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Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition)

Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Martin
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Feier zurückgekehrt? Der Vater? Aber warum? Keines der Tiere war trächtig, dies konnte also nicht der Grund sein, und dann hörten sie erneut die Stimmen zweier Män ner, leiser diesmal, aber doch deutlich vernehmbar.
    Gianluca, fuhr es Helene durch den Kopf, Gianluca ist zurückgekommen. Würde er die Schwester jetzt mitnehmen wollen? Würde er verlangen zu wissen, was mit seinem Kind geschehen war?
    Vorübergehend konnte Helene keinen klaren Gedanken fassen, in einem unfasslichen Durcheinander strömte alles auf sie ein.
    Aus dem Stall drang nun deutlich die Stimme des Vaters. Er war also früher zurückgekommen.
    Inzwischen hatten beide Schwestern den Eingang des Stalls erreicht. Im Feuerschein einer Fackel konnten sie zwei Männer ausmachen.
    Gianluca. Es war tatsächlich Gianluca. Helene blieb ste hen, unfähig, der Szenerie auf den ersten Blick eine Be deutung zu geben. Der Vater hielt eine Sense in der Hand, Gianluca hatte sich gegen die Wand zurückgezogen. Helene öffnete den Mund, doch es war Marianne, die aufschrie: »Gianluca!«
    Sofort sahen beide Männer zu ihr hin. Marianne zögerte nicht und stürzte sich zwischen den Geliebten und ihren Vater. Der Fackelschein gab ihrem Aussehen etwas Wildes, das gelöste Haar umrahmte ihr Gesicht wie Feuerzungen, das Nachthemd umspielte ihren wieder schlanken Körper.
    »Was tust du da, Vater, was willst du mit der Sense? Das ist Gianluca, du kennst ihn doch! Du weißt doch, dass ich ihn liebe. Ich liebe ihn, Vater!«
    Valentins Ausdruck verdüsterte sich. Er trat einen Schritt zur Seite, um Gianluca erneut fest in den Blick zu nehmen. Es war dieser Moment, in dem Helene erstmals das Loch im Boden gewahrte und sich an die kleine Kammer erinnerte, die der Vater vor nicht allzu langer Zeit für Notfälle dort hatte anlegen lassen, für schlechte Zei ten, durchziehende Kriegstruppen, Franzosen. Davon hatte es in dieser Gegend weiß Gott immer genug gegeben. Marianne stand links neben der Öffnung.
    Zu dicht, dachte Helene, viel zu dicht.
    »Vater, bitte«, bemühte sich die Ältere wieder. »Gianluca ist gekommen, um mich zu holen. Ich habe immer gewusst, dass er kommen würde.« Sie warf Gianluca einen Blick zu, der Helene die Brust schier zusammenschnürte. »Bitte, lass mich jetzt gehen.«
    Der Vater schüttelte den Kopf. »Du wirst nirgendwo hingehen, Marianne, und dieser Mann dort verschwindet, bevor ich mich vergesse. Fordere es nicht heraus, denn ich werde das tun, was nötig ist, um unsere Familie zu schützen!«
    »Vor was schützen?« Marianne klang wütend. »Vor Men schen, die sich lieben?«
    Sie hat immer noch nicht verstanden, worum es geht, schoss es Helene durch den Kopf. Sie hat immer noch nicht verstanden, dass es mehr gibt als die eigenen Bedürfnisse. Es war an der Zeit, wieder vernünftig zu sein. Vernunft versprach Sicherheit. Sie trat einen Schritt vor.
    »Gianluca«, sagte sie und stellte sich an die Seite des Vaters, »es ist wirklich besser, wenn du jetzt gehst.«
    Der junge Mann verschränkte die Arme. »Nein, ich lasse Marianne nicht alleine, nicht noch einmal. Ich will sie nicht noch einmal verlieren.«
    »Hier wird niemand alleingelassen«, fuhr Valentin auf. »Sie ist meine Tochter, sie hat mir zu gehorchen.«
    Helene sah den jungen Italiener flehend an. »Bitte geh, geh zuerst einmal«, versuchte sie es erneut, »unsere Gemüter sind viel zu aufgewühlt. Morgen ist auch noch ein Tag. Geh jetzt, bitte!«
    Gianluca zeigte keine Regung, doch dann, sie hatte schon nicht mehr daran glauben wollen, nickte er langsam.
    »Unsere Gemüter sind erhitzt«, sagte er, »du hast recht, aber ich komme morgen wieder.«
    Er schaute Marianne so liebevoll an, dass Helene ihr am liebsten mit ausgefahrenen Krallen ins Gesicht gesprungen wäre. Der Gedanke verstörte sie. Als Gianluca zur Tür hinaus war, atmete sie tief durch. Marianne stand reglos, wie sie überhaupt in den letzten Minuten sehr ruhig gewirkt hatte. Zu ruhig vielleicht.
    »Lass uns zu Bett gehen«, sagte Valentin endlich und strich seiner jüngeren Tochter abwesend über den Arm. »Es ist gut, dass du ihn fortgeschickt hast. Morgen werde ich ihn anklagen. Ich werde ihn verhaften lassen.« Er schaute jetzt zu Marianne hin. »Ich werde endlich dafür sorgen, dass du ihn ganz sicher nie wiedersiehst.«
    Er wandte sich zur Tür. Marianne räusperte sich.
    »Ich werde ihn aber nicht vergessen, ich werde immer auf ihn warten, und eines Tages, früher oder später, werde ich dich verlassen. Du

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