Die Vergessenen Welten 10 - Die Küste Der Schwerter
Krummsäbel und ein Kettenhemd. Dunkin hatte keine behindernde Ausrüstung an und rechnete damit, daß der Drow sich an ihn klammern und sie wahrscheinlich beide ertränken würde. Zu Dunkins Überraschung konnte Drizzt jedoch nicht nur an der Wasseroberfläche bleiben, sondern sogar mit unglaublicher Geschwindigkeit schwimmen.
Das Kettenhemd war geschmeidig. Es war aus besten Materialien und nach Art der Drow von Buster Rüster aus dem Clan Heldenhammer geschmiedet worden, einem der besten Schmiede in den Reichen. Und Drizzt trug verzauberte Bänder um die Fußgelenke, die es ihm erlaubten, unglaublich schnell mit den Füßen zu schlagen. Er holte Dunkin fast sofort ein und schleppte ihn in Richtung der Seekobold mit. Der Drow hatte bereits fast ein Viertel der Strecke zurückgelegt, bevor der verwirrte Mann auch nur wieder so weit zu sich gekommen war, daß er selbst zu schwimmen begann.
»Sie kommen schnell näher!« rief Waillan glücklich aus, überzeugt, daß sein Freund es schaffen würde.
»Aber sie haben die Truhe verloren!« bemerkte Robillard und deutete auf das versinkende Ruderboot. Direkt hinter dem Wrack, und noch schneller näherkommend, war das dritte Piratenschiff, dessen Segel jetzt vom Wind voll aufgebläht waren.
»Ich werde sie holen!« rief Harkle Harpell, der unbedingt helfen wollte. Der Zauberer schnippte mit den Fingern und begann einen Zauberspruch. Robillard tat das gleiche, da er erkannte, daß sie etwas tun mußten, um die verfolgende Karavelle zu verlangsamen, wenn Drizzt eine Chance haben sollte, die Seekobold zu erreichen.
Robillard brach seinen Zauber jedoch fast sofort wieder ab und musterte Harkle fragend.
Seine Augen weiteten sich beträchtlich, als er einen Fisch sah, der plötzlich vor Harkles Füßen auf dem Deck erschien. »Nein!« schrie er und griff nach dem Harpell, als er erkannte, was für eine Art Zauber sein Kollege gewirkt hatte. »Du kannst keinen außerdimensionalen Zauber auf einen Gegenstand wirken, der bereits magisch außerdimensional ist!«
Robillards Vermutung war korrekt; Harkle versuchte, die versinkende magische Truhe an Bord zu holen, indem er ein außerdimensionales Tor in dem Gebiet erzeugte, in dem das Ruderboot und die Truhe untergingen. Es war eine gute Idee, oder es wäre eine gewesen, wenn die Truhe, die Tarnheel der Seekobold versprochen hatte, nicht eine Truhe der Fülle gewesen wäre, die einen außerdimensionalen Raum enthielt, der mehr Inhalt fassen konnte, als man nach Größe und Gewicht des Behälters erwarten würde. Das Problem war, daß außerdimensionale Zauber und Gegenstände gewöhnlich nicht korrekt aufeinander reagierten. Wenn man zum Beispiel einen Beutel der Fülle in eine Truhe der Fülle legte, so konnte das dazu führen, daß man einen Spalt in das Genüge des Multiversums riß, der alles, was sich in der Nähe befand, auf die Astralebene sog oder, schlimmer noch, in den unbekannten Raum zwischen den Existenzebenen.
»Uhps«, entschuldigte sich Harkle, als er seinen Fehler erkannte, und brach seinen Zauber ab.
Zu spät. Eine riesige Welle schoß direkt dort in die Luft, wo das Boot untergegangen war. Sie brachte die Karavelle zum Schwanken, schwappte heftig gegen Drizzt und Dunkin und trieb die beiden weiter auf die Seekobold zu. Das Wasser schäumte und tanzte, begann schließlich zu kreisen und formte einen riesigen Strudel.
»Volle Segel!« rief Deudermont, während Drizzt und Dunkin Leinen zugeworfen wurden. »Los, es geht um unser aller Leben, volle Segel!«
Die Segel öffneten sich, und die Matrosen zurrten sie fest. Sofort begann die Seekobold zu schlingern und glitt schnell aus dem Hafen.
Für die verfolgende Karavelle lagen die Dinge nicht so einfach. Das Piratenschiff versuchte zu wenden, aber es befand sich zu dicht bei dem immer größer werdenden Strudel. Es geriet in seinen Rand und wurde heftig seitwärts darauf zugezogen, wobei viele seiner Matrosen in die aufgewühlte See fielen. Das Schiff drehte sich einmal im Kreis, dann noch einmal. Von der Seekobold aus konnte man zusehen, wie die Segel kleiner wurden, während das Schiff immer tiefer und tiefer im Strudel versank.
Doch mit Ausnahme des von Grauen gepackten Harkle mußten die Augen der Besatzungsmitglieder der S eekobold sich nach vorne richten, zu den beiden feindlichen Schiffen, die dort warteten. Robillard beschwor einen Nebel, da er erkannte, daß Deudermont nicht vorhatte, sich zum Kampf zu stellen, sondern an den Gegnern vorbeischlüpfen
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