Die vergessenen Welten 13 - Der schwarze Zauber
anderen Hüfte trug. Gewiss musste er auch in Zukunft stets ein wenig auf der Hut sein, denn Charons Klaue würde versuchen, sich zu befreien, aber das war im schlimmsten Fall ein wenig lästig.
»Du bist mein«, sagte er erneut mit ruhiger Stimme, dann befahl er dem Schwert, das schwarze Licht zu löschen. Der Raum wurde wieder von normalem Kerzenlicht erhellt. Charons Klaue, das Schwert von Artemis Entreri, widersetzte sich nicht.
Jarlaxle glaubte, er wüsste es. Jarlaxle glaubte, er hätte gewonnen.
Weil Crenshinibon es ihn glauben ließ. Weil Crenshinibon wollte, dass der Kampf zwischen dem Söldnerführer und seinen aufbegehrenden Offizieren ehrlich sein sollte, damit er genau beurteilen konnte, wer von ihnen der geeignetste Träger für den Kristall war.
Der Gesprungene Kristall favorisierte noch immer Rai-guy, weil er wusste, dass diesen Drow der Ehrgeiz und die Bereitschaft, wenn nicht gar der Drang zum Töten antrieben. Doch auch die Möglichkeiten, die ihm Jarlaxle bot, entgingen dem Artefakt nicht. Es war nicht leicht gewesen, ihn in die mannigfaltigen Schichten aus Täuschungen einzuspinnen, aber Crenshinibon hatte es tatsächlich geschafft, Jarlaxle genau dahin zu bringen, wohin er ihn haben wollte.
Als die Sonne am nächsten Morgen aufging, ragte ein zweiter Kristallturm über der Oase Dallabad auf.
Das Stundenglas wird umgedreht
»Du weißt, welche Rolle du in jeder Situation zu spielen hast?«, fragte Entreri Dwahvel bei ihrem nächsten Treffen. Es war eine improvisierte Angelegenheit in einer Gasse nahe dem ›Kupfernen Einsatz‹, die von Dwahvels Anti-Spionagemitteln gegen neugierige Zauberer abgeschirmt wurde.
»Im Hinblick auf jede Situation, die du mir geschildert hast«, erwiderte die Halblingsfrau mit einem warnenden Grinsen. »Dann kennst du jede mögliche Situation«, antwortete Entreri ohne zu zögern. Das Grinsen, mit dem er ihres erwiderte, drückte sein volles Vertrauen aus.
»Du hast jede Möglichkeit berücksichtigt?«, fragte die Frau zweifelnd. »Es geht hier um Dunkelelfen, die Meister der Manipulation und Intrige. Diese Wesen haben sich die diversen Schichten ihrer eigenen Wirklichkeit erschaffen und bestimmen die Regeln in dieser vielschichtigen Realität.« »Und sie befinden sich nicht in ihrem Heimatland und kennen die Feinheiten von Calimhafen nicht«, versicherte ihr Entreri. »Sie sehen die ganze Welt als eine Erweiterung von Menzoberranzan an und glauben, dass sie auf die gleiche Weise funktioniert. Wichtiger noch, sie bewerten die Handlungen aller anderen Wesen nach ihren Maßstäben. Ich bin ein Iblith und damit minderwertig, daher werden sie niemals die Wendung erwarten, die ihre Version der Wirklichkeit jetzt nehmen wird.«
»Ist diese Zeit gekommen?«, fragte die noch immer nicht überzeugte Dwahvel. »Oder beschwörst du diesen kritischen Punkt herauf?«
»Ich war noch nie ein geduldiger Mann«, gab Entreri zu, und sein verschmitztes Grinsen ließ bei diesem Eingeständnis nicht nach, sondern verstärkte sich noch.
»Jede Möglichkeit«, meinte Dwahvel, »und damit jede Schicht der Wirklichkeit, die du erschaffen willst. Hüte dich, mein kluger Freund, dass du dich nicht in diesem Durcheinander deiner Wirklichkeiten verirrst.«
Entreri wollte bereits eine finstere Miene aufsetzen, drängte dann aber alle negativen Gedanken beiseite, da ihm klar wurde, dass Dwahvel ihn nur vernünftigerweise daran erinnerte, dass er sich auf ein überaus gefährliches Spiel mit den tödlichsten Gegnern einließ, die ihm je begegnet waren. Selbst unter den besten Bedingungen würde sein Erfolg und damit auch sein Leben von sekundenschnellen Reaktionen abhängen, und der kleinste unglückliche Umstand konnte ihn ins Verderben stürzen. Dieses dramatische Szenario illustrierte nicht den präzisen Schlag eines erfahrenen Meuchelmörders, sondern die Verzweiflungstat eines Mannes, der mit dem Rücken zur Wand stand.
Doch als er seine Halblingsfreundin anschaute, wuchsen Entreris Zuversicht und Entschlossenheit wieder. Er wusste, dass Dwahvel ihn nicht enttäuschen, sondern ihren Beitrag zu dieser Wirklichkeitserschaffung leisten würde.
»Wenn du Erfolg hast, werde ich dich nicht wiedersehen«, meinte die Frau. »Und wenn du versagst, werde ich wahrscheinlich nicht einmal deinen zerfetzten Leichnam finden.«
Entreri nahm diese groben Worte als die Zuneigungsbekundung, die sie im Grunde waren. Sein Lächeln wurde breit und herzlich – eine Seltenheit bei dem
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