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Die verlorenen Spuren: Roman (German Edition)

Die verlorenen Spuren: Roman (German Edition)

Titel: Die verlorenen Spuren: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Morton
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erklärte, dass es sich bei schwachen Flecken am Himmel in Wahrheit um weit entfernte Galaxien handelte, und dass es den Anschein hatte (»Das ist absolut unglaublich, Lol«), als würde deren Gas keine Rotation aufweisen (»Keine der derzeitigen Theorien kann das erklären«). Sie nickte und tat interessiert, allerdings mit einem schlechten Gewissen, denn im Grunde hörte sie ihm überhaupt nicht richtig zu. Es amüsierte sie, wie seine Worte übereinanderzustolpern schienen, wenn er aufgeregt war, als könnte sein Mund mit dem Tempo seines Gehirns nicht mithalten; wie er nur Atem holte, wenn es unbedingt notwendig war; wie er beim Gestikulieren die Hände öffnete und die langen Finger spreizte, als würde er auf jeder Fingerspitze einen Stern balancieren. Er hatte die Hände ihres Vaters geerbt, dachte Laurel, während sie ihn beobachtete, ebenso seine Wangenknochen und seine sanften Augen. Überhaupt hatte Stephen Nicolsons einziger Sohn viel von seinem Vater. Aber das Lachen hatte Gerry von ihrer Mutter geerbt.
    Er hatte seinen Redefluss unterbrochen und trank in großen Schlucken von seinem Wein. So nervös sie auch sein mochte wegen ihrer Nachforschungen und vor allem wegen des bevorstehenden Gesprächs, das Zusammensein mit Gerry hatte etwas vollkommen Unkompliziertes, das in ihr eine Sehnsucht nach etwas weckte, das sie nicht einmal genau hätte benennen können. Es erinnerte sie daran, wie es einmal zwischen ihnen beiden gewesen war, und sie wollte die Stimmung noch ein bisschen auskosten, ehe sie mit ihrem Geständnis alles verdarb. Sie fragte ihn: »Und was kommt als Nächstes? Was kann mit den Fressgewohnheiten junger Galaxien konkurrieren?«
    »Ich bin dabei, die neueste Landkarte des Universums zu entwerfen.«
    »Man muss sich klare, erreichbare Ziele setzen, das sage ich mir auch immer«, spottete Laurel.
    Gerry grinste. »Das dürfte ein Kinderspiel werden. Ich beziehe nicht das ganze All mit ein, nur den Himmel. Nur fünfhundertsechzig Millionen Sterne, Galaxien und andere Objekte, und fertig ist die Laube.«
    Laurel versuchte gerade, sich diese Zahl vorzustellen, als ihre Pizza kam und der Duft nach Knoblauch und Basilikum sie daran erinnerte, dass sie seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte. Sie verschlang ihre Pizza mit dem Heißhunger einer Teenager-Galaxie und dem Gefühl, noch nie im Leben so etwas Leckeres gegessen zu haben. Gerry fragte sie nach ihrer Arbeit, und Laurel erzählte ihm mit vollem Mund von dem Dokumen tarfilm und der Macbeth -Verfilmung, die sie gerade drehte. »Das heißt, die Dreharbeiten sind zurzeit unterbrochen. Ich habe mir eine kleine Auszeit genommen.«
    Gerry hob eine Hand. »Moment mal – du? Auszeit?«
    »Ja.«
    Er legte den Kopf schief. »Stimmt irgendwas nicht?«
    »Warum fragt mich das neuerdings jeder?«
    »Weil eine Laurel Nicolson sich keine Auszeit nimmt.«
    »Unsinn.«
    Gerry hob die Brauen. »War das ein Witz?«
    »Nein, ich scherze nicht.«
    »Dann muss ich dich darüber in Kenntnis setzen, dass alle empirischen Daten gegen deine Behauptung sprechen.«
    »Empirische Daten?« Laurel schnaubte. »Ich bitte dich. Du musst gerade den Mund aufmachen. Wann hast du dir denn zuletzt eine Auszeit genommen?«
    »Im Juni 1985, wegen Max Seerjays Hochzeit in Bath.«
    »Na also.«
    »Ich hab ja nicht behauptet, ich wäre anders. Wir beide sind aus demselben Holz geschnitzt, wir sind beide mit unserem Job verheiratet. Und deswegen weiß ich, dass irgendwas nicht stimmt.« Er wischte sich den Mund mit seiner Papierserviette ab und lehnte sich mit dem Rücken gegen die anthrazitfarbene Wand. »Du kommst mich unerwartet besuchen, du nimmst dir unerwartet eine Auszeit – das bringt mich zwingend zu der Schlussfolgerung, dass es da eine Verbindung gibt.«
    Laurel seufzte.
    »Ausatmen, um Zeit zu gewinnen. Das reicht mir als Beweis. Willst du mir nicht endlich erzählen, was los ist, Lol?«
    Sie faltete ihre Serviette zur Hälfte und dann noch einmal zur Hälfte. Jetzt oder nie; die ganze Zeit hatte sie sich so sehr ge wünscht, Gerry wäre mit von der Partie – jetzt war der Augenblick gekommen, ihn an Bord zu holen. Sie sagte: »Erinnerst du dich noch, wie du mich mal in London besucht hast? Kurz bevor du hier angefangen hast?«
    Gerry bestätigte die Frage mit einem Zitat aus den Rittern der Kokosnuss : »›Jeder macht mal Fehler, also Schwamm drüber.‹«
    Laurel lächelte. »›Lasst uns nicht darüber streiten, wer eventuell wen umgebracht haben könnte.‹

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