Die vergessenen Welten 11 - Kristall der Finsternis
einer solchen Stimmung hatte er Drizzt seit langer, langer Zeit nicht mehr gesehen, nicht einmal vor seinem schicksalhaften Kampf mit der Dienerin der Dämonenkönigin Lloth unterhalb von Mithril-Halle. Hier kam der Drizzt zum Vorschein, wie er gewesen war, bevor sie sich aufgemacht hatten, das Zwergenkönigreich zurückzuerobern. Es war das Bild des Drows aus jenen Tagen, als Wulfgar ehrlich gefürchtet hatte, dass Drizzts Tollkühnheit sie beide irgendwann unweigerlich in eine Lage bringen würde, aus der es kein Entrinnen gab. Wulfgar mochte dieses Bild.
»Es gibt da ein paar Riesen, die sich darauf vorbereiten, Reisenden auf dieser Straße aufzulauern«, sagte der Drow. »Unser Tempo wird sich verringern, nachdem wir zugestimmt haben, Meister Camlaine zu begleiten. Ich denke, ein kleiner Abstecher, um uns dieser gefährlichen Wegelagerer anzunehmen, ist durchaus angebracht.« Zum ersten Male, seit sie sich nach dem Sieg über Errtu in den Eishöhlen wieder getroffen hatten, nahm Drizzt in Wulfgars Augen ein begieriges Funkeln wahr.
»Hast du mit den anderen gesprochen?«, fragte der Barbar.
»Nur du und ich«, erklärte Drizzt. »Und Guenhwyvar, natürlich. Sie würde es nicht sehr schätzen, wenn sie nicht an dem Spaß teilhaben dürfte.«
Die beiden verließen das Lager lange nach Sonnenuntergang, als Catti-brie, Regis und Bruenor endlich fest schliefen. Der Drow, der im Dunklen ebenso gut sehen konnte wie am Tag, ging voran, und sie marschierten geradewegs zu der Stelle zurück, an der sich die Spuren des Riesen und die des Wagens getroffen hatten. Dort holte Drizzt die Panther-Statuette aus Onyx hervor und stellte sie vorsichtig auf den Boden. »Komm zu mir, Guenhwyvar«, rief er leise.
Ein Nebel wallte auf, wirbelte um die Figur herum, wurde dichter und dichter und nahm die Gestalt des großen Panthers an. Immer dichter wogte der Nebel, und dann war es plötzlich kein Nebel mehr, sondern der Panther selbst. Guenhwyvar blickte mit Augen zu Drizzt hinauf, die eine Intelligenz verrieten, die weit über das hinausging, was man bei einer Katze erwarten würde.
Drizzt deutete auf die Fährte des Riesen, und Guenhwyvar, die sofort verstand, übernahm die Führung.
* * *
In dem Moment, in dem sie die Augen aufschlug, wusste sie, dass etwas nicht stimmte. Es war still im Lager; die beiden Wachen der Händler, die auf dem Fußtritt des Wagens saßen, unterhielten sich leise.
Catti-brie richtete sich auf ihren Ellbogen auf, um einen besseren Überblick zu gewinnen. Das Feuer war heruntergebrannt, leuchtete aber noch hell genug, dass die Schlafrollen Schatten warfen. Am dichtesten bei ihr lag Regis, der sich so dicht am Feuer zu einem Ball zusammengerollt hatte, dass Catti-brie erstaunt war, dass der kleine Kerl nicht in Flammen aufgegangen war. Der Hügel, der Bruenor war, lag nur ein kleines Stück weiter entfernt, genau dort, wo Cattibrie ihrem Adoptivvater eine gute Nacht gewünscht hatte. Die Frau setzte sich auf und erhob sich dann auf die Knie, während sie sich mit langem Hals umschaute, doch zwei spezielle Gestalten konnte sie zwischen den Schlafenden nicht ausmachen.
Sie wollte zu Bruenor gehen, überlegte es sich dann aber anders und wandte sich Regis zu. Der Halbling schien immer zu wissen… Ihr sanftes Schütteln ließ ihn nur stöhnen und sich noch fester zusammenrollen. Nach einem heftigeren Ruckeln murmelte er einen Fluch und krümmte sich noch weiter zusammen. Catti-brie trat ihm leicht in den Leib. »He!«, protestierte er laut und fuhr plötzlich hoch. »Wo sind sie hin?«, fragte die Frau.
»Was hast du, Mädchen?«, erklang die verschlafene Stimme von Bruenor, den Regis' Ruf geweckt hatte.
»Drizzt und Wulfgar sind aus dem Lager verschwunden«, erklärte sie und richtete dann wieder einen durchdringenden Blick auf Regis. Der Halbling krümmte sich unter ihren forschenden Augen. »Woher soll ich das denn wissen?«, fragte er, doch Catti-brie blinzelte nicht einmal. Regis schaute Hilfe suchend zu Bruenor hinüber, sah jedoch den halb angezogenen Zwerg auf sich zukommen. Sein Gesichtsausdruck war ebenso beunruhigt wie der von Catti-brie, und er schien genauso bereit zu sein wie sie, seinen Ärger an dem Halbling auszulassen.
»Drizzt sagte, sie würden morgen oder spätestens übermorgen zu uns und der Karawane zurückkommen«, gestand der Halbling. »Und wo sind sie hingegangen?«, verlangte Catti-brie zu wissen.
Regis zuckte mit den Schultern, aber noch bevor er die Geste vollenden
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