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Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition)

Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Martin
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Queich bald in wilder Flucht. Am 10. April schloss sich der Belagerungsring um Mainz endgültig.
    Christoph war nun allein in Mainz. In den umliegenden Gassen nannte man ihn »den Jakobiner«. Nicht immer klang es freundlich.

Z wölftes Kapitel
    Helene erstarrte. Sie hatte es ihm sagen müssen. Sie hatte es ihm einfach sagen müssen. Noch nie war ihr so gleichgültig gewesen, was in der Welt da draußen passierte. Wichtig war nur, was hier geschah, hier zwischen Anton, Marianne, Gianluca und ihr.
    Deshalb hatte sie Anton hierhergeführt, und sie wusste, dass er sehen konnte, was sie sah, und dass es ihm genauso wehtat. Sie hörte es an seinen Atemzügen, schwer und stoßweise, während sie Marianne und Gianluca vor dem Weinberghäuschen beobachteten.
    Allein der Anblick ließ Übelkeit in ihr aufsteigen. Sie hatte sich so viel Mühe gegeben, die beiden niemals aus den Augen zu lassen, und war doch gescheitert. Mit einem Mal fühlte sie so viel Hass in sich, wie sie es nicht für möglich gehalten hatte.
    Sie zitterte, während sie einen kurzen Blick auf Anton wagte. Er sah bleich aus. Heute Morgen, als sie ihm Mariannes Geheimnis verraten hatte, hatte er gleichmütig reagiert, nun bewegten sich seine Lippen, als könne er doch nicht fassen, was er da sah.
    Und dann, bevor sie sich versehen hatte, stürzte er aus ihrem gemeinsamen Versteck hervor.
    Halt!, wollte Helene rufen, doch zu spät. Es blieb ihr nur noch, ihm zu folgen. Fast im gleichen Moment drehten Marianne und Gianluca sich in die Richtung des Geräuschs.
    »Signor Weidmann«, rief Gianluca überrascht aus, zu einem weiteren Wort kam er nicht. Brüllend warf Anton sich auf ihn, und im nächsten Moment kämpfte Gianluca schon um einen festen Stand. Marianne, die zuerst wie erstarrt gewesen war, warf sich mit einem energischen Aufschrei zwischen die Männer.
    »Zurück, Marianne!«, schrie Anton mit sich überschlagender Stimme. »Ich bringe ihn um, ich bringe ihn um! Dieser Lump hat es nicht anders verdient.«
    Die Fäuste flogen, und mehrere Hiebe trafen jetzt auch Marianne, die sich trotzdem nicht zurückziehen wollte. Stocksteif stand Helene da und verfolgte das Geschehen. Keuchend umtänzelten die Männer einander und versuchten gleichzeitig, Marianne auszuweichen, doch vergebens. Ein neuerlicher Fausthieb traf die Schwester, dieses Mal an der Schläfe. Mit einem Seufzer ging sie zu Boden. Mit neuer Wut wollten Gianluca und Anton aufeinander losstürmen, hielten sich im nächsten Moment umklammert wie zwei Hunde, die sich ineinander verbissen hatten. Helene sah, wie Anton versuchte, seine durchaus kräftigen Hände um Gianlucas Hals zu legen. Der drückte ihn von sich weg. Stöhnend rappelte sich Marianne wieder auf die Knie hoch.
    »Aufhören«, schrie sie, »sofort aufhören!«
    Doch niemand hörte auf sie. Hin und her wogten die Körper der beiden Kämpfer. Mal lösten sie sich voneinander, dann packten sie sich nur noch heftiger. Immer näher kamen sie einem kleinen Abhang mit Trockenmauer.
    Helenes Warnung glich einem Krächzen, das niemand hörte. Marianne weinte inzwischen lauthals. Fest umschlungen schwankten die beiden Kämpfenden am Abhang entlang, bis sie mit einem Mal beide den Halt verloren und gemeinsam abstürzten. Vor Schreck hörte Marianne abrupt auf zu weinen. Vorübergehend waren nur noch die zitternden Atemzüge der Schwestern zu hören.
    Helene war die Erste, die aus der Erstarrung erwachte und zu der Stelle hin rannte. Am Fuß der Mauer lagen Gianluca und Anton, der Italiener oben, Anton unter ihm. Stöhnend begann sich Gianluca eben zu regen, rollte sich von Anton herunter, kam auf die Knie, dann auf die Füße und sah zu Helene hinauf. Die wiederum konnte nur Anton ansehen, der die Augen geschlossen hielt und neben dessen Kopf sich eben eine Blutlache bildete.
    Ich habe ihn getötet, sagte eine Stimme in ihr, ich habe ihn getötet. Es ist meine Schuld.
    Auch als Marianne an ihre Seite trat, konnte Helene sich zuerst nicht regen. Im nächsten Moment hielt Gianluca die Schwester tröstend in seinen Armen.
    »Amore«, konnte Helene ihn hören, » amore! Geht es dir wirklich gut?«
    In der Aufregung klang Gianlucas Tonfall wieder fremdartiger.
    Helene starrte auf den reglosen Anton hinunter.
    Er ist tot, dieser Gedanke ließ sie nicht mehr los. Ich habe ihn umgebracht. Wenn ich nichts gesagt hätte, dann würde er noch leben. Dann würde er jetzt in der Stube bei Vater sitzen und über Politik reden.
    Endlich gab sie sich einen

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