Die verlorene Tochter (Romantik Thriller /Unheimlich) (German Edition)
Schrei btisch tat. Dann sagte sie sich, daß es sie nichts anging. Auch wenn man sie auf Winslow Manor wie einen geehrten Gast behandelte, sie war nur die Privatsekretärin, nicht mehr und nicht weniger.
Die junge Frau kehrte in ihr Zimmer zurück, ging jedoch nicht sofort zu Bett sondern durchquerte den kleinen Wohnraum, um nach Julie zu sehen. Im Mondlicht sah sie, daß ihre kleine Tochter im Schlaf lächelte. Sie beugte sich über sie und küßte sie auf die Stirn.
Ich habe dich so lieb, dachte sie. Es gibt niemanden, den ich mehr lieben würde als dich. Es fiel ihr schwer, sich vom Bett ihrer Tochter abzuwenden. Sie hatte plötzlich Angst, sie alleine zu lassen, obwohl sie sich ganz sicher war, daß ihr hier keine Gefahr drohte.
Lautlos kehrte Sharon in ihr eigenes Schlafzimmer zurück. Sie war sich plötzlich nicht mehr sicher, ob sie sich den Besuch des kleinen Mädchens nicht doch nur eingebildet hatte. Mit hinter dem Kopf verschränkten Händen lag sie im Bett und dachte noch ei nmal über alles nach. Weshalb hätte das Kind sie warnen sollen? Vor allen Dingen, wovor? - Nein, ihre Phantasie hatte ihr ganz sicher einen Streich gespielt.
Und wenn nicht? Sharon hielt sich für realistisch genug, sich nicht Dinge einzubilden, die nicht existierten. Außerdem hatte sie dieses Kind nicht nur einmal sondern schon mehrmals gesehen, und da war auch noch dieses Lied. Als sie nach Winslow Manor gekommen waren, hatte es Julie nicht gekannt.
Die junge Frau schloß die Augen. Wie in ihrer ersten Nacht auf Winslow Manor sah sie im Traum ihre Tochter auf einen Mann zulaufen. Er stand nahe der Klippen und hatte die Arme ausgebreitet. Julie warf sich in sie hinein. Er hob das kleine Mädchen hoch und wirbelte es herum.
Sharon lächelte im Schlaf. "Steven", flüsterte sie kaum hörbar. "Steven."
14. Kapitel
"Julie, man stützt sich beim Essen nicht mit den Ellbogen auf", ermahnte Lord Winslow das kleine Mädchen freundlich. "So etwas würde eine Lady niemals tun. Außerdem würde sie beim Trinken auch nicht schlürfen."
"Ich weiß, Onkel Vincent." Julie setzte sich anständig hin. "Werde ich wirklich eine Tages eine Lady sein?"
"Aber natürlich", antwortete er und zwinkerte Sharon zu. "Wir werden aus der jungen Dame schon eine Lady machen, nicht wahr, Mistreß Miles?"
Es war nicht das erstemal, daß Lord Winslow versuchte, Julie zu erziehen. Seine Sekretärin war nicht immer damit einversta nden, doch sie wußte, daß er es gut meinte und zudem, daß es Julie auf keinen Fall schaden würde.
"Wenn ich eine Lady bin, werde ich dann einen Prinzen heir aten und Königin?"
"Warum solltest du nicht eines Tages einen Prinzen heiraten, Julie?" antwortete Lord Winslow lachend.
"Sie sollten Julie keine Flausen in den Kopf setzen, Lord Winslow", mahnte Sharon.
"Wer kann in die Zukunft sehen, Mistreß Miles?" Vincent hob die Schultern. "Manchmal wünschte ich, ich könnte es. Aber vie lleicht ist es sogar gut, daß uns Sterblichen dieser Weg verwehrt ist. Es..." Sein Gesicht wurde dunkel. "Hätte ich damals in die Zukunft sehen können, ich hätte nicht zugelassen, daß meine Frau und Viola... Ich sollte nicht so oft daran denken." Er wandte sich wieder Julie zu. "Beeil dich mit dem Frühstück, du mußt gleich zur Schule."
Julie nickte. "Ich freue mich schon so auf die Geburtstagsfeier bei Dennis. Es wird jede Menge Torte geben." Sie griff nach i hrem Milchglas und nahm einen Schluck.
"Gegen elf kommt Mister Donell", wandte sich Lord Winslow an Sharon. "Doch zuvor müssen wir uns noch ausführlich unte rhalten. Es gibt einiges, was ich mit Ihnen klären muß, Mistreß Miles."
"Inwiefern?" fragte Sharon verwundert.
"Später."
John Kelly, der Chauffeur der Winslows, kam, um Julie zur Schule zu bringen. Das kleine Mädchen rutschte von seinem Stuhl und verabschiedete sich. Fröhlich winkte es ihnen zu, als es vor John das Zi mmer verließ.
"Wir sollten etwas mehr auf Julies Umgang achten", meinte Sharons Arbeitgeber, kaum daß sich die Tür hinter dem Chauffeur geschlossen hatte. "Ich will ehrlich sein: mir gefällt es nicht, daß Julie mit den Bartons verkehrt."
"Warum, Lord Winslow?" Seine Sekretärin sah ihn überrascht an. "Ich halte die Bartons für sehr nette Leute. Dennis ist Julies bester Freund. Sie freut sich seit Tagen auf seinen Geburtstag. Soviel ich weiß, wird sie Dennis auch zu ihrem eigenen Geburtstag einladen."
"Für dieses Jahr soll es noch recht sein, doch Julie wird andere Freunde finden.
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