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Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition)

Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Martin
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hätte ich ausgerechnet ihnen helfen sollen«, sagte sie dann unvermittelt, »sie haben doch alle nichts für mich getan.«
    Claire sagte nichts darauf. Auf ihre Mutter konnte sie sich nicht verlassen, das wusste sie nun. Vielleicht würde es Aurelia beim nächsten Mal zulassen, dass man sie mitnahm und zur Behandlung in Dr. Sartorius’ Privatklinik steckte.
    Ein Gedanke reifte heran, vage erst und kaum greifbar.
    Ich muss weg, schoss es ihr durch den Kopf, aber wie nur, wie soll das gelingen?
    Sie setzte sich auf einen der Küchenstühle und begann ziellos in der vor ihr liegenden Frankfurter Zeitung zu blättern.

Z ehntes Kapitel
    Zum ersten Mal seit Langem trafen Johanne und Claire sich auf dem Hauptfriedhof. Wenn es hoch herging, hatten sie beide schon oft den Frieden hier genossen. Claire war zuerst am vereinbarten Treffpunkt, Johanne tauchte wenig später auf. Ohne zu zögern fielen sie einander in die Arme.
    »Sie wollen mich in ein Sanatorium sperren lassen, die Ehe auflösen … mir meine Tochter nehmen …«, platzte Claire nach wenigen Schritten heraus. »Sie wollen mir nachweisen, dass ich unfähig bin, unfähig, eine Ehe zu führen, unfähig, ein Kind aufzuziehen.«
    »Und sie haben momentan alle Trümpfe in der Hand«, bemerkte Johanne.
    »Ja.« Claire wandte sich kurz ab und kämpfte mit den Tränen. Dann holte sie tief Luft. »Deshalb muss ich weg. Ich muss hier weg, bis ich einen besseren Stand habe, bis ich beweisen kann, dass die Vorwürfe falsch sind, dass …«
    »Wie meinst du das, weg?«, unterbrach sie Johanne.
    Claire kramte nach einem Stück Papier in ihrer Handtasche, einer sorgfältig ausgeschnittenen Anzeige, die sie der Freundin überreichte. »Ich habe lange darüber nachgedacht.«
    »Australien?«, entfuhr es Johanne wenige Sekunden später. »Das andere Ende der Welt? Meine Güte, Claire, denkst du nicht, es wird schwer sein, deine Interessen von dort aus …«
    »Im Moment habe ich den Eindruck, ich könnte nicht weit genug fortgehen. Siehst du, dort werden Arbeitskräfte gesucht. Ich werde mir eine neue Existenz aufbauen. Ich kann nicht darauf warten, dass sie mich hier auf im mer einsperren lassen. Dann nütze ich meiner Tochter auch nichts, verstehst du?«
    Johanne hatte inzwischen eine Zigarette angezündet und zog nun heftig daran, ein deutliches Zeichen, dass auch sie nervös war.
    »Ich werde mir dort ein neues Leben aufbauen«, wiederholte Claire mit zitternder Stimme, »und zeigen, dass ich würdig bin, meine Tochter zu erziehen.«
    »Ach, Claire, du weißt, ich bin sonst für alles zu haben, aber das klingt mir doch reichlich naiv. Es ist wirklich ein weiter Weg von Australien bis hierher.«
    »Ich weiß, Johanne, glaub mir, ich weiß das, aber …«
    Claire stiegen jetzt doch die Tränen in die Augen, sie wischte sie mit der Hand fort.
    Johanne strich über ihren Rücken. »Aber ich bin doch auf deiner Seite, Kleines, ich bin auf deiner Seite.« Sie kramte in ihrer Handtasche, zog endlich einen Umschlag heraus. »Meine Mutter hat mir das gegeben. Für Berlin, und damit ich dich verrate. Ich will das aber nicht. Wird das für den Anfang und die Überfahrt reichen?«
    Claire starrte ihre Freundin an, warf dann einen vorsichtigen Blick in den Umschlag.
    »Ja«, sagte sie leise, »allerdings.«
    Die nächsten Tage vergingen mit Reisevorbereitungen und damit, sich zu verstecken. Dr. Sartorius tauchte noch ein-, zweimal auf, dann nicht mehr. Am Morgen der Abreise erwachte Claire früh. Ihre Mutter hatte nur mit den Schultern gezuckt, als sie ihr das Vorhaben geschildert hatte. Als Claire sie zum Abschied umarmen wollte, wandte sie sich ab.
    »Wir konnten nie viel miteinander anfangen, Claire, lass uns jetzt nicht so tun als ob.« Nach kurzem Zögern streckte Aurelia ihrer Tochter doch die Hand hin. »Ich wünsche dir Glück, trotz allem, du wirst es brauchen.«
    »Ich werde dir schreiben, Mama, ja?«
    »Tu das. Du weißt hoffentlich, dass ich eine schlechte Briefeschreiberin bin. Ich konnte mich nie daran gewöhnen …«
    Claire bückte sich, um ihren kleinen Koffer aufzunehmen. Viel war es nicht, was sie mitnahm. In der Tür zögerte sie, doch sie drehte sich nicht noch einmal um, straffte die Schultern und ging die Treppe hinunter.
    Mutter, Bruder, auch der Vater und der Besuch hatten sich im Salon befunden, und es war sicher vollkommener Zufall gewesen, dass sich Johanne in der Nähe der Haustür aufhielt, als Frau Hallhuber den Gast hereinführte. Zuerst hatte Johanne

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