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Die vergessenen Welten 11 - Kristall der Finsternis

Die vergessenen Welten 11 - Kristall der Finsternis

Titel: Die vergessenen Welten 11 - Kristall der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Salvatore
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können. Es gab nur zwei Möglichkeiten: Erstens, dass das Kamel Glück hatte, sich klug genug anstellte und eine höhere, dauerhaftere Stellung in der Gilde erhielt, und zweitens, dass der Mann oder die Frau (denn es wurden oft Frauen verwendet) bei einem Überfall getötet oder anschließend von der eigenen Gilde umgebracht wurde.
    »Ich flehe dich an, es nicht hier zu tun«, sagte der Mann erneut. »Nicht hier, wo meine Frau meine Todesschreie hören kann, nicht hier, wo meine Söhne meine Leiche finden werden.«
    Ein gallebitterer Geschmack bildete sich in Entreris Kehle. Er war noch nie so angewidert gewesen, hatte nie eine jämmerlichere Gestalt gesehen. Er sah sich erneut in der Hütte um, in der Stofffetzen als Türen und Wände dienten. Es gab nur einen einzigen Teller, von dem wahrscheinlich die ganze Familie aß, während sie sich auf der einzigen alten Bank zusammendrängte, die in dem Raum stand. »Wieviel bist du schuldig?«, fragte er, und obgleich er kaum glauben konnte, dass er diese Worte aussprach, wusste er doch zugleich, dass er sich nicht dazu bringen konnte, den jämmerlichen Wurm zu töten.
    Der Mann schaute ihn verwirrt an. »Einen wahren Königsschatz«, sagte er. »Fast dreißig Goldstücke.«
    Entreri nickte und griff dann nach einem Beutel, der unter dem dunklen Umhang verborgen an seinem Gürtel hing. Er schätzte das Gewicht ab, wusste, dass er mindestens fünfzig Goldstücke enthielt, warf ihn aber dennoch dem Mann zu.
    Der verwirrte Mann fing die Börse auf und starrte sie so intensiv an, dass Entreri befürchtete, seine Augäpfel würden einfach aus ihren Höhlen fallen. Dann sah er wieder zu dem Meuchelmörder hoch, und die Gefühle, die in ihm tobten, waren so gegensätzlich und im Aufruhr, dass sein Gesicht keinen echten Ausdruck hatte.
    »Wenn du dein Wort gibst, dich nie wieder mit den Gilden einzulassen, sobald deine Schuld bezahlt ist«, sagte Entreri. »Deine Frau und Kinder verdienen etwas Besseres.«
    Der Mann wollte etwas antworten, doch dann fiel er auf die Knie und warf sich vor seinem Retter in den Staub. Entreri drehte sich um und schritt wütend aus der Hütte und auf die schmutzige Straße hinaus.
    Die Rufe des Mannes folgten ihm, Rufe des Dankes für seine Gnade. In Wahrheit war es keine Tat der Gnade gewesen, und Entreri wusste dies auch. Ihn kümmerten weder der Mann noch seine hässliche Frau und die höchstwahrscheinlich ebenfalls hässlichen Kinder. Und doch konnte er diese jämmerliche Gestalt nicht töten, auch wenn er dem Mann wahrscheinlich einen großen Dienst erwiesen hätte, indem er ihn aus seinem Elend erlöste. Nein, Entreri würde Kadran nicht die Genugtuung geben, ihn einen so unehrenhaften Mord ausführen zu lassen. Ein Kamel wie dieses zu töten, wäre die Aufgabe eines Gildenmitglieds, das vielleicht gerade erst ein Jahr dabei war, eines Zwölfjährigen vielleicht, und dass Kadran diesen Auftrag jemandem von Entreris Ruf gegeben hatte, war eine unglaubliche Beleidigung. Er würde nicht mitspielen.
    Er stürmte durch die Straßen zu seinem Zimmer in der Gaststätte, packte seine Sachen zusammen, verließ die Kneipe und kam schließlich zur Tür des Kupfernen Einsatzes. Er hatte daran gedacht, einfach einzudringen, um Dwahvel zu zeigen, was er von ihrer lächerlichen Drohung hielt, ihn auszusperren. Doch dann hatte er es sich anders überlegt und sich wieder abgewandt. Er war einfach nicht in der Stimmung, sich mit Dwahvel auseinanderzusetzen, nicht in der Stimmung, sich mit irgendjemandem auseinanderzusetzen.
    Er fand eine kleine, unscheinbare Taverne am anderen Ende der Stadt und mietete sich dort einen Raum. Wahrscheinlich befand er sich hier im Gebiet einer anderen Gilde, und wenn sie herausfanden, wer er war und mit wem er verbunden war, konnte es Ärger geben. Es kümmerte ihn nicht.

    * * *

    Ein Tag verging ereignislos, doch davon ließ Entreri sich nicht einlullen. Er wusste, das vieles geschah, und alles davon in lautlosen Schatten. Er verfügte über die Fähigkeiten und wusste genug über diese Schatten, um hinausgehen und viel über das herausbekommen zu können, was vor sich ging, doch er hatte kein Bedürfnis, dies zu tun. Er war in der Stimmung, den Dingen einfach ihren Lauf zu lassen.
    Er ging am Abend dieses zweiten Tages in den Schankraum der kleinen Taverne hinunter und nahm sein Essen in einer leeren Ecke ein. Er aß alleine und hörte keiner der Unterhaltungen zu, die in dem Raum stattfanden. Er bemerkte jedoch das

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