Die vergessenen Welten 11 - Kristall der Finsternis
als der Stärkere erwiesen.«
»Nein!«, beharrte Entreri und verlor einen kurzen Moment lang seine Ruhe. »Nein. Ich hatte ihn geschlagen.«
»Das glaubt Ihr wirklich, und daher seid Ihr in dem Schmerz der Erinnerung gefangen«, meinte Jarlaxle. »Ihr habt mir von diesem Kampf in allen Einzelheiten erzählt, und einen Teil davon sah ich aus der Ferne. Wir beide wissen, dass jeder von Euch beiden das Duell hätte gewinnen können. Und das ist Eure Pein. Wenn Drizzt Euch eindeutig besiegt hätte, ohne dass Ihr dabei umgekommen wärt, hättet Ihr mit Eurem Leben weitermachen können. Und wenn Ihr ihn besiegt hättet, ob er es nun überlebt hätte oder nicht, würdet Ihr keinen Gedanken mehr an ihn verschwenden. Das Nicht-Wissen ist es, was an Euch nagt, mein Freund. Die schmerzliche Erkenntnis, dass es eine Herausforderung gibt, die noch nicht entschieden ist, eine Herausforderung, die alle anderen Ziele blockiert, die Ihr Euch suchen könntet, sei es der Wunsch nach größerer Macht oder einfach nur nach körperlichen Genüssen, was beides in Eurer Reichweite liegt.«
Entreri lehnte sich zurück und war jetzt mehr interessiert als verärgert.
»Und auch dies kann ich Euch geben«, fuhr Jarlaxle fort. »Das, was Ihr Euch am meisten ersehnt, wenn Ihr es Euch nur eingesteht. Ich kann meine Pläne für Calimhafen jetzt ohne Euch fortführen; Sharlotta ist ein guter Strohmann, und ich bin bereits zu tief verwurzelt, um noch vertrieben zu werden. Und doch wünsche ich mir ein solches Arrangement nicht. Ich möchte, dass Artemis Entreri die Unternehmungen von Bregan D'aerthe an der Oberfläche leitet, der wirkliche Artemis Entreri, nicht diese leere Hülle Eures früheren Selbst, die zu sehr von diesem sinnlosen Duell mit dem abtrünnigen Drizzt in Anspruch genommen wird, um sich auf die Fähigkeiten zu konzentrieren, die Euch über alle anderen erheben.«
»Fähigkeiten«, wiederholte Entreri skeptisch und wandte sich ab.
Doch Jarlaxle wusste, dass er den Mann erreicht hatte, dass er Entreri einen Köder vor die Nase gehalten hatte, dem der Meuchelmörder nicht widerstehen konnte. »Es steht noch ein Treffen aus, das wichtigste von allen«, verkündete Jarlaxle. »Meine DrowGefährten und ich werden aufmerksam zusehen, wenn Ihr mit den Rakers, Pascha Wronings Abgesandten, Quentin Bodeau und Dwahvel Tiggerwillies sprecht. Erledigt Eure Pflichten gut, und ich werde Euch Drizzt Do'Urden übergeben.«
»Sie werden darauf bestehen, Pascha Basadoni zu sehen«, wandte Entreri ein, und der Umstand, dass er dem bevorstehenden Treffen überhaupt einen Gedanken widmete, verriet Jarlaxle, dass er seinen Köder geschluckt hatte.
»Habt Ihr nicht die Maske der Tarnung?«, fragte Jarlaxle.
Entreri stutzte einen Augenblick, bevor er verstand, worauf Jarlaxle anspielte: Eine magische Maske, die er Catti-brie in Menzoberranzan abgenommen hatte. Die Maske, die er dazu benutzt hatte, um Gromph Baenre zu verkörpern, den Erzmagier der Drowstadt. Er war damit in Gromphs Räumlichkeiten eingedrungen, um die wertvolle Spinnenmaske zu stehlen, die es ihm ermöglicht hatte, auf der Suche nach Drizzt in das Haus Baenre einzudringen. »Ich habe sie nicht«, sagte er brüsk und wollte offensichtlich nicht weiter darüber reden.
»Das ist schade«, meinte Jarlaxle. »Es würde die Dinge um so vieles erleichtern. Doch keine Sorge, es wird alles arrangiert werden«, versprach der Drow und verließ nach einer eleganten Verbeugung den Raum, in dem ein grübelnder Artemis Entreri zurückblieb.
»Drizzt Do'Urden«, sagte der Meuchelmörder, und es lag kein Gift in seiner Stimme, sondern nur eine Resignation ohne jedes Gefühl. Jarlaxle hatte ihn wirklich in Versuchung geführt, hatte ihm eine andere Seite seines innerlichen Aufruhrs gezeigt, über den er nie nachgedacht hatte – zumindest nicht auf ehrliche Weise. Nach der Flucht aus Menzoberranzan, als er Drizzt das letzte Mal gesehen hatte, hatte Entreri sich mit einiger Überzeugung gesagt, dass er mit dem abtrünnigen Drow fertig wäre, dass er hoffte, Drizzt Do'Urden nie wieder zu sehen. Doch war das die Wahrheit?
Jarlaxle hatte die Wahrheit gesagt, als er darauf beharrte, dass die Entscheidung, wer von ihnen beiden der bessere Schwertkämpfer war, noch ungeklärt war. Sie hatten in zwei außerordentlich tödlichen, aber ausgeglichenen Kämpfen und mehreren kleineren Scharmützeln gegeneinander gefochten und waren dann bei zwei weiteren Gelegenheiten gegeneinander angetreten, in
Weitere Kostenlose Bücher