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Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition)

Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Martin
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Tages die Gelegenheit nicht entgehen, eine spitze Bemerkung fallen zu lassen, um den anderen zur Raserei zu verlocken.
    Dass der Sohn jung und kräftig war, ja sogar gut aussehend genannt werden konnte, empfand Valentin mit zunehmendem Alter als Zumutung. Er selbst hatte mit den Jahren beträchtlich an Leibesfülle zugelegt. Sein Gesicht war ständig gerötet, er hatte ein Doppelkinn und geriet immer schneller außer Atem. Christoph so jung, so frisch und voller Ideen zu sehen erinnerte ihn schmerzlich daran, dass sich der eigene Lebensbogen dem Ende zuneigte.
    An diesem Morgen hatten sie einander schon länger als nötig am Frühstückstisch gegenübergesessen, beide wohl wissend, dass sich mit jeder Minute mehr die Gefahr eines lautstarken Streits zwischen ihnen erhöhte. Nun ließ sich Valentin gerade ein zweites Mal den Teller mit Hafergrütze füllen, und Christoph biss krachend in einen Apfel.
    »Ich lasse jeden vom Hof jagen, der etwas von Freiheit und Gleichheit plappert oder sich einem dieser Klubs anschließt«, sagte der Vater nun und schob sich mürrisch einen weiteren Löffel Grütze in den Mund.
    Christoph zuckte die Achseln und lehnte sich dann in seinem Stuhl zurück. »Auch du wirst niemanden, der es wirklich will, davon abhalten können, zum wahren Menschsein heranzureifen, Vater.«
    »Wahres Menschsein?« Valentin musste sich beherrschen, die Hafergrütze in seinem Mund nicht mit einem Lacher herauszuprusten. »Unsere Knechte? Schau sie dir doch an, einfache Gesellen, die sie sind.« Er machte eine kurze Pause, stichelte dann weiter. »Mit ihnen wirst du deine sogenannte neue Welt nicht errichten können.«
    Anstatt eine Antwort zu geben, biss Christoph ein zweites Mal in seinen Apfel. Er durfte sich nicht reizen lassen. Nun, da die Veränderungen, die er sich so innig herbeigewünscht hatte, zum Greifen nahe waren, wollte die Zeit, so schien es ihm, noch langsamer vergehen. Und der Vater hatte recht, auch wenn er dies niemals zugegeben hätte: Wo er auch hinging, mit wem er auch sprach oder diskutierte, überall stieß er auf hinderliche Ängste, Unverständnis und ein Beharren auf dem, was man ohnehin kannte, ganz gleich, wie elend das Leben auch sein mochte. Schenkte er den Worten Jonas Weissgebers Glauben, dann waren die Knechte seines Vaters wirklich froh über ihr einfaches Leben, fürchteten eher, das wenige noch zu verlieren, und waren daher kaum bereit, um das Neue zu kämpfen. Christoph dagegen hatte sich nie vor etwas gefürchtet. Er hatte sich stets sicher gefühlt. Er schob den unangenehmen Gedanken beiseite, dass er sich immer hatte sicher fühlen können .
    Eine Weile hörte er dem Klappern und Schaben des Holzlöffels seines Vaters in dessen irdener Frühstücksschüssel zu.
    »Wenn die Besatzer erst ihr wahres Gesicht zeigen«, brachte der bald zwischen weiteren Löffeln Grütze hervor, »dann wird uns allen noch das Lachen vergehen.«
    »Wirklich?« Christoph hatte genug und stand auf. »Ich habe dich lange nicht mehr lachen gehört, Vater.«
    »Bleib, ich habe dir noch etwas zu sagen.«
    Christoph überlegte, ob er der Aufforderung Folge leisten sollte. Valentin kratzte derweil den letzten Löffel Brei aus der Schüssel und spülte schließlich mit einem großen Becher dünnen Biers nach. Dann räusperte er sich.
    »Du wirst morgen nach Mainz aufbrechen, Onkel Hubertus und Tante Juliane sind nicht mehr die Jüngsten und brauchen gewiss Unterstützung, jetzt, wo sich das welsche Lumpenpack dort breitmacht. Man sagt, die fränkischen Soldaten würden wohl auch in den Bürgerhäusern untergebracht. Ich möchte, dass du nach dem Rechten siehst, bevor die verdammten Franken alles zerstören.«
    Christoph hatte seinen Apfel aufgegessen und ließ das Kerngehäuse auf seinen Teller fallen.
    »Wie du wünschst, Vater.«
    »Glaube nicht, ich wüsste nicht, dass ich dir damit ein Geschenk mache, aber ich werde Onkel Hubertus ausrichten, dass er dich hart rannehmen soll. Es wird ohnehin Zeit, dass du unser Geschäft erlernst.«
    Christoph ließ seine rechte Augenbraue nach oben schießen. »Und für was bitte?«
    Valentin wurde ungeduldig. »Weil auch du dir irgendwann die Flausen aus dem Kopf schlagen wirst. Glaub mir, auch ich weiß, wie es ist, wenn man jung ist. Ich war es auch einmal.«
    »Das bezweifle ich.« Christoph schob seinen Stuhl geräuschvoll an den Tisch. »Wenn du erlaubst, dann gehe ich jetzt packen.«
    »Du fährst ohne uns nach Mainz?«
    Marianne stand die Empörung ins

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