Die Vergessenen Welten 14 - Die Rueckkehr Der Hoffnung
Bedürfnis verstärken, so viel Leben wie nur möglich in die Tage und Jahre zu pressen, die einem noch verbleiben.
Was für eine wunderbare Art, die Welt zu sehen, und wie traurig, dass es anscheinend eines Verlustes bedarf, um den oft in der Gewohnheit verhafteten Alltagstrott zu ändern. Welchen Weg soll dann also ich wählen, da noch sieben, vielleicht sogar acht Jahrhunderte auf mich warten? Soll ich dem leichten Pfad der Besinnlichkeit und des beschaulichen Lebens folgen, das unter den Elfen von Toril so verbreitet ist? Soll ich jede Nacht unter den Sternen tanzen und die Tage mit Wachträumen verbringen, mein Inneres erforschen, um die Welt um mich herum besser zu verstehen? Beides ehrbare Lebensweisen, und der Tanz unter dem Nachthimmel ist ein Genuss, dem ich niemals entsagen würde. Aber für mich muss es mehr geben. Ich brauche den Kitzel von Abenteuern und Taten. Hierin sind Catti-brie und die anderen Menschen meine Vorbilder, die mich an jedem wunderbaren Sonnenaufgang an die Üppigkeit des Lebens erinnern.
Je weniger Stunden verschwendet werden, desto reichhaltiger ist das Leben, und ein Leben, das nur ein paar Jahrzehnte währt, kann auf gewisse Weise länger sein als eines, das Jahrhunderte andauert. Wie sonst ließen sich die Leistungen eines Kriegers wie Artemis Entreri erklären, der im Kampf vielen erfahrenen Drow überlegen war, die zehnmal so alt waren wie er? Wie sonst ließe sich erklären, dass die fähigsten Zauberer der Welt keine Elfen, sondern Menschen sind, die nur Jahrzehnte statt Jahrhunderte mit dem Studium der komplexen Beschaffenheit der Magie verbracht haben? Ich bin wirklich vom Schicksal gesegnet worden, das mich an die Oberfläche brachte und mich eine Gefährtin wie Catti-brie finden ließ. Denn dies, so glaube ich, ist die Aufgabe meines Lebens – nicht nur sein Sinn, sondern seine wahre Essenz. Was für Gelegenheiten mögen auf mich warten, wenn es mir gelingt, die Lebensspanne meines Volkes mit der Intensität der Menschen zu kombinieren? Und was für Freuden würde ich vermissen, wenn ich einem geduldigeren und ruhigeren Weg folgte, einer gewundenen Straße voller Hinweisschilder, die mich daran gemahnen, dass ich zu viel zu verlieren habe, einer Straße, die jedem Berg und jedem Tal ausweicht, die der Ebene folgt und die Höhen aus Angst vor den Tiefen meidet? Elfen vermeiden oft den engen Umgang mit Menschen, verweigern sich der Liebe zu ihnen, weil ihnen ihr Verstand sagt, dass es eine langwährende Partnerschaft mit den kurzlebigen Wesen nicht geben kann.
Oh, was für eine Philosophie, die zu bloßem Mittelmaß führt!
Wir müssen manchmal daran erinnert werden, dass ein Sonnenaufgang nur wenige Minuten währt.
Aber seine Schönheit kann ewig in unserem Herzen brennen.
Drizzt Do'Urden
Ungewöhnliche Gesellschaft
Der Wachtposten erbleichte auf lächerliche Weise und schien kurz vor einer Ohnmacht zu stehen, als er die elfischen Züge und die ebenholzfarbene Haut des Besuchers bemerkte, der an diesem regnerischen Morgen vor den Toren Luskans stand. Er stotterte und geriet ins Stocken, hatte seine Hellebarde so fest mit beiden Händen gepackt, dass die Fingerknöchel ebenso weiß wurden wie sein Gesicht, und brachte schließlich ein gestammeltes »Halt!«, heraus.
»Wir bewegen uns überhaupt nicht«, erwiderte Catti-brie und musterte den Mann neugierig. »Wir stehen einfach nur da und sehen dir beim Schwitzen zu.«
Der Mann stieß etwas aus, das sowohl ein Knurren als auch ein Wimmern sein konnte. Dann schien er sich ein Herz zu fassen, rief nach Verstärkung und trat dem Paar mutig entgegen, wobei er seine Hellebarde abwehrend vor sich hielt. »Halt!«, sagte er erneut, obwohl keiner der beiden sich gerührt hatte.
»Er ist der Meinung, du wärst ein Drow«, sagte Catti-brie trocken.
»Er erkennt nicht, dass selbst die Haut eines Hochelfen von der Sonne gebräunt werden kann«, erwiderte Drizzt mit einem lauten Seufzen. »Der Fluch des schönen Sommerwetters.« Die Wache starrte ihn an und war von den unsinnigen Worten völlig verwirrt. »Was wollt ihr?«, fragte er. »Warum seid ihr hier?«
»Um Luskan zu betreten«, antwortete Catti-brie. »Bist du da nicht schon von allein drauf gekommen?«
»Schluss mit euren Albernheiten!«, rief der Wachtposten und stieß mit seiner Hellebarde drohend in Catti-bries Richtung. Eine schwarze Hand zuckte vor, ehe der Posten die Bewegung überhaupt bemerkte, und fing die Waffe direkt unterhalb ihres metallenen Kopfes
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