Die Vermessung des Körpers
und als Resultat tritt eine Linderung dieser Symptome ein.
Medizinisch ist das Unsinn, und in der homöopathischen Praxis werden die Wirkstoffe so stark verdünnt, dass in der Flüssigkeit, die am Schluss auf Zuckerpillen aufgebracht wird, kaum noch ein einziges Molekül der ursprünglichen aktiven Substanz zu finden ist. Im Ergebnis sind homöopathische Arzneimittel also exakt dasselbe wie Placebos und können deshalb eine ähnlich gute Wirkung erzielen, indem sie das Gehirn des Patienten glauben lassen, es ginge ihm besser.
Manche Verfechter der Homöopathie wenden ein, es könne kein Placeboeffekt sein, da das Ganze auch bei bestimmten Tierkrankheiten helfe und die Tiere sich die Wirkung wohl kaum einreden könnten, da sie keine Ahnung hätten, was überhaupt geschehe. Hier scheint es drei Faktoren zu geben: Einem Teil der Tiere würde es ohnehin besser gehen, egal, welche Behandlung man anwendete, doch der Halter schreibt dies natürlich den Medikamenten zu. Andere Tierfreunde machen sich selbst weis, dass es ihrem Tier bereits besser ginge (dabei kann man zum Beispiel gar nicht feststellen, wie groß der Schmerz ist, den es verspürt). Schließlich gibt es noch diejenigen, die ein Medikament mit besonderer Fürsorge und Aufmerksamkeit verabreichen, was an sich schon einen positiven Effekt auf das Tier hat.
Dasselbe gilt für viele andere alternative Arzneimittel – ein gutes Beispiel ist die Akupunktur. Es gibt praktisch keine Hinweise darauf, dass die medizinische Wirksamkeit solcher Behandlungen stärker als die eines Placebos ist.
Die Ethik der Placebos
Die interessante Frage ist hier, ob das nun bedeutet, dass alternative Behandlungsmethoden oder die explizite Behandlung mit Placebos abzulehnen sind. Viele Wissenschaftler urteilen etwas vorschnell, solche Methoden seien unethisch. Wenn man ein Placebo (ob man dieses nun als »alternative Medizin« oder »Ersatz für konventionelle Arzneimittel« bezeichnet) wirksam einsetzen will, muss man den Patienten belügen. Es bedarf also einer Täuschung oder Selbsttäuschung.
Die schwierige ethische Frage ist nun, ob es akzeptabel ist, Leute an der Nase herumzuführen, wenn es ihnen dadurch besser geht. Der Placeboeffekt kann sehr stark sein und hat bedeutend weniger Nebenwirkungen als herkömmliche Behandlungsmethoden. Aber lässt sich eine Täuschung rechtfertigen, um damit einen positiven Effekt zu erreichen? Heiligt der Zweck tatsächlich die Mittel?
Vielleicht finden Sie, dass es sich rechtfertigen lasse, solange es kostengünstig bleibt. Schließlich sind viele Medikamente sehr teuer. Da ein Placebo (oder ein homöopathisches Medikament) schließlich nur eine Zuckerpille ist, sollte eine Packung davon eigentlich nur wenige Cent kosten. Damit ließe sich die ansonsten arglistige Täuschung rechtfertigen.
Leider haben Forschungen ergeben, dass teure Placebos besser wirkten als billige, wenn die Patienten über die Kosten im Bilde waren. Man verabreichte Testpersonen zwei verschiedene Placebo-Schmerzmittel, von denen das eine 2,50 Dollar pro Tablette, das andere nur 10 Cent kostete. Dann verpasste man ihnen einen Elektroschock. Die Personen mit den teureren Zuckerpillen erfuhren eine bedeutend bessere Schmerzlinderung.
Es stimmt jedoch sicherlich, dass die mit dem Einsatz von Placebos und alternativer Medizin verbundene Täuschung dann zu rechtfertigen wäre, wenn dies einen eindeutigen Vorteil ohne jegliche Nachteile verspräche. Schließlich hat es auch Fälle gegeben, in denen eine solche Täuschung zu Leiden und Tod geführt hat. Wenn einem Patienten – wie es leider allzu oft geschehen ist – homöopathische oder alternative Arzneimittel als Malariaprophylaxe oder zur »Heilung« von Krebs und anderen lebensbedrohlichen Krankheiten verabreicht werden, kann das nicht nur falsche Hoffnungen wecken, sondern zum Tod des Betroffenen führen. Die Verabreichung solcher Heilmittel, um herkömmliche Medikamente zu vermeiden, kann schreckliche Folgen haben und ist aufs Schärfste zu verurteilen.
Ein Placebo ist ein Mechanismus, der das Hirn irreführt, damit es den Körper beeinflusst. Wie alle Gehirn- und Körperfunktionsweisen hat sich auch dieses Phänomen über viele Generationen entwickelt. Es ist Zeit, zu unserem Spiegel zurückzukehren, den Körper als Ganzes zu betrachten und uns zu fragen, wie er überhaupt hierher gekommen ist.
SPIEGLEIN, SPIEGLEIN
Sehen Sie noch einmal in den Spiegel. Versuchen Sie zu vergessen, dass Sie darin sich selbst
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