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Die verlorenen Welten von Cronus

Die verlorenen Welten von Cronus

Titel: Die verlorenen Welten von Cronus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Kapp
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einen fünf Jahre langen Nonstopflug bedeutet. Und Zeus versuchte, eine Schale von dieser Größe vor dem Rest Solanas zu verbergen…

 
Kapitel 20
     
    Ancors Berechnungen zufolge existierten nicht weniger als einhundertsiebzehn Käfigwelten entlang des Äquators der Boxa-Schale. Ihre Wahl war auf die Käfigwelt gefallen, die der Exis-Speiche am nächsten lag, durch die man Niklas Boxa entführt hatte. Sie verringerten ihre Geschwindigkeit vor dem Einflug in den Kraterrand auf nahezu Null, und der Radar suchte die Region vor ihnen sorgfältig nach Zeus’ Maschinen ab, ohne Ergebnis. Sie näherten sich vorsichtig dem Kraterrand, um die Stärke der Turbulenzen zu sondieren. Wie erwartet stellte ihre Heftigkeit selbst die der Jupiter-Schale in den Schatten, aber ihnen blieb keine Wahl: Die Route durch den Zwischenraum stellte den einzig möglichen Weg zur bewohnten Seite der Schale dar.
    Merkwürdigerweise war der Durchflug einfacher als erwartet. Die Druck- und Temperaturunterschiede waren zwar die extremsten, die sie bisher angetroffen hatten, aber die Regionen, in denen sie auftraten, waren viel kleinräumiger. Ihr Flug glich eher der Fahrt durch kochendes Wasser als dem Schicksal eines Korkens im Sturm. Hinzu kam, daß sie mit mäßiger Geschwindigkeit durch den Kraterrand flogen, und so kam es, daß weder das Schiff noch seine Mannschaft übermäßigen Belastungen ausgesetzt wurden.
    Schließlich schwebten sie in einer festen Position etwa zwei Kilometer über der Käfigwelt, und die Orter nahmen ihre Arbeit auf. Die physikalischen und geophysikalischen Daten bewegten sich im üblichen Rahmen, aber bereits die ersten Aufnahmen von der Oberfläche verrieten ihnen, daß sie keine gewöhnliche Käfigwelt vor sich hatten. Die Landschaft war zugleich fremdartig und wunderschön. Die Natur hatte phantastische Klippen und Felsvorsprünge geschaffen, die in allen Farben des Spektrums glitzerten. Selbst die Wolken, die der Wind in kleine Fetzen riß, hatte ein kosmischer Künstler in Gelb- und Blautöne getaucht.
    Der Computer nahm keine Notiz von der Schönheit und spuckte seitenweise Zahlen zu Luftdruck, zur relativen Luftfeuchtigkeit, zum Taupunkt und dem Anteil von Edelgasen aus, die in ihrer Gesamtheit die praktischen Grundlagen der Umwelt dieser Käfigwelt bildeten. Nachdem Ancor nachgewiesen hatte, daß die Umweltbedingungen am Boden für Menschen erträglich waren, ließ er die Zahlen Zahlen sein und ging zu den anderen in die Beobachtungskuppel, um den Anblick zu genießen. Irgend etwas an dem Bild vor ihnen war unwiderstehlich, aber dennoch wurden nur das menschliche Gehirn und die menschliche Phantasie gefesselt. Maschinen würden niemals solcher Gefühle fähig sein.
    Langsam näherten sie sich der Oberfläche. Staunend registrierten sie die immer neuen Details, die sich herausschälten. Die zerklüfteten Klippen und verwitterten Felsformationen strahlten eine ganz eigene Würde aus. Vor ihren Augen entfaltete sich ein Ergebnis von Zeus’ Launenhaftigkeit. Der Computer hatte die Materialien und Umweltbedingungen so ausgewählt, daß ein Kunstwerk entstand, dessen Wirkung weit mehr als die Summe seiner Teile darstellte. Hätte Zeus sich den Künsten zugewandt oder hätte ein großer Künstler es vermocht, die Kunst des Terraforming zu meistern, wäre er vielleicht zu ähnlichen Ergebnissen gekommen. Doch in der Abwesenheit eines derart genialen Kopfes hatten Wind und Wasser kraft des Zufalls eine so atemberaubende Landschaft erschaffen, deren Bild für immer in ihr Gedächtnis eingebrannt sein würde.
    In seiner Begeisterung hatte Ancor vergessen, wie sonst üblich den Funkverkehr zu überwachen, um daraus Hinweise auf den technischen Stand einer möglichen Käfigwelt-Bevölkerung zu ziehen. Als er sich jetzt an das Funkgerät setzte, stellte er fest, daß nur ein einziger Funkspruch eingegangen war. Eine Frau sang mit großer Eindringlichkeit ein Klagelied, das ihn unwiderstehlich in seinen Bann zog. Gleichzeitig faszinierte ihn die Frage, warum die Bewohner, die offensichtlich Funkgeräte kannten, nur eines in Betrieb hatten. Keiner an Bord der Shellback konnte sich der sonderbaren Faszination dieser Käfigwelt entziehen, so daß der Beschluß zu landen einstimmig fiel.
    Nun mußten sie sich für einen Landeplatz entscheiden. Sie flogen stundenlang über die Oberfläche, ohne auch nur den geringsten Hinweis auf eine Ansiedlung oder Stadt zu finden. Es schien immer wahrscheinlicher, daß die Käfigwelt nur

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