Die Vergessenen Welten 10 - Die Küste Der Schwerter
sich direkt außerhalb des Hafens in den Wind gedreht und kreuzten jetzt hin und her, so daß sie ihre Position kaum veränderten.
»Warum werfen sie nicht einfach die Anker aus?« fragte Waillan einen Matrosen, der neben ihm direkt hinter der tödlichen Ballista auf dem Achterdeck stand.
Catti-brie und Deudermont, die sich mittschiffs befanden, hörten die Bemerkung und blickten sich gegenseitig an. Beide kannten den Grund.
Ein drittes Schiff hißte seine unteren Segel und begann, in die ungefähre Richtung der Seekobold zu treiben.
»Das gefällt mir nicht«, meinte Catti-brie.
»Vielleicht sind wir hereingelegt worden«, erwiderte Deudermont. »Möglicherweise hat Dunkin unsere Seemannsfreunde dort draußen informiert, daß die Seekobold eine Zeitlang ohne ihr dunkelelfisches Besatzungsmitglied sein würde.«
»Ich steige in den Ausguck«, sagte Catti-brie. Sie schulterte Taulmaril und kletterte den Hauptmast hinauf.
Robillard und Harkle schienen sich der möglicherweise gefährlichen Situation bewußt zu sein, denn sie kamen an Deck. Sie nickten Deudermont zu und gingen nach achtern, zu Waillan und seiner BallistaMannschaft.
Dann warteten alle. Deudermont beobachtete sorgfältig die Bewegungen der drei Schiffe, dann bemerkte er, daß ein viertes von Mintarns langem Kai ablegte. Der Kapitän erkannte, daß sie möglicherweise umzingelt wurden, aber er wußte auch, daß die Seekobold innerhalb von wenigen Minuten den Anker einholen und auf hoher See sein konnte, vor allem, wenn Robillards Magie etwas nachhalf. Und gleichzeitig konnte die Seekobold mit Ballista und Bogenschützen jeden Geschoßhagel erwidern.
Deudermonts Hauptsorge galt in diesem Augenblick nicht seinem Schiff, sondern Drizzt. Welches Schicksal würde den Drow erwarten, falls sie ihn zurücklassen mußten?
Dieser Gedanke verschwand, wurde aber durch eine neue Furcht ersetzt, als Catti-brie, die das Fernrohr in Händen hatte, ihm zurief, daß Drizzt auf dem Rückweg war. Deudermont und viele andere folgten dem ausgestreckten Arm der Frau und konnten das kleine Ruderboot gerade so steuerbords vor dem dritten Schiff ausmachen, das aus dem Hafen trieb.
»Robillard!« rief Deudermont.
Der Zauberer nickte und fixierte das kleine Boot mit seinem Blick. Er begann sofort einen Zauberspruch, aber noch während die ersten Worte seinen Mund verließen, wurde ein Katapult auf dem dritten Piratenschiff abgefeuert, und rechts neben dem Ruderboot schlug ein Geschoß auf dem Wasser auf, das das Gefährt fast umschlagen ließ.
»Die Segel hoch!« rief Deudermont. »Hievt den Anker!«
Catti-bries Bogen summte, und ein Pfeil nach dem anderen schoß auf die treibende Karavelle zu, obgleich das Schiff noch mehr als dreihundert Meter entfernt war.
Sofort schien der gesamte Hafen zum Leben zu erwachen. Die beiden Schiffe, die weiter draußen lagen, hißten alle Segel und begannen sich zu drehen, um den Wind in den Rücken zu bekommen, das dritte Schiff feuerte eine neue Ladung auf das Ruderboot ab, und die Segel der vierten Karavelle, die tatsächlich Teil der Verschwörung war, entfalteten sich.
Bevor die Wirkung von Robillards Zauber begann, schlug ein dritter Stein direkt hinter dem Ruderboot ein und riß einen Teil seines Hecks mit. Trotzdem wirkte der Zauber auf das kleine Gefährt, eine gelenkte Woge packte es und beschleunigte es plötzlich in Richtung auf die S eekobold. Drizzt zog die jetzt nutzlosen Riemen ein, während Dunkin wie wild Wasser schöpfte, doch obwohl sie sich schnell dem Schoner näherten, hätte das beschädigte Ruderboot nicht mehr lange genug schwimmen können, um bis zur Seekobold zu gelangen.
Robillard erkannte dies, und als das Gefährt unterging, brach er seinen Zauber ab, damit Drizzt und Dunkin nicht unter der verzauberten Welle ertranken.
Deudermonts Verstand arbeitete fieberhaft und versuchte, die Entfernung und die Zeit zu berechnen, bevor die Piraten sie einholen würden. Er kam zu dem Schluß, daß er die Seekobold sofort in Richtung des Hafens lenken mußte, sobald die Segel gehißt waren, denn er würde Drizzt auf keinen Fall zurücklassen, wie groß das Risiko auch sein mochte.
Seine Berechnungen änderten sich schnell, als er sah, wie Drizzt mit Dunkin im Tau eilig auf das Schiff zuschwamm.
Dunkin war von dieser Wendung der Ereignisse sogar noch mehr überrascht als Deudermont. Als das Ruderboot untergegangen war, hatte der erste Instinkt des Mannes ihm geraten, sich von dem Drow zu entfernen. Drizzt trug zwei
Weitere Kostenlose Bücher