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Die verlorene Ehre der Katharina Blum

Die verlorene Ehre der Katharina Blum

Titel: Die verlorene Ehre der Katharina Blum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Böll
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Mittwoch bekanntgeworden waren. »So
    was am Anfang der frohen Tage, und Stimmung und Geschäft sind hin. Wenn
    herauskommt, daß Verkleidungen zu kriminellen Taten mißbraucht werden, ist
    die Stimmung sofort hin und das Geschäft versaut. Das sind echte Sakrilege.
    Ausgelassenheit und Frohsinn brauchen Vertrauen, das ist ihre Basis.«
    6.
    Ziemlich merkwürdig verhielt sich die ZEITUNG, nachdem die beiden Morde
    an ihren Journalisten bekannt wurden. Irrsinnige Aufregung! Schlagzeilen.
    Titelblätter. Sonderausgaben. Todesanzeigen überdimensionalen Ausmaßes. Als
    ob – wenn schon auf der Welt geschossen wird – der Mord an einem Journalisten
    etwas Besonderes wäre, wichtiger etwa als der Mord an einem Bankdirektor,
    -angestellten oder -räuber. Diese Tatsache der Über-Aufmerksamkeit der
    Presse muß hier vermerkt werden, weil nicht nur die ZEITUNG, auch andere
    Zeitungen tatsächlich den Mord an einem Journalisten als etwas besonders
    Schlimmes, Schreckliches, fast Feierliches, man könnte fast sagen wie einen
    Ritualmord behandelten. Es wurde sogar von »Opfer seines Berufes« gesprochen,
    und natürlich hielt die ZEITUNG selbst hartnäckig an der Version fest, auch
    Schönner wäre ein Opfer der Blum, und wenn man auch zugeben muß, daß
    Tötges wahrscheinlich nicht erschossen worden wäre, wäre er nicht Journalist
    geworden (sondern etwa Schuhmacher oder Bäcker), so hätte man doch
    herauszufinden versuchen sollen, ob man nicht besser von beruflich bedingtem
    Tod hätte sprechen müssen, denn es wird ja noch geklärt werden, warum eine
    so kluge und fast kühle Person wie die Blum den Mord nicht nur plante, auch
    ausführte und im entscheidenden, von ihr herbeigeführten Augenblick nicht nur
    zur Pistole griff, sondern diese auch in Tätigkeit setzte.
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    Heinrich Böll
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    7.
    Gehen wir von diesem äußerst niedrigen Niveau sofort wieder auf höhere
    Ebenen. Weg mit dem Blut. Vergessen sein soll die Aufregung der Presse. Die
    Wohnung der Katharina Blum ist inzwischen gesäubert, die unbrauchbar
    gewordenen Teppiche sind auf dem Abfall gelandet, die Möbel abgewischt und
    zurechtgerückt, das alles auf Kosten und Veranlassung von Dr. Blorna, der sich
    dazu durch seinen Freund Hach bevollmächtigen ließ, wenn auch noch lange
    nicht sicher ist, daß Blorna der Vermögensverwalter sein wird.
    Immerhin hat diese Katharina Blum innerhalb von fünf Jahren in eine
    Eigentumswohnung im Wert von insgesamt einhunderttausend Mark
    siebzigtausend bar investiert, es gibt da also – wie ihr Bruder, der zur Zeit
    eine geringfügige Freiheitsstrafe abbüßt – es ausdrückte, was »Handfestes
    abzustauben«. Aber wer käme dann für die Zinsen und die Amortisation der
    restlichen dreißigtausend Mark auf, und wenn man auch eine nicht unerhebliche
    Wertsteigerung einkalkulieren muß. Es bleiben nicht nur Akt- auch Passiva.
    Tötges immerhin ist längst beerdigt (mit einem unangemessenen Aufwand,
    wie manche Leute festgestellt haben). Schönners Tod und Beerdigung sind
    merkwürdigerweise nicht mit solcher Aufmachung und Aufmerksamkeit
    betrieben und bemerkt worden. Warum wohl? Weil er kein »Opfer seines
    Berufes« war, sondern wahrscheinlicher das Opfer eines Eifersuchtsdramas?
    Das Scheichkostüm ist in der Asservatenkammer, auch die Pistole (eine
    ), über deren Herkunft nur Blorna Bescheid weiß, während Polizei und
    Staatsanwaltschaft sic h vergeblich bemüht haben, dies herauszufinden.
    8.
    Die Recherchen über die Aktivitäten der Blum während der fraglichen vier
    Tage ließen sich für die ersten Tage gut an, stockten erst, als es den Sonntag zu
    erkunden galt.
    Blorna selbst hatte Katharina Blum am Mittwochnachmittag zwei volle
    Wochenlöhne in Höhe von je  DM ausgezahlt, einen für die laufende Woche,
    den zweiten für die folgende Woche, da er selbst am Mittwochnachmittag mit
    seiner Frau in den Winterurlaub fuhr. Katharina hatte den Blornas nicht nur
    versprochen, sondern geradezu geschworen, daß sie endlich einmal Urlaub
    machen und sich über Karneval amüsieren wolle und nicht, wie in all den Jahren
    davor, ins Saisongeschäft gehen würde. Sie hatte den Blornas freudig mitgeteilt,
    daß sie für den Abend zu einem privaten kleinen Hausball bei ihrer Patentante,
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    Freundin und Vertrauten Else Woltersheim eingeladen sei und sich sehr darauf
    freue, sie habe so lange keine Gelegenheit mehr

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