Die verlorene Tochter (Romantik Thriller /Unheimlich) (German Edition)
swegs freute.
"Würden Sie mich bitte entschuldigen?" bat sie. "Julie und ich wollten noch zu den Klippen gehen."
"Natürlich entschuldigen wir Sie, Mistreß Miles", erklärte Jessica spöttisch. "Du hast doch sicher nichts dagegen, Vincent, wenn sich Mistreß Miles ihrer kleinen Tochter widmet."
"Was sollte ich dagegen haben?" Lord Winslow schenkte se iner Sekretärin einen freundlichen Blick. "Aber passen Sie bitte auf, daß Julie nicht zu nahe an die Klippen herangeht. Ich möchte nicht, daß ein Unglück geschieht."
"Julie weiß, daß sie vorsichtig sein muß", sagte Sharon. Sie stieg die Terrassenstufen hinunter und ging quer über den Rasen.
"Nehmen wir Robin mit?" fragte Julie. "Er kann auf uns aufpassen."
"Eine gute Idee." Sharon warf einen kurzen Blick zur Terrasse. Ihr Arbeitgeber und seine Nachbarin waren ins Haus gegangen. Sie hätte zu gerne gewußt, über was die beiden jetzt sprachen. Ob Miß Price Lord Winslow Vorwürfe machte, weil er sie ohne ihr Wissen eingestellt hatte? - Hatte sie überhaupt das Recht dazu? An und für sich sah es nicht aus, als hätte Lord Winslow Jessica einen Platz in seinem Leben eing eräumt.
"Ich kann sie überhaupt nicht leiden."
"Wen, Lovely?"
"Miß Price. Sie ist richtig blöd."
"So etwas darfst du nicht wieder sagen, Julie. Vergiß nicht, Lord Winslow ist mit ihr befreundet."
"Trotzdem ist sie blöd", erklärte das kleine Mädchen. Es löste sich von der Hand seiner Mutter und rannte zum Turm. Vergeblich rüttelte es an der Eingangstür. "Warum ist die Turmtür immer geschlossen?" Julie drehte sich Sharon zu. "Drinnen ist es bestimmt interessant."
"Das glaube ich nicht. Der Turm gleicht mehr einer Ruine."
"Ich würde so gern in ihm herumklettern." Julie seufzte auf. "Ich werde Onkel Vincent fragen, ob er die Tür für uns nicht aufschließen kann."
"Schau nur, die hübschen Steine hier." Sharon wies auf einige große Kiesel, die in der Nähe des Turms lagen. "Wären sie nicht etwas für deine Sammlung?"
"Ich werde sie nachher Onkel Vincent zeigen." Julie bückte sich, um die Steine einzusammeln und in ihre Rocktaschen zu stecken.
Sharon blickte zu den Klippen. Sie rieb sich die Augen. Ganz deutlich sah sie ein kleines Mädchen auf den Felsabsturz zulaufen. Wie Julie hatte es rotblonde Haare, es trug ein helles Kleid und weiße Schuhe. "Sei vorsichtig!" rief sie, als das Kind nahe am Felsabsturz stehenblieb. "Geh nicht weiter."
"Wen siehst du, Mommy?" Julie richtete sich auf. Sie beschattete ihre Augen mit der Hand.
"Das Kind dort. Es..." Sharon blinzelte. Von einem Augenblick zum anderen war die Kleine verschwunden. "Bleib hier, Julie", stieß sie erschrocken hervor, dann rannte sie zu den Klippen. Sie befürchtete, daß die Kleine abgestürzt war, doch als sie auf den Strand hi nunterblickte, sah sie nichts als Felsen und Sand.
Jetzt träume ich schon mit offenen Augen, dachte sie und wandte sich ihrer Tochter zu. "Versprich mir, niemals nahe an den Felsabsturz zu gehen. Das ist sehr gefährlich."
"Das hast du mir doch schon oft gesagt, Mommy", erklärte Julie. "Onkel Vincent will auch nicht, daß ich alleine zu den Klippen laufe." Sie wies auf den schmalen Pfad, der zum Strand hinunter führte. "Ich möchte ans Wasser. Schau, Robin läuft voraus."
"Also, folgen wir ihm." Sharon nahm Julies Hand. Noch immer konnte sie nicht begreifen, daß das kleine Mädchen, das sie ges ehen hatte, sich von einem Moment zum anderen in Luft aufgelöst hatte. Verrückt, dachte sie, einfach verrückt.
10. Kapitel
Es verging kaum noch ein Tag, an dem Jessica Price sich nicht auf Winslow Manor sehen ließ. Sie machte keinen Hehl daraus, was sie von Sharon hielt. Obwohl sie sie freundlich, wenn auch herablassend behandelte, die junge Frau spürte, daß Jessica sie aus tiefstem Herzen haßte. Scheinbar befürchtete sie, Lord Winslow könnte sich in sie verlieben. Sicher sah sie sich längst als künftige Lady Winslow.
Sharon blätterte gedankenverloren in der Chronik. Nach wie vor faszinierte sie die Geschichte der Winslows. Es machte ihr Freude, die Chronik und die Tagebücher in Einklang zu bringen. Sie war überzeugt, daß ihre Arbeit nicht nur für die Winslow so ndern auch für Historiker von Nutzen sein würde.
Doch an diesem Tag konnte sie sich nicht recht auf ihre Arbeit konzentrieren. Lord Winslow zeigte ihr immer deutlicher, wie sehr er sie schätzte. Sie waren längst Freunde geworden, wenngleich sie sich noch immer siezten und sie ihren
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