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Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition)

Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Martin
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aus der Anrichte, einem schweren Gründerzeitmöbel, das laut Ludwig noch aus den Zeiten seiner geliebten Tante Luisa stammte, und goss einen Kräutertee auf.
    »Wenn ich mir vorstelle, wer hier schon alles gelebt hat.« Johanne seufzte. »Alles Vorfahren von dir, ja?«
    Claire nickte. Der Brief an ihre Mutter fiel ihr plötzlich ein, an dem sie tagelang herumformuliert und den sie heute Morgen auf der Post aufgegeben hatte.
    Johanne schüttelte nachdenklich den Kopf.
    »Weißt du, was mir Sorgen macht, mein Bruder gibt zu viel Geld aus, meine Mutter und mein Vater verbergen auch etwas vor mir … Ich glaube inzwischen, auch wenn du erklären könntest, warum Friederike so dunkel ist … Es wäre ihnen gleich. Sie wollen die Scheidung, und wenn das nicht geht …« Sie schaute ihre Freundin ernst an. »Bitte, pass auf dich auf, ja? Sag ihnen noch nicht, wo du bist, das wäre nicht gut. Sag am besten niemandem, wo du bist.«
    Claire hatte nicht erwartet, dass sie Entspannung in körperlicher Arbeit finden könnte, aber sie tat es. Während sie Ludwig bei der Arbeit in den Weinbergen half, schlief Friederike in ihrem Körbchen am Wegesrand. Manchmal kamen Nachbarn vorbei und redeten mit ihnen. Manchmal ging Ludwig mit einem alten Freund ein Remischen trinken. Manchmal kamen jüngere Mädchen, spielten mit Friederike, herzten und küssten sie. Auf Weinfesten trank man den Wein des Vorjahres, um Platz für den neuen zu machen. Einmal ließ Ludwig ein Bild von Claire in dem besten Kleid machen, das sie mitgebracht hatte und nur sonntags trug.
    »Damit ich eine Erinnerung habe«, sagte er.
    Es war ein einfaches, aber herzliches Leben. Ein Leben ohne feine Kleidung und Konversation, und Claire hätte beinahe gelacht, als Ludwig eines Tages seinen besten Anzug anzog und sie in ein Café einlud. Ein Mädchen namens Ilse, ein paar Jahre jünger als Claire, passte auf Friederike auf.
    Ludwig war gesprächiger als sonst an diesem Tag. Er erzählte ihr Geschichten über das Haus, erzählte von seiner Lieblingstante Luisa, die man »die Schwarze« genannt habe, auch wenn er nicht recht wusste weswegen. Manch mal musste er sich anstrengen, sich zu erinnern. Manches lag in einer Zeit, in der er selbst noch jung gewesen war. Manches kannte er nur vom Hörensagen. Claire hörte zu und wartete, wartete auf das, was vielleicht eine Erklärung war für das, was ihr heute widerfuhr.

V iertes Kapitel
    Und dann war es vorbei. Claire hatte immer gewusst, dass die Tage auf Ludwigs Gut in absehbarer Zeit ihr Ende finden würden, und doch traf es sie unvorbereitet. Die Tasse, die sie eben noch zum Abtrocknen in der Hand gehalten hatte, schmetterte zu Boden, das Geschirrtuch entglitt ihr. Wie oft hatte sie hier am Küchenfenster gestanden und den Weg im Blick gehabt. Wie oft hatte sie sich vor dem gefürchtet, was nun passierte.
    Drei Männer standen dort draußen, ihr Mann, der blonde, große Wilhelm, und zwei, die sie als seine Freunde kannte. Eben beugte Wilhelm sich über Friederike, die draußen in ihrem Kinderwagen schlief. Einer der anderen Männer sagte etwas zu ihm, gleich darauf sahen sie alle zum Haus hin. Im nächsten Moment hatten sie Claire hinter der Scheibe entdeckt.
    Mein Mann, dachte Claire und zuckte zusammen, mein Mann.
    Ihr wurde flau im Magen. Sie war fortgelaufen und fühlte sich nun wie ein Wild, das vom Jäger und seinen Hunden aufgespürt worden war. Ludwig war im Weinberg, zu weit weg, um ihr zu helfen, und was der alte Mann angesichts der hier anwesenden kräftigen jungen Männer ausrichten konnte, war ohnehin fraglich.
    Claire machte einen großen Schritt über die Scherben der Tasse hinweg, wischte sich die Hände an der Schürze trocken. Sie hatte den Flur gerade erreicht, als es schon an der Haustür pochte.
    »Ich komme«, rief sie mit zittriger Stimme.
    Sie öffnete. Drei Männer starrten sie an. Wilhelm hielt die mittlerweile kläglich weinende Friederike auf dem Arm.
    Claire streckte unwillkürlich die Arme zu ihr hin. Einer der Männer, ein dunkelhaariger mit zu kleinen Augen und einer Nase, die er sich einmal gebrochen haben musste, hinderte sie daran.
    »Guten Tag, liebes Eheweib«, sagte Wilhelm.
    Claire gab keine Antwort. Noch einmal versuchte sie, zu ihrer Tochter zu gelangen. Wieder wurde sie daran gehindert.
    »Franz wird dich begleiten, damit du deine Sachen packen kannst«, fuhr Wilhelm sehr ruhig fort. »Wir wollen gleich los.«
    »Und wenn ich mich weigere mitzukommen?«
    Wilhelm lächelte. »Du

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