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Die Verlassenen

Die Verlassenen

Titel: Die Verlassenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
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waren schon einmal dort?“
    „Ein Mal.” Ihre Augen wurden dunkel. „Dann nie wieder.”
    „Es war eine seltsame Erfahrung“, sagte Hayden. „Ich habe eindeutig etwas gespürt, aber die Ablesung hat nichts ergeben. Ich konnte nur ein ganz kleines unbestimmtes Geräusch auf dem digitalen Rekorder aufzeichnen. Ziemlich enttäuschende Ausbeute für einen Ort, der als eines der sieben verschollenen Tore zur Hölle bekannt ist.“
    „Sie sind Forscher?“ Hörte Ree da so etwas wie Furcht in Amelias Stimme? „Amateur oder Profi?“
    Hayden zuckte mit den Achseln. „Ein bisschen von beidem, würde ich sagen. Im Moment arbeite ich am Institut für Parapsychologie in Charleston.“
    „Dann müssen Sie Rupert Shaw kennen.“
    „Jeder in meiner Branche kennt Dr. Shaw“, gab Hayden zur Antwort. „Der Mann ist eine Legende. Woher kennen Sie ihn?“
    „Als ich nach Charleston gezogen bin, hat er mir geholfen, dieses Haus hier zu finden. Dafür bin ich ihm ewig dankbar, denn ich fühle mich hier sehr sicher.“
    Ree bemerkte, dass sie schon minutenlang kein Wort mehr gesagt hatte. Sie hatte das Gespräch über den Friedhof von Stull faszinierend gefunden, auch auch abschreckend. Ein verschollenes Tor zur Hölle? Im Ernst?
    Amelia griff in einen Korb, der auf ihrem Schreibtisch stand, nahm einen polierten Stein heraus und hielt ihn Ree hin.
    „Was ist das?“
    „Ein Andenken an den Friedhof von Rosehill“, antwortete sie. „Als ich noch klein war, habe ich ganz fest geglaubt, dass diese Steine magische Kräfte haben. Ich habe immer einen dabeigehabt.“
    „Ich habe nie an Zauberei und Magie geglaubt“, murmelte Ree.
    „Ja, das weiß ich noch“, erwiderte Amelia mit unerwartet sanfter Stimme.
    „Trotzdem vielen Dank.“ Ree steckte den Stein in ihre Jackentasche und hoffte, dass sie damit die angemessene Ehrfurcht zeigte.
    Amelia begleitete sie zur Haustür und blieb auf der Veranda stehen, um sie zu verabschieden. Nachdem sie das Grundstück durch das Gartentor verlassen hatten, flüsterte Hayden: „Wow.“
    Ree blickte ihn an. „Fandest du sie nett?“
    „Nett? Ich weiß nicht, ob ich es so nennen würde. Aber du hast recht. Sie ist anders. Und wahrscheinlich einer der faszinierendsten Menschen, denen ich in den letzten Jahren begegnet bin.“
    „Habe ich etwa Grund zur Eifersucht?“ Ree versuchte, die Worte in dem gleichen Ton zu sagen, den er vorhin angeschlagen hatte.
    Inzwischen waren sie bei seinem Wagen angekommen, und Hayden tat etwas, was Ree sehr überraschte, etwas, womit sie nie gerechnet hätte. Er beugte sich vor und küsste sie. Und das war nicht nur ein Küsschen, sondern ein richtiger, echter Kuss, ein Kuss, der immer inniger wurde. Die Vögel hörten auf zu zwitschern, die leichte Brise ließ nach. Alles wurde ganz still. So kam es Ree zumindest vor. Es gab nichts mehr für sie, nur Hayden ... wie es war, ihn zu riechen, ihn zu berühren. Das leichte Stocken in seinem Atem ... Sie legte die Hände auf seine Brust, sie beugte den Kopf zurück, und er öffnete ihre Lippen. Sie spürte, wie sein Herz unter ihren Handflächen hämmerte und wie sie selbst immer schneller atmete, denn plötzlich erinnerte sie sich an das, was in jener Nacht auf dem Friedhof von Oak Grove geschehen war. Wie sie zu ihm gegangen war, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern. Wie sie sich ohne jede Hemmung vor ihm entkleidet hatte.
    Er fuhr mit den Fingern durch ihre Haare, löste sich ein kleines Stück von ihr und blickte auf sie hinunter.
    „Beantwortet das deine Frage?“
    „Ja“, erwiderte sie mit bebender Stimme. Und auf sehr beredte Weise.
    Wie sich herausstellte, war Hayden doch nicht so frei und ungebunden. Nach einem Anruf aus seiner Kanzlei musste er sofort zurück ins Büro, sodass Ree gezwungen war, die Sache mit der Bibliothek von Emerson allein in Angriff zu nehmen. Das Archiv befand sich im Kellergeschoss und bestand aus spärlich beleuchteten und muffig riechenden Räumen mit Regalen, die fast überquollen, und mit zugigen Nischen. Eine der Bibliothekarinnen, die im Obergeschoss arbeiteten, hatte Ree vage beschrieben, wo sie die Oak-Grove-Dokumente finden würde, doch hier unten herrschte ein solches Durcheinander, dass es wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen war.
    Ree schimpfte frustriert vor sich hin, als ein Mann hinter einem der Regale hervorsprang und ihr ein strenges Pssst! zuzischte.
    „Tut mir leid. Ich versuche, leise zu sein.“
    „Es ist nicht wegen mir, es ist wegen den

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