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Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing

Titel: Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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Kindermörder herum, und ich weiß wirklich nicht, was Jennys Anwesenheitsliste in der Schule damit zu tun haben soll. Wahrscheinlich war es ein Fremder– irgendein perverser Typ, der sie mit dem Auto mitgenommen hat oder so was.«
    Noch ehe Vickers etwas sagen konnte, antwortete Blake in sarkastischem Tonfall. » Danke für Ihre Ratschläge, Miss Finch. Wir haben in der Tat Beamte im Einsatz, die verschiedenen Ermittlungsansätzen nachgehen. Aber es mag Sie überraschen zu erfahren, dass statistisch gesehen die meisten Morde von Personen verübt werden, die ihre Opfer kennen. Sehr häufig sind die Mörder sogar Familienangehörige.«
    Er wollte niemanden verletzen. Seine Worte waren nicht herablassend gemeint. Er konnte ja nicht wissen, dass es das Falscheste war, was er zu mir sagen konnte.
    » Als hätten die Shepherds nicht schon genug Probleme am Hals, wollen Sie jetzt auch noch sagen, dass sie selbst verdächtigt werden? Ich hoffe nur, dass Sie einen besseren Einstieg in das Gespräch mit ihnen finden als › statistisch gesehen sind Sie es wahrscheinlich gewesen ‹ , ansonsten dürfte es ziemlich schwer werden, ihr Vertrauen zu gewinnen.«
    » Also, es ist so, dass…«, begann Blake, verstummte dann jedoch, als Vickers die Hand ausstreckte und ihm beschwichtigend auf den Arm klopfte.
    » Lassen Sie’s mal gut sein, Andy«, murmelte er. Dann lächelte er mich an. » Wir müssen sämtliche Varianten in Betracht ziehen, Miss Finch. Selbst jene, über die anständige Leute wie Sie nicht gern nachdenken. Dafür werden wir bezahlt.«
    » Sie werden dafür bezahlt, Verbrecher zu finden«, fauchte ich, noch immer außer Fassung. » Und da ich keine Verbrecherin bin, wäre es sehr freundlich, wenn Sie mich endlich nach Hause gehen lassen würden.«
    » Selbstverständlich«, erwiderte Vickers und warf Blake einen wasserblauen Blick zu. » Fahren Sie bitte Miss Finch nach Hause, Andy. Wir treffen uns dann bei den Shepherds. Warten Sie einfach vor dem Haus auf mich.«
    » Nicht nötig«, sagte ich hastig und sprang auf. Das brachte nunmehr mir einen eisigen Blick aus den verwaschen blauen Augen ein. Obwohl Vickers es gut zu verbergen wusste, war er hinter seinem knittrig grauen Äußeren keinesfalls zu unterschätzen.
    » Bei der Lagebesprechung werden Sie nicht viel verpassen, Andy«, sagte er sanft. » Sie wissen ja, was ich denke.«
    Blake fischte seinen Autoschlüssel aus der Tasche und schaute mich gleichgültig an. » Können wir?«
    Ohne zu antworten ging ich zur Tür.
    » Miss Finch?«, rief es hinter mir. Vickers. Der gestandene Kommissar beugte sich über seinen Schreibtisch und schaute mich mit vor Aufrichtigkeit gerunzelter Stirn an. » Miss Finch, bevor Sie gehen, möchte ich Ihnen noch versichern, dass Gewaltverbrechen sehr, sehr selten sind. Die meisten Menschen kommen damit ein Leben lang nicht in Berührung. Bitte fühlen Sie sich durch das, was Sie heute erlebt haben, nicht bedroht. Es bedeutet wirklich nicht, dass Sie um Ihre Sicherheit fürchten müssen.«
    Diese kleine Ansprache hatte er bestimmt schon öfter gehalten. Zum Dank lächelte ich ihn schweigend an. Mir fehlte der Mut, ihm zu erzählen, dass mir die Begegnung mit Gewaltverbrechen in gewisser Weise bestens bekannt war.
    Blake fuhr einen silbergrauen Ford Focus, der am äußersten Ende des Parkplatzes stand. Völlig geschafft ließ ich mich auf den Beifahrersitz fallen. Die Uhr auf dem Armaturenbrett zeigte 21.34 Uhr an, und ich konnte vor lauter Erschöpfung kaum noch die Augen offen halten. Es kam mir vor wie Mitternacht.
    Der Kommissar wühlte im Kofferraum herum. Da er mich dabei nicht im Blick hatte, schaute ich mich ein wenig um. Der Wagen war picobello aufgeräumt. Keine Spur von dem Krempel, der sich in meinem Auto immer ansammelte– kein Papierkram, keine leeren Wasserflaschen, keine Einkaufstüten oder Parkscheine. Der Innenraum war so sauber, als hätten ihn gerade Reinigungsprofis in der Mangel gehabt. Mit Unbehagen schaute ich auf meine Füße und musste feststellen, dass die schlammigen Sohlen meiner Laufschuhe zwei dunkle Abdrücke im zuvor makellos reinen Fußraum hinterlassen hatten. Ich stellte meine Füße vorsichtig wieder ab und zwar haargenau auf den beiden gerade entstandenen Abdrücken, um es nicht noch schlimmer zu machen. Außerdem würde auf diese Weise der Dreck erst wieder sichtbar sein, wenn ich schon ausgestiegen war.
    Es gab nur zwei Dinge, die Rückschlüsse auf den Besitzer des Wagens zuließen: das

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