Die Verlobte des Prinzen
dem Weg zum Wagen hakte Jennifer sich bei ihrer Schwester unter. „Lass mich mal den Ring sehen …“, sagte sie aufgeregt.
Duarte drehte sich zu seinem Bruder um. Antonio, sonst immer guter Laune, wirkte angespannt.
Duarte nahm die Autoschlüssel, die sein jüngerer Bruder ihm entgegenhielt. „Hat sich sein Zustand verändert?“
„Das Fieber ist zurückgegangen, und er kann wieder leichter atmen.“ Antonio setzte sich auf den Beifahrersitz. „Aber das Hauptproblem, seine Leber, ist noch nicht gelöst.“
Duarte ließ den Motor an. „Hat er schon mal über eine Transplantation nachgedacht?“
„Ein heikles Thema. Zum einen müsste er dafür aufs Festland fliegen, zum anderen sind sich seine Ärzte nicht sicher, ob er ein geeigneter Kandidat ist.“
„Also können wir nichts weiter tun, als darauf warten, dass er stirbt?“ Was war aus seinem Vater, dem Kämpfer, geworden? „Das finde ich schrecklich.“
„Vielleicht können wir ihn ja noch überreden. Allerdings müsste man ja auch erst einmal einen Spender finden. Die Chancen steigen erheblich, wenn der Spender dem Empfänger möglichst ähnelt.“
„Das heißt, wir sollten uns testen lassen. Vielleicht kann einer von uns einen Leberlappen spenden“, meinte Duarte, ohne zu zögern.
„Das will er nicht, weil er uns keiner Gefahr aussetzen möchte.“ Antonio starrte hinaus aufs Meer. Während Duarte als Jugendlicher das Laufen benutzt hatte, um seinen Frust abzubauen, hatte sich der Jüngste der Medinas zum Wasser hingezogen gefühlt und war Surfen gegangen.
„Er ist so verdammt stur.“
Antonio drehte sich zu ihm herum und grinste. „Das musst du gerade sagen. Mich überrascht es, dass du tatsächlich den Nerv hast, Kate Harper herzubringen. Und dass du ihr den Ring unserer Mutter gegeben hast. Du verzeihst doch sonst nicht so leicht.“
Bevor Duarte darauf antworten konnte, hatten sie das Krankenhaus erreicht. Die Klinik war gut versorgt mit Ärzten und Schwestern, die sich um die Einwohner der Insel kümmerten. Die meisten von ihnen kamen aus San Rinaldo oder waren Verwandte der Flüchtlinge.
Antonio deutete auf die richtige Tür, obwohl Duarte an den beiden schwer bewaffneten Posten, die davor standen, sofort erkannt hatte, dass es sich um das Zimmer seines Vaters handelte. Er wappnete sich und betrat den Raum.
Der ehemalige König lag in einem Einzelzimmer, hatte aber ansonsten keine weiteren Vergünstigungen verlangt. Wie jedes andere Krankenhauszimmer wirkte der Raum steril. Lediglich ein Stuhl, ein Rolltablett, ein Computer und ein Bett standen darin.
Enrique Medina trug einen dunklen Pyjama und einen Dreitagebart. Allein diese Tatsache verriet Duarte, wie krank der alte Herr war.
Außerdem hatte er reichlich Gewicht verloren, seit Duartes letztem Besuch. Er war im Mai mit seiner Halbschwester Eloisa hier gewesen. Ihr erster Besuch auf der Insel seit ihrer Kindheit. Sein Vater hatte in letzter Zeit immense Anstrengungen unternommen, um sich mit seinen Kindern auszusöhnen.
Ein Seufzer entrang sich Enriques Brust, und er rückte die Plastikschläuche zurecht, die ihm Sauerstoff durch die Nase zuführten. „Danke, dass du gekommen bist, mi hijo .“
Mein Sohn .
„Selbstverständlich.“ Da Umarmungen nichts für die Medinas waren, trat er ans Bett und drückte seinem Vater kurz die Schulter. Verdammt, nichts als Haut und Knochen. „Antonio hat erzählt, dass die Behandlung bei dir gut anschlägt. Wann lässt du dir eine neue Leber einpflanzen?“
Stirnrunzelnd sah Enrique von einem Sohn zum anderen. „Seit wann bist du so eine Nervensäge wie dein Bruder?“
Antonio drehte sich auf dem Absatz um. „Ich glaube, die Wachen haben mich gerufen.“
Als die Tür sich hinter ihm schloss, beharrte Duarte: „Wie ich sehe, bist du noch so stur wie immer. Ich hätte allerdings nicht erwartet, dass du aufhörst zu kämpfen.“
„Ich lebe noch, oder nicht? Meine Ärzte hatten mich schon vor Monaten aufgegeben.“ Enrique machte eine abfällige Handbewegung. „Doch genug von meinen Krankheiten. Ich habe keine Lust, darüber zu reden. Ich will mehr über deine Verlobte wissen.“
Duarte ließ sich auf den Stuhl fallen. „Ach so, du hast extra so lange durchgehalten, damit du sie kennenlernen kannst?“
„Wenn einer von euch mir ein Enkelkind verspricht, könntet ihr sogar neun Monate aus mir herausschinden.“
„Es ist unfair, deine Sterblichkeit auf unseren Schultern abzuladen.“
„Da hast du recht“, meinte Enrique.
Weitere Kostenlose Bücher