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Die verlorenen Spuren: Roman (German Edition)

Die verlorenen Spuren: Roman (German Edition)

Titel: Die verlorenen Spuren: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Morton
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stehen geblieben und wartete auf ihn vor der Tür eines Backsteingebäudes, das sich von den Nachbarhäusern nur durch ein Messingschild an der Tür unterschied, auf dem stand: Dr. med. M. Tomalin . Sie schaute auf ihre elegante rotgoldene Armbanduhr, die sie wie ein Schmuckstück trug, und ihr dunkles Haar glänzte im Sonnenlicht, als sie sich nach ihm umdrehte. »Ich habe nicht viel Zeit, Mr. …« Sie holte scharf Luft, als sie sich an ihre Abmachung erinnerte. »Also, zumindest Sie haben nicht viel Zeit. Ich bin auch so schon spät genug dran.«
    Jimmy folgte ihr in die Eingangshalle des ehemals hochherrschaftlichen Hauses, die jetzt als Empfang für das Krankenhaus diente. Eine nicht mehr ganz junge Frau, die ihr zinngraues Haar zu einer patriotischen Victory-Rolle hochgesteckt hatte, blickte von einem Schreibtisch mit gedrechselten Beinen auf.
    »Dieser Gentleman hier möchte Nella Brown besuchen«, sagte Vivien.
    Die Frau musterte Jimmy über ihre Halbbrille hinweg. Er lächelte; sie lächelte nicht. Er begriff, dass eine Erklärung von ihm erwartet wurde. Jimmy trat einen Schritt näher an den Schreibtisch. Plötzlich kam er sich vor wie eine Figur aus David Copperfield , wie der kleine Pip, der Sohn des Dorfschmieds, der angesichts einer höherstehenden Person demütig den Kopf senkte. »Ich kenne Nella«, sagte er. »Gewissermaßen. Das heißt, wir haben uns in der Nacht kennengelernt, in der ihre Familie ums Leben gekommen ist. Ich bin Fotograf. Zeitungsfotograf. Ich bin gekommen, um … zu sehen, wie es ihr geht.« Er schwieg verlegen und schaute Vivien an in der Hoffnung, dass sie für ihn bürgen würde, aber das tat sie nicht.
    Irgendwo tickte eine Uhr, über ihnen brummte ein Flugzeug, und schließlich stieß die Empfangsdame einen tiefen Seufzer aus. »Verstehe«, sagte sie, als müsste sie ihn gegen besseres Wissen einlassen. »Ein Fotograf. Für die Zeitung. Wie war noch Ihr Name?«
    »Jimmy«, sagte er mit einem Seitenblick in Viviens Richtung. Sie wandte sich ab. »Jimmy Metcalfe.« Natürlich hätte er lügen können – wahrscheinlich hätte er das sogar tun sollen –, aber es war ihm zu spät eingefallen. Er hatte nicht viel Erfahrung damit, sich zu verstellen. »Ich wollte nur mal sehen, wie es Nella geht.«
    Die Frau schaute ihn mit zusammengepressten Lippen an, dann nickte sie. »Also gut, Mr. Metcalfe, folgen Sie mir. Aber ich warne Sie, ich werde es nicht zulassen, dass Sie mein Krankenhaus oder meine Schutzbefohlenen in Unruhe versetzen. Beim geringsten Anzeichen für Ärger fliegen Sie raus.«
    Jimmy lächelte dankbar. Und ein bisschen ängstlich.
    Sie schob ihren Stuhl ordentlich unter den Schreibtisch, rückte ein goldenes Kreuz zurecht, das an einer Kette um ihren Hals hing, und ging dann, ohne sich noch einmal umzusehen, so zielstrebig die geschwungene Treppe hoch, dass ihm nichts anderes übrig blieb, als ihr zu folgen. Auf halbem Weg nach oben fiel ihm auf, dass Vivien unten geblieben war. Als er sich umdrehte, sah er sie an einer Tür an der hinteren Wand stehen, wo sie vor einem ovalen Spiegel ihre Frisur in Ordnung brachte.
    »Kommen Sie nicht mit?«, fragte er. Er hatte es fast geflüstert, aber in dem Raum mit der gewölbten Decke klang seine Stimme fürchterlich laut.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe zu tun – ich bin mit jemandem verabredet.« Sie errötete. »Gehen Sie, gehen Sie! Ich kann mich jetzt nicht länger um Sie kümmern, ich bin spät dran.«
    Jimmy blieb ungefähr eine Stunde in dem Saal und sah zu, wie die kleinen Mädchen Stepptanz übten, dann ertönte eine Glocke, und Nella sagte: »Mittagessen«, was er als Aufforderung verstand, sich zu verabschieden. Sie ging an seiner Hand den Flur hinunter, und als sie die Treppe erreichten, schaute sie ihn an. »Wann kommst du mich wieder besuchen?«, fragte sie. Jimmy zögerte – so weit hatte er gar nicht gedacht –, aber als er ihr offenes, ernstes Gesicht sah, musste er plötzlich daran denken, wie seine Mutter ihn und seinen Vater verlassen hatte, und dann kam noch eine blitzartige Erkenntnis, zu schnell, um sie zu fassen zu bekommen, aber sie hatte etwas zu tun mit der Unschuld von Kindern, ihrer Bereitschaft, Vertrauen zu schenken, und wie wenig es bedurfte, damit sie einem ihre kleine, warme Hand reichten und darauf bauten, nicht enttäuscht zu werden. Er sagte: »Vielleicht schon bald«, und dann lächelte Nella und winkte und lief glücklich den Flur hinunter zum Speisesaal.
    »Das war genau das

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