Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit
Verurteilungen befanden, was ihm jubelnde Rufe einbrachte. Jede Bewegung wurde besonders betont und steigerte das allgemeine Johlen immer weiter zu einem lärmenden Höhepunkt, als Jharkheld den Deckel von der Rolle abnahm und die Dokumente herauszog. Der Magistrat entrollte sie und zeigte sie eines nach dem anderen der Menge, während er den Namen jedes Sträflings vorlas.
Der Magistrat war Errtu wirklich sehr ähnlich, als er, wie ein Jahrmarktsschreier brüllend, die Torturen verkündete. Selbst seine Stimme klang für den Barbaren wie jene des Baelor: krächzend, kehlig, unmenschlich.
»Ich werde euch eine Geschichte erzählen«, begann Jharkheld, »eine Geschichte über Verrat und Heimtücke, über missbrauchte Freundschaft und versuchten Mord um des Profits willen. Dieser Mann!«, sagte er mit Nachdruck und deutete auf Grauser Raffer, »dieser Mann hat sie mir in allen Einzelheiten berichtet, und seither hat mir ihre pure Grauenhaftigkeit jede Nacht den Schlaf geraubt.« Der Magistrat begann, das Verbrechen so zu schildern, wie Raffer es ihm dargestellt hatte. Dem Schurken zufolge war alles Moriks Idee gewesen. Morik und Wulfgar hatten Deudermont ins Freie gelockt, so dass Tee-a-nicknick mit dem vergifteten Pfeil auf ihn schießen konnte. Morik hatte den Kapitän angeblich ebenfalls stechen sollen, mit einem anderen Gift, um sicherzustellen, dass die Priester den Mann nicht retten können. Doch die Stadtwache war für diesen zweiten Angriff zu schnell aufgetaucht. Während der gesamten Planung hatte Raffer versucht, es ihnen auszureden, aber aus Angst vor Wulfgar hatte er niemandem sonst davon erzählt. Der große Mann hatte gedroht, ihm den Kopf von den Schultern zu reißen und durch alle Straßen von Luskan zu treten.
Von den Versammelten hatten genug Wulfgars RausschmeißerTechniken erlebt, um zumindest diesen letzten Teil für glaubhaft zu halten.
»Ihr seid der Verschwörung und des versuchten Mordes an dem verehrten Kapitän Deudermont angeklagt, einem hoch geachteten Gast unserer schönen Stadt«, sagte Jharkheld, nachdem er die Geschichte erzählt hatte und das Heulen und Johlen des Mobs verebbt war. »Im Interesse von Gerechtigkeit und Fairness werden wir eure Erwiderungen auf diese Anklagen anhören.«
Er trat zu Grauser Raffer. »Habe ich die Geschichte so wiedergegeben, wie du sie mir erzählt hast?«, fragte er.
»Das hast du getan, Herr, das hast du«, stimmte ihm Grauser eifrig zu. »Sie haben es getan, das alles!«
Viele aus der Menge schrien ihre Zweifel heraus, während andere den Mann einfach nur auslachten, so kläglich klang er.
»Meister Raffer«, fuhr Jharkheld fort, »bekennst du dich der ersten Anklage gegen dich für schuldig?«
»Unschuldig!«, widersprach Raffer und klang zuversichtlich, dass seine Kooperation es ihm erlaubte, den schlimmsten Teilen des Karnevals zu entgehen, aber das Heulen des Mobs übertönte seine Stimme.
»Bekennst du dich der zweiten Anklage gegen dich für schuldig?«
»Unschuldig!«, stieß der Mann trotzig hervor und warf dem Magistrat ein zahnlückiges Lächeln zu.
»Schuldig!«, schrie eine alte Frau. »Schuldig ist er, und er verdient, auf schreckliche Weise zu sterben, weil er versucht, den anderen die Schuld zu geben!«
Hunderte Schreie stimmten der Frau zu, doch Grauser behielt sein Lächeln bei und war anscheinend noch immer zuversichtlich. Jharkheld trat an den Rand der Plattform und hob beschwichtigend die Hände. »Die Geschichte von Grauser Raffer hat es uns erlaubt, die anderen zu verurteilen. Daher haben wir dem Mann für seine Kooperation Milde zugesichert.« Das ließ eine Welle von Buhrufen und spöttischen Pfiffen aufbranden. »Wegen seiner Ehrlichkeit und wegen des Umstands, dass er – was von den anderen nicht bestritten wird – nicht direkt beteiligt war.«
»Ich bestreite es!«, schrie Morik, und die Menge heulte auf. Jharkheld gab den Wachen ein Zeichen, und Morik bekam das Ende eines Knüppels in den Bauch gerammt.
Weitere Buhrufe erklangen überall in der Menge, doch Jharkheld ging nicht darauf ein, und ein breites Grinsen legte sich auf das Gesicht des schlauen Grauser Raffer.
»Wir haben ihm Milde zugesichert«, sagte Jharkheld und warf die Arme in die Luft, als könne er nichts mehr daran ändern. »Daher werden wir ihn schnell töten.«
Das ließ das Lächeln auf Grauser Raffers Gesicht ersterben und verwandelte die Buhrufe des Mobs in zustimmendes Johlen. Grauser Raffer versuchte zu protestieren; seine Beine
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