Die vergessenen Welten 11 - Kristall der Finsternis
hätten, doch Drizzt behielt sein Vertrauen in Guenhwyvar, die immer wieder als dunkler Schatten hoch auf den Felsvorsprüngen vor dem Nachthimmel auftauchte.
Kurz nach Tagesanbruch, während sie einem gewundenen Bergpfad folgten, wurde das Vertrauen des Dunkelelfen belohnt, als die beiden Gefährten auf eine deutliche Spur von riesigen Stiefeln stießen, die sich über eine flache und matschige Wegsenke erstreckte.
»Eine Stunde voraus, nicht mehr«, stellte Drizzt fest, nachdem er die Spur untersucht hatte. Er schaute zu Wulfgar zurück und lächelte mit einem Funkeln in den violetten Augen.
Der Barbar, der nur allzu bereit war, sich in den Kampf zu stürzen, nickte.
Indem sie Guenhwyvar folgten, kletterten sie höher und immer höher, bis der Boden plötzlich oberhalb von ihnen verschwand, als der Pfad abrupt an einer steilen Klippe endete.
Drizzt stieg als Erster die letzten Schritte hinauf und huschte dabei von Schatten zu Schatten. Sobald er festgestellt hatte, dass die Luft rein war, winkte er Wulfgar, ihm zu folgen. Sie waren an den Rand eines Canyons gekommen, einem tiefen und felsigen Abgrund, der an allen vier Seiten von Berghängen begrenzt wurde, obgleich die Barriere rechts von ihnen, im Süden, nicht ganz geschlossen war und auf Bodenhöhe einen einzigen Weg in das Tal freiließ. Zuerst nahmen sie an, dass sich das Lager der Riesen dort unten in der Schlucht befinden müsse, verborgen von den Felsbrocken, doch dann erspähte Wulfgar eine dünne Rauchfahne, die hinter einer ihnen gegenüberliegenden Felswand auf der anderen Seite des Abgrundes aufstieg, etwa fünfzig Meter von ihrem Standort entfernt.
Drizzt stieg auf einen nahe gelegenen Baum, um einen besseren Blickwinkel zu bekommen, und hatte schnell die Gewissheit, dass es sich um das Lager der Riesen handeln musste. Zwei dieser Giganten saßen hinter den schützenden Steinen beim Essen. Der Drow ließ den Blick über die Landschaft gleiten. Er konnte um den Abgrund herumgehen, ohne zum Grund des Tales hinabsteigen zu müssen, und das konnte Guenhwyvar natürlich ebenfalls.
»Kannst du sie von hier aus mit einem Hammerwurf erreichen?«, fragte er Wulfgar. Der Barbar nickte.
»Dann gib mir Deckung«, sagte der Drow. Mit einem Augenzwinkern wandte er sich nach links, kletterte über den Rand der Klippe und tastete sich an ihrer Kante entlang. Auch Guenhwyvar setzte sich in Bewegung und suchte sich einen höher gelegenen Weg am Berghang.
Der Dunkelelf bewegte sich wie eine Spinne und kroch von Absatz zu Absatz, während Guenhwyvar über ihm in mächtigen Sätzen voransprang, mit denen sie jedesmal zwanzig Fuß zurücklegte. In nicht einmal einer halben Stunde hatte der Drow erstaunlicherweise die nördliche Wand hinter sich gelassen, befand sich auf der östlichen und war nur noch etwa zwanzig Fuß von den anscheinend ahnungslosen Riesen entfernt. Er winkte Wulfgar zu, suchte sich dann festen Halt für die Füße und holte tief Luft. Um nicht entdeckt zu werden, war er etwas unterhalb des Klippenrandes vorwärtsgeklettert, und jetzt schätzte er den kurzen Sprint ab, der vor ihm lag, und den Sprung, der ihn auf das Plateau der Riesen hinaufbringen sollte. Er wollte seine Hände nicht dazu benutzen, seinen Sprung abzusichern, sondern zog es vor, mit gezogenen Krummsäbeln und kampfbereit zu landen.
Er konnte es schaffen, entschied er und schaute zu Guenhwyvar hinauf. Die Katze lag zusammengeduckt auf einem Felsvorsprung, der sich etwa dreißig Fuß über den Riesen befand. Drizzt öffnete den Mund und mimte ein Brüllen, ohne jedoch einen Laut von sich zu geben.
Der große Panther reagierte, nur war sein Gebrüll alles andere als lautlos. Es hallte mit Macht von den Berghängen wider und zog die Aufmerksamkeit der Riesen und aller anderen Wesen im Umkreis von mehreren Meilen auf sich.
Mit einem Heulen sprangen die Riesen auf die Beine. Der Drow spurtete geräuschlos am Rand des Plateaus entlang und sprang dann zu ihnen hinauf.
Mit einem Ruf zu Tempus, dem barbarischen Gott des Krieges, ließ Wulfgar Aegisfang kreisen … und zögerte beim Klang dieses Namens. Es war der Name eines Gottes, den er einst verehrt hatte, zu dem er aber seit so vielen Jahren nicht mehr gebetet hatte. Ein Gott, von dem er das Gefühl hatte, dass er ihn in den Tiefen des Abgrunds verlassen hatte. Wogen von Gefühlsaufwallungen brachen über ihm zusammen, betäubten ihn und sogen ihn wieder zurück an jenen
grausamen Ort von Errtus Finsternis.
Und Drizzt war
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