Die Vernetzung der Welt: Ein Blick in unsere Zukunft (German Edition)
zunehmend auf die Vernetzung angewiesen ist – heute ist nahezu jedes unserer Systeme in der einen oder anderen Form an ein virtuelles Netzwerk angeschlossen –, sind wir darüber hinaus anfällig für Cyberterrorismus. [253] Letzteres trifft sogar auf die schlecht vernetzten Regionen zu, in denen die meisten Terroranschläge verübt werden. Extremisten werden ihre technischen Fertigkeiten ausbauen und virtuelle Strategien entwickeln, um Terroristen anzuwerben und auszubilden sowie um Anschläge vorzubereiten. Außerdem werden sie es sich zunutze machen, dass ihre Anschläge dank der sozialen Netzwerke von einer größeren Öffentlichkeit wahrgenommen werden denn je.
Andererseits macht die Kommunikationstechnologie die Terroristen immer verwundbarer. Obwohl die virtuelle Welt ihnen zahlreiche Vorteile verschafft (zum Beispiel können sie in kleineren, weltweit verstreuten Zellen agieren und ihre Machenschaften besser verbergen), müssen sie nach wie vor in der physischen Welt leben (sie müssen essen und sich an einem Ort aufhalten, von dem aus sie ihre Telefone und Computer benutzen). Gerade deshalb sind sie im Digitalzeitalter anfälliger denn je. In diesem Kapitel werden wir uns ansehen, wie Terroristen mit dem Spagat zwischen der virtuellen und der physischen Welt umgehen, warum sie trotz aller Vorteile unterm Strich mehr Fehler machen und mehr Menschen einbeziehen müssen und weshalb ihr Geschäft mit der Gewalt auch für sie deutlich riskanter wird.
Niemand darf unsichtbar sein
Terroristen werden neue Strategien entwickeln, und die Terrorbekämpfung wird sich darauf einstellen. Die einfache Inhaftierung wird möglicherweise nicht ausreichen, um einem Terrornetzwerk das Handwerk zu legen. Behörden könnten beispielsweise zu dem Schluss kommen, dass nicht vernetzte Bürger ein großes Risiko darstellen. Natürlich wird es auch in Zukunft Menschen geben, die sich der Technologie verweigern und nichts mit virtuellen Profilen, Datenspeicherung und Smartphones zu tun haben wollen. Doch Behörden könnten den Verdacht hegen, dass Menschen, die sich völlig aus der virtuellen Welt ausklinken, etwas zu verbergen haben und sich mit größerer Wahrscheinlichkeit gesetzeswidrig verhalten. Im Rahmen der Terrorbekämpfung könnten sie eine Kartei der «unsichtbaren Menschen» anlegen. Wer weder einem sozialen Onlinenetzwerk angehört noch ein Mobiltelefon hat, ist schwer zu finden und könnte ein Kandidat für eine solche Kartei werden. Er oder sie könnte neuen Regelungen unterworfen werden und müsste zum Beispiel am Flughafen mit einer strengen Überprüfung oder vielleicht sogar mit Reisebeschränkungen rechnen. Nach dem 11 . September 2001 haben wir erlebt, dass selbst Länder mit einer langen rechtsstaatlichen Tradition die bürgerlichen Freiheiten zugunsten der Sicherheit und Überwachung einschränkten. Diese Entwicklung wird sich noch verstärken. Nach einigen erfolgreichen Cyberanschlägen werden die Behörden Argumente haben, um im Namen der Sicherheit weitere Einschnitte zu legitimieren, vor allem in Form einer intensiven staatlichen Überwachung aller Online-Aktivitäten. Der Kollateralschaden dieser Überwachung besteht weniger in der Verfolgung einiger harmloser Einsiedler, sondern vor allem im drohenden staatlichen Missbrauch und in Fehleinschätzungen durch die Internethüter. Dies sind weitere Gründe, warum der Kampf um Privatsphäre und Datenschutz in Zukunft so wichtig sein wird.
Der Konflikt zwischen dem Schutz der Privatsphäre einerseits und der inneren Sicherheit andererseits wird sich in den kommenden Jahren weiter verschärfen. Die Sicherheitsbehörden werden massive und modernste Informationssysteme auffahren, um gefährliche Personen zu lokalisieren, zu überwachen und festzusetzen. Sosehr private Nutzer, Unternehmen und Organisationen für den Schutz der Privatsphäre kämpfen, werden diese Systeme unweigerlich gewaltige Datenmengen über normale Bürger speichern – die Frage ist nur, welche und wo. Heute werden die von den Behörden erhobenen Informationen – Anschrift, Personalausweisnummer, polizeiliche Daten oder Mobilfunkdaten – an unterschiedlichen Orten aufbewahrt und sind oft nicht einmal digitalisiert. Diese getrennte Archivierung sorgt für ein gewisses Maß an Schutz, doch für die Ermittler ist sie ausgesprochen ineffizient.
Das ist die Herausforderung von
Big Data
, vor der Behörden und Institutionen in aller Welt stehen: Wie können Geheimdienste, Militär und
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