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Die vergessenen Welten 11 - Kristall der Finsternis

Die vergessenen Welten 11 - Kristall der Finsternis

Titel: Die vergessenen Welten 11 - Kristall der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Salvatore
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raschen Aufstieg in der Hierarchie befürchten müssen. Es war egal, entschied er.
    Er warf einen letzten Blick auf die erwähnte Adresse – ein Gebiet von Calimhafen, das er gut kannte – und holte seine Werkzeuge.

    * * *

    Er hörte die Kinder in der Nähe schreien, denn die Hütte bestand nur aus zwei Räumen, die lediglich durch einen dicken Vorhang getrennt wurden. Eine sehr hausbackene junge Frau – wie Entreri feststellte, als er sie um den Rand des Vorhangs herum heimlich beobachtete – kümmerte sich um die Kinder. Sie bat die Kleinen, Ruhe zu geben und keinen Lärm zu machen, und drohte damit, dass ihr Vater bald kommen würde.
    Einen Augenblick später kam sie aus dem Hinterzimmer, ohne den Meuchelmörder zu bemerken, der sich hinter den Vorhang eines Seitenfensters gehockt hatte. Entreri schnitt ein kleines Loch in den Stoff und beobachtete sie bei ihrer Arbeit. Alles ging flott und gewandt vonstatten; sie war nervös, das wusste er.
    Die Tür, die ebenfalls aus einem Vorhang bestand, wurde beiseite geschoben, und herein kam ein junger, magerer Mann. Sein Gesicht war ausgezehrt, die Augen lagen tief in den Höhlen, und die Stoppeln von mehreren Tagen bedeckten Kinn und Wangen.
    »Hast du es gefunden?«, fragte die Frau in scharfem Ton.
    Der Mann schüttelte den Kopf, und Entreri glaubte sehen zu können, wie seine Augen noch tiefer einsanken.
    »Ich habe dich gebeten, nicht mit ihnen zu arbeiten!«, schimpfte die Frau. »Ich wusste, dass nichts Gutes …«
    Sie brach ab, als seine Augen sich vor Entsetzen weiteten. Er sah über ihre Schulter, wie der Meuchelmörder hinter dem Vorhang hervortrat. Er machte Anstalten davonzulaufen, doch die Frau sah sich um und schrie auf. Der Mann erstarrte; er würde sie nicht verlassen.
    Entreri sah sich dies alles ruhig an. Hätte der Mann seine Flucht fortgesetzt, hätte der Meuchelmörder ihn mit einem Wurf seines Dolch niedergestreckt, bevor er noch zur Tür gekommen wäre. »Nicht meine Familie«, flehte der Mann, drehte sich wieder zu Entreri um und ging mit leeren, ausgestreckten Händen auf ihn zu. »Und nicht hier.«
    »Du weißt, warum ich gekommen bin?«, fragte der Meuchelmörder. Die Frau begann zu weinen und um Gnade zu jammern, doch der Mann packte sie fest, aber sanft, und zog sie zurück. Er drehte sie in Richtung des Kinderzimmers und schob sie sachte dorthin.
    »Es war nicht meine Schuld«, sagte der Mann leise, als sie fort war. »Ich habe Kadran Gordeon angefleht. Ich habe ihm gesagt, dass ich das Geld irgendwie auftreiben würde.«
    Den alten Artemis Entreri hätte dies alles nicht gekümmert. Der alte Artemis Entreri hätte sich diese Worte niemals angehört. Der alte Artemis Entreri hätte einfach seine Aufgabe erledigt und wäre gegangen. Doch jetzt stellte er fest, dass er ein leises Interesse verspürte, und da keine anderen dringenden Geschäfte warteten, hatte er es nicht eilig, hier fertig zu werden.
    »Ich werde dir keine Schwierigkeiten machen, wenn du versprichst, dass du meiner Familie nichts antust«, sagte der Mann.
    »Du glaubst, du könntest mir Schwierigkeiten machen?«, fragte Entreri.
    Der hilflose, jämmerliche Mann schüttelte den Kopf. »Bitte«, flehte er. »Ich wollte ihnen nur ein besseres Leben bieten. Ich habe mich nur bereit erklärt, ja, die Aufgabe sogar begrüßt, Geld von der Schauermannsstraße zum Abgabepunkt zu bringen, weil ich mit diesen leichten Aufträgen mehr verdient habe als mit einem Monat ehrlicher Arbeit.«
    Das hatte Entreri natürlich alles schon früher gehört. Es kam oft vor, dass Trottel – Kamele wurden sie genannt – sich einer Gilde anschlossen und Lieferungen für einen Lohn übernahmen, der den einfachen Tagelöhnern gewaltig erschien. Die Gilden heuerten die Kamele nur an, damit die Konkurrenz nicht wusste, wer das Geld transportierte. Irgendwann bekamen die anderen Gilden jedoch immer die Routen und die Kamele heraus und stahlen die Lieferungen. Dann wurden die armen Kamele, die den Überfall überlebt hatten, rasch von der Gilde beseitigt, die sie angeheuert hatte.
    »Du wusstest, mit was für gefährlichen Leute du dich eingelassen hast«, meinte Entreri.
    Der Mann nickte. »Nur ein paar Lieferungen«, erwiderte er. »Nur ein paar, und ich hätte aufgehört.«
    Entreri lachte und schüttelte über den absurden Plan des Narren den Kopf. Man konnte als Kamel nicht »aufhören«. Jeder, der diese Arbeit annahm, erfuhr zuviel über die Gilde, als dass man ihn wieder hätte herauslassen

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