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Die vergessenen Welten 09 - Brüder des Dunkels

Die vergessenen Welten 09 - Brüder des Dunkels

Titel: Die vergessenen Welten 09 - Brüder des Dunkels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Salvatore
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    Sie war eigentlich zu schön für eine Drow. Sie schien für alle, die sie sahen, ob männlich oder weiblich, die Vollendung von Drowschönheit darzustellen. Diese Schönheit allein war es, die die tödlichen Lanzen und Armbrüste der Hauswache von Baenre zurückhielt und die Berg'inyon Baenre dazu brachte, sie, nachdem er einen Blick auf sie geworfen hatte, auf das Anwesen zu bitten.
    Der magische Zaun funktionierte nicht, und es gab keine gewöhnlichen Tore zum Besitz von Baenre. Normalerweise zogen sich die Spinnweben des Zaunes auf Befehl spiralförmig auseinander und bildeten so eine weite Öffnung, aber jetzt mußte Berg'inyon die Drow bitten hinüberzuklettern.
    Sie sagte kein Wort, sondern ging einfach auf den Zaun zu. Dieser schuf mit dem allerletzten ihm innewohnenden Rest von Magie eine weite Öffnung für dieses Wesen, das ein Avatar, eine Verkörperung der Göttin war, die ihn erschaffen hatte.
    Berg'inyon führte sie den Weg entlang, obgleich er sich vollkommen gewiß war, daß sie keinen Führer benötigte. Er erkannte, daß sie zur Kapelle wollte – natürlich würde sie zur Kapelle wollen! –, und so befahl er einigen seiner Soldaten, die Oberin Mutter zu suchen.
    Sos'Umptu empfing sie am Tor der Kapelle, des Gebäudes, das ihrer Verantwortung übertragen worden war. Sie protestierte einen Moment lang, aber wirklich nur für einen Moment.
    Berg'inyon hatte seine ergebene Schwester noch nie so erregt gesehen, hatte noch nie gesehen, wie ihr Kinn vor Schwäche herabhing. Sie wich zurück und sank auf die Knie.
    Die wunderschöne Drow schritt ohne ein Wort an ihr vorbei. Sie drehte sich abrupt um – Sos'Umptu keuchte auf – und warf Berg'inyon einen scharfen Blick zu, als er weiterhin folgen wollte.
    »Dir seid nur ein Mann«, erklärte Sos'Umptu im Flüsterton. »Entfernt Euch von diesem heiligen Ort.«
    Berg'inyon war zu erschüttert, um etwas zu erwidern oder sich auch nur darüber klarzuwerden, wie er sich fühlte. Er drehte sich nicht um, sondern machte nur eine Reihe lächerlicher Verbeugungen und fiel mehr oder weniger durch das Tor der Kapelle auf den Hof hinaus.
    Dort draußen waren Bladen'Kerst und Quenthel, aber all die anderen, die sich aufgrund der Gerüchte versammelt hatten, waren von den beiden Schwestern klugerweise wieder fortgeschickt worden.
    »Geht zurück auf Euren Posten«, zischte Bladen'Kerst Berg'inyon an. »Es ist nichts geschehen!« Das war weniger eine Feststellung als ein Befehl.
    »Es ist nichts geschehen«, wiederholte Berg'inyon, und dies wurde zum Tagesbefehl, und zu einem weisen zudem, wie Berg'inyon sofort erkannte. Dies war Lloth selbst oder zumindest eine sehr wichtige Dienerin. Er wußte es aus tiefstem Herzen.
    Er wußte es, und die Soldaten würden es sich zuflüstern, aber ihre Feinde durften nichts davon erfahren!
    Berg'inyon eilte über den Hof und gab die Parole, den Befehl aus, daß »nichts geschehen« sei. Er nahm einen Posten ein, der es ihm erlaubte, die Kapelle zu beobachten, und war überrascht, als er sah, daß seine ehrgeizigen Schwestern nicht wagten hineinzugehen, sondern statt dessen nervös vor dem Haupteingang auf und ab gingen.
    Auch Sos'Umptu kam heraus und schloß sich ihrer Parade an. Es wurden keine Worte gewechselt – Berg'inyon bemerkte nicht einmal Gesten –, als Oberin Baenre über den Hof gestürmt kam und in die Kapelle eilte, und sofort danach begann das Auf- und Abgehen erneut.
    Für Oberin Baenre waren gleichzeitig alle Gebete erhört und alle Alpträume Wirklichkeit geworden. Sie wußte sofort, wer und was da vor ihr auf der zentralen Empore saß. Sie wußte und sie glaubte es.
    »Wenn ich die Person bin, die Euch beleidigt hat, so biete ich mich selbst...«, begann sie demütig und fiel beim Sprechen auf die Knie.
    »Wael!« herrschte der Avatar sie mit dem Drowwort für Närrin an, und Baenre verbarg ihr Gesicht vor Scham in den Händen.
    »Usstan'sargh wael!« fuhr die wunderschöne Drow fort und nannte die Oberin damit eine arrogante Närrin. Baenre erzitterte unter den Beschimpfungen und glaubte für den Moment, daß sie tiefer gesunken war als in ihren schlimmsten Befürchtungen, daß ihre Gottheit aus keinem anderen Grund persönlich gekommen war, als um sie zu Tode zu beschimpfen. Bilder ihres gefolterten Körpers, der durch die gewundenen Straßen Menzoberranzans geschleift wurde, blitzten in ihrem Geist auf.
    Und doch waren es genau solche Gedanken gewesen, für die sie soeben von diesem Wesen, das mehr war als

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