Die Vergessenen Welten 16 - Die Drachen der Blutsteinlande
wirklich freute, dass Athrogate mitgekommen war. Dann dachte er erneut über seine eigene Rolle in dieser Sache nach und begann sich zu fragen, ob es wirklich so klug gewesen war, Entreri Idalias Flöte zu geben. Kimmuriel hatte ihn davor gewarnt und erklärt, dass es viele unerwartete Folgen haben könne, wenn man das Herz einer Person auf diese Weise öffnete.
Nein, entschied Jarlaxle nach einigem Nachdenken. Es war richtig gewesen, Entreri die Flöte zu geben. Am Ende würde es sich für seinen Freund als gut erweisen.
Immer vorausgesetzt, es brachte ihn nicht vorher um.
Der Zwang, der ihn an diesem Morgen zu der sandigen Straße zurückbrachte, war so überwältigend, dass Entreri nicht einmal bemerkte, dass er zurückgekehrt war, um vor der Hütte zu stehen, bis er wirklich dort war. Die Straße war alles andere als verlassen, viele Anwohner saßen im mageren Schatten der anderen Gebäude, und sie betrachteten alle diesen seltsamen Fremden mit seinen hohen schwarzen Lederstiefeln, die so gut gearbeitet waren, und den beiden wertvollen Waffen an seiner Taille.
Nein, Entreri gehörte wirklich nicht hierher, und die Angst, die er in den Blicken sah, mit denen man ihn bedachte, und das Gefühl von reiner Abscheu im Hintergrund brachten wahrhaft Erinnerungen zurück.
Artemis Entreri hatte die gleichen Blicke in Calimhafen gesehen, als er dort Pascha Basadoni diente. Die Armen von Memnon hielten ihn für einen Söldner, der von einem der wohlhabenderen Adligen geschickt worden war, um eine Schuld zu kassieren oder Wiedergutmachung für ein angebliches Unrecht zu verlangen.
Er verdrängte sie aus seinen Gedanken und erinnerte sich daran, dass er sie töten könnte, selbst wenn sie ihn alle gleichzeitig angriffen, und außerdem wurde ihm immer klarer, dass diese Leute ohnehin nie den Mut finden würden, ihn anzugreifen. Es lag nicht in ihrer Natur – jeder, der genügend Willenskraft und Mumm für so etwas hätte, hätte diesen Ort schon lange verlassen.
Es war sogar noch leichter, sie abzutun – tatsächlich war es nicht einmal eine Entscheidung –, als Entreri sich wieder der schief hängenden Tür der Hütte zuwandte, die für die ersten zwölf Jahre seines Lebens sein Heim gewesen war. Sobald er sich erneut auf diesen Ort konzentrierte, schien nichts anderes zu zählen, und er verfiel in die gleiche Nachdenklichkeit, die es Jarlaxle am Abend zuvor gestattet hatte, sich beinahe unbemerkt an ihn anzuschleichen.
Ohne sich seiner Bewegung auch nur bewusst zu sein, ging er auf die Tür der Hütte zu. Er hielt inne, als er sie erreichte, und hob die Faust, um zu klopfen. Dann senkte er den Arm jedoch wieder und erinnerte sich daran, wer er war und wer diese unbedeutenden, jämmerlichen Leute waren, und drückte einfach die Tür auf.
Das Zimmer war still und noch kalt, denn die Morgensonne stand noch nicht hoch genug, um die Kälte der Nacht zu vertreiben. Es brannten keine Kerzen, und niemand war zu Hause. Aber ein Stück trockenes Brot auf dem Tisch und eine zusammengeknäulte geflickte Decke in der Ecke sagten Entreri, dass sich noch vor kurzem jemand hier aufgehalten hatte. Das Brot war frei von hungrigen Insekten, und für Entreri, der das Klima und die Stadt kannte, war das so vielsagend wie ein warmes Lagerfeuer.
Jemand wohnte in dem Haus, das einmal sein Heim gewesen war. Seine Mutter? War das möglich? Sie würde inzwischen Anfang sechzig sein. War es möglich, dass sie immer noch an dem gleichen Ort wohnte, wo sie und sein Vater Belrigger damals gelebt hatten?
Der Geruch sagte ihm etwas anderes, denn wer immer hier wohnte, kümmerte sich kein bisschen um Hygiene. Er sah keinen Nachttopf, aber es fiel ihm nicht schwer festzustellen, dass es hier eigentlich einen geben sollte.
Das passte nicht zu dem, was ihm von seiner Mutter in Erinnerung geblieben war. Sie besaß kaum ein Kupferstück, aber sie hatte sich stets bemüht, sich selbst und ihr Kind sauber zu halten.
Dann kam ihm der Gedanke, dass die Jahre ihr vielleicht selbst diesen Überrest von Stolz genommen hatten. Er verzog das Gesicht und hoffte, dass das hier nicht Shanalis Heim war. Aber wenn es der Fall sein sollte, musste sie tot sein. Sie konnte keinen Weg von hier weg gefunden haben, das wusste er, denn sie war über zwanzig gewesen, als er ging. Niemand, der über zwanzig war, schaffte es noch, dieses Viertel zu verlassen.
Und wenn sie noch lebte, dann musste das hier immer noch ihr Haus sein.
Die Wände begannen plötzlich
Weitere Kostenlose Bücher