplatte. Das Herz des letzten Opfers, eines nicht ganz unwichtigen Drowmannes, lag darauf, eine Gabe an die Göttin, die dennoch Ghenni'tiroths verzweifelte Gebete nicht beantworten wollte.
    Ghenni'tiroth fuhr abrupt auf, als sich das Herz von dem blutigen Teller erhob, mehrere Zoll hinaufschwebte und mitten in der Luft verharrte.
    »Das Opfer genügt nicht«, erklang hinter ihr die Stimme, die sie am meisten haßte.
    Sie drehte sich nicht zu K'yorl Odran um.
    »Es tobt ein Kampf auf dem Anwesen«, stellte Ghenni'tiroth mehr fest, als daß sie fragte.
    K'yorl schnaubte spöttisch. Eine Geste ließ das geopferte Organ durch den Raum fliegen.
    Ghenni'tiroth wirbelte herum, und ihre Augen waren vor Entrüstung weit aufgerissen. Sie wollte »Gotteslästerung« schreien, aber das Wort blieb ihr in der Kehle stecken, als ein weiteres Herz von K'yorl her auf sie zuschwebte.
    »Das Opfer genügte nicht«, sagte K'yorl ruhig. »Benutzt dieses Herz: das Herz von Fini'they.«
    Bei der Erwähnung der offensichtlich toten Priesterin, der zweithöchsten des Hauses, schrak Ghenni'tiroth zurück. Als Fini'theys Familie, ein niedrigrangiges und unbedeutendes Haus, von einem Rivalen vernichtet worden war, hat Ghenni'tiroth sie als Tochter aufgenommen. Fini'theys Haus war in der Tat unbedeutend gewesen – Ghenni'tiroth konnte sich nicht einmal mehr an seinen Namen erinnern –, aber Fini'they ganz und gar nicht. Sie war eine machtvolle Priesterin und eine absolut loyale, sogar liebevolle Adoptivtochter gewesen Ghenni'tiroth wich entsetzt noch weiter zurück, als das Herz ihrer Tochter an ihr vorbeischwebte und mit einem Übelkeit erregenden feuchten Klatschen auf den Platinteller fiel.
    »Betet zu Lloth«, befahl K'yorl.
    Ghenni'tiroth tat genau dies. Vielleicht hat sich K'yorl geirrt, dachte sie. Vielleicht konnte sich Fini'they noch durch ihren Tod als hilfreich erweisen, vielleicht war sie das angemessene Opfer, um die Spinnenkönigin zu veranlassen, dem Haus Faen Tlabbar zu Hilfe zu kommen.
    Nach einem langen, ereignislosen Augenblick wurde sich Ghenni'tiroth K'yorls Gelächter bewußt.
    »Vielleicht brauchen wir ein größeres Opfer«, sagte die Oberin Mutter des Hauses Oblodra spöttisch.
    Es war nicht schwierig zu erkennen, worauf K'yorl hinauswollte.
    Ghenni'tiroth zog heimlich, fast ohne die Finger zu bewegen, ihren tödlichen, vergifteten Dolch aus seiner Scheide in den verhüllenden Falten ihrer mit Spinnenmustern verzierten Robe. »Fangzahn« hieß der Dolch, und er hatte sie schon aus vielen Situationen wie dieser befreit.
    Natürlich war bei jenen Gelegenheiten Verlaß auf die Magie gewesen, und die damaligen Gegner waren nicht so gefährlich gewesen wie K'yorl. Noch während Ghenni'tiroth der Oblodran fest in die Augen blickte und sie ablenkte, während sie zugleich vorsichtig ihre Hand bewegte, las K'yorl ihre Gedanken und bereitete sich auf den Angriff vor.
    Ghenni'tiroth rief einen Befehl, und die Magie des Dolches gehorchte und sandte das Geschoß aus den Falten ihres Gewandes direkt auf das Herz ihrer Widersacherin zu.
    Die Magie funktioniert! jubelte Ghenni'tiroth innerlich. Aber ihre Erleichterung verging schnell, als der Dolch ohne Wirkung durch den Geist K'yorl Odrans hindurchfuhr und sich nutzlos in das Gewebe eines Wandbehangs an der gegenüberliegenden Wand versenkte.
    »Ich hoffe nur, das Gift ruiniert nicht das Muster«, meinte K'yorl, die weit links von ihrem Abbild stand.
    Ghenni'tiroth wandte sich ihr zu und warf der

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