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Die Verlorenen - Die Soldaten in Napoleons Russlandfeldzug

Die Verlorenen - Die Soldaten in Napoleons Russlandfeldzug

Titel: Die Verlorenen - Die Soldaten in Napoleons Russlandfeldzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eckart Klessmann
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Zügellosigkeit; und wenn wir durch ein Dorf kamen, lagen gewöhnlich die Einwohner im Kot auf den Knien und schrien eine Art von Gesang her, der bald uns um Barmherzigkeit, bald den Himmel um Rettung anflehte, und weil es überall derselbe war, für diese Drangsale ausdrücklich gemacht zu sein schien.
    Doch nichts ging über die Verruchtheit der Spanier. Ich entsinne mich, daß, als ich eines Tags an einem Gehöft hinritt, eine ältliche Frau hinter dem Hause durch den Schnee gerannt kam und um Gottes Barmherzigkeit willen um eine Salvegarde bat. Sie war gut gekleidet, schien vom Stand zu sein und blutete im Gesicht und an den Händen. Ich schickte den Hauptmann Langenau mit einem Kommando hinein. Eswar ein Edelhof, und dem Gerät nach schien die Familie sehr anständig eingerichtet zu sein. Langenau fand eine junge hübsche Frau mit entblößter, zerkratzter Brust und blauen Flecken im Gesicht und an den Armen, das Kleid zerrissen. Sie erholte sich nur von einer Ohnmacht und sank in die andre. Die übrigen Bewohner waren in keinem besseren Zustande. Die Leute konnten nur polnisch, er verstand daher nicht, was sie sagten, aber der Augenschein lehrte, es waren Spanier und Franzosen im Hause. Er ließ ohne Zögerung auf die Plünderer losschlagen und befreite die Familie.«
    Der Sieg von Wolkowisk erlaubte es Sachsen und Österreichern, auch weiterhin Brest-Litowsk zu halten, nicht aber Minsk, das die Truppen Tschitschagows am 16. November eroberten, wobei ihnen die randvoll gefüllten Lebensmittelmagazine unversehrt in die Hände fielen, aber leider auch 6000 hilflos zurückgelassene Verwundete, von denen man nie wieder etwas gehört hat. Über die wie immer absolut unmenschlichen Zustände in den hoffnungslos überfüllten Lazaretten sagt von Funck nichts. Husar Theodor Goethe, seit Tagen krank, bat im September in Wlodawa den dortigen Kommandanten um Aufnahme in das Lazarett: »Dieser eröffnete uns jedoch, daß es ganz überfüllt sei, auch die Häuser in der Stadt schon überall mit Kranken belegt wären, wir also weder im Lazarette noch im Orte ein Unterkommen finden könnten, sondern in den vor der Stadt errichteten Lagerhütten, wo sehr viele andere Kranke sich befanden, untergebracht werden müßten. Es wurde daher, nachdem unsere Pferde einigen im dortigen Depot befindlichen Kavalleristen zur Wartung und Pflege übergeben worden waren, auch uns eine solche Hütte angewiesen, die freilich kein geeignetes Obdach für Kranke darbot, da sie etwas luftig erbaut war, mithin gegen die schon kalt gewordenen Nächte nicht schützte. Doch waren wir schon damit zufrieden, in unserer Hütte ein Strohlager zu finden, auf das wir uns hinstrecken und so die nötige Ruhe genießen konnten. Bei den vielen Kranken allerWaffengattungen, die in dem Lazarette und den Häusern lagen, hatten die Ärzte so viel zu tun, daß sie die in den Lagerhütten befindlichen Kranken nur selten besuchen konnten, weshalb wir denn auch nur wenig Arznei bekamen. Übrigens war im Lazarette die Sterblichkeit sehr groß, da an einem darin ausgebrochenen und epidemisch gewordenen bösartigen Nervenfieber (Typhus) viele Menschen starben. Täglich sah ich einige Wagen, mit Toten beladen, nach einem nicht weit von unserer Lagerhütte befindlichen Platz fahren, wo sie ohne weitere Zeremonie in eine große Grube geworfen und dann mit Erde bedeckt wurden. Es war daher gut, daß ich keinen Platz im Lazarette gefunden hatte.«
    Im September befahl Oberst Marcellin de Marbot vom 2. Armeekorps jedem Mann seines berittenen Jäger-Regiments, »sich bis zum 15. September in Besitz eines Schafspelzes zu setzen«. Leutnant Wilhelm von Eberhardt schreibt am 1. November an seine Mutter: »Ich beende diesen Brief im Lager bei Alt-Bergfried, welches ½ Meile von Mitau entfernt liegt, in einer Stube sitzend, in welcher sämtliche Offiziere von unserm und dem Jäger-Bataillon versammelt sind, und an einem Tisch, an dem vier Personen Piquet spielen, einige sich über politische Angelegenheiten streiten, noch andere ihre Abendbrot verzehren, kurz, in einem fabelhaften Trubel.
    Es geht uns aber gut, nur leiden wir viel von der Kälte, besonders in der Nacht. Unsere Unteroffiziere und Soldaten haben jetzt Pelze und Ohrenklappen erhalten; das Geld, welches Du so gütig warst uns zu senden, kam uns daher recht erwünscht, denn wir mußten unsere Kleidungsstücke und besonders die Wäsche wieder vervollständigen. Ich habe noch für zwei Monate Traktament (Löhnung) zu

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