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Die Verraeterin

Die Verraeterin

Titel: Die Verraeterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Geissinger
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abergläubisch. Also richtete er sich auf und sprach lauter. Seine Stimme hallte in der Bibliothek wider. »Es ist mir endlich gelungen. Die Zeit ist reif.«
    Er blickte auf und sah, dass Silas ihn ungläubig und fassungslos anstarrte. Der Diener sank auf dem Steinboden auf ein Knie, zog das Goldmedaillon, das er um den Hals trug, aus dem Kragen seiner Robe und küsste es.
    Als Dominus ihn so sah, begann er zu überlegen. »Ich habe Lust zu feiern«, erklärte er, öffnete die versperrte Schublade in seinem Schreibtisch und legte den Bericht aus dem Labor hinein. Einen Moment lang drückte er seine flache Hand auf das Papier. Dann schloss er die Schublade wieder zu. »Hol mir die neue Blondine, die ich letzte Nacht gehabt habe.«
    Noch immer kniend, erwiderte Silas bebend: »Es gelang ihr nicht, Eurer … Eurer Aufmerksamkeit zu widerstehen, Majestät. Sie ist vor einer Stunde in der Krankenstation gestorben.«
    Dominus zog fragend die Augenbrauen hoch. Schweigend betrachtete er seinen Diener.
    »Ich werde einen Ersatz für sie finden«, fuhr Silas fort. »Auf der Stelle.«
    Dominus lächelte in die Dunkelheit hinein. In seinem Inneren schlug er ein Lied des Triumphs an.
    »Hol gleich zwei.« Er dachte erneut an die Vollblut-Ikati – an ihren sinnlichen Körper, ihren exotischen Duft und ihren Geist, der eine überraschende Mischung aus Klugheit, Einsamkeit und Schuldgefühl offenbart hatte. Eine heiße Welle durchlief ihn. »Und suche diesmal Dunkelhaarige«, fügte er lächelnd hinzu.
    Xander hockte auf seinen Fußballen, während er sich mit dem Rücken an die raue Rinde einer Steinkiefer lehnte, die sich auf dem Palatin befand. Hier wuchs Gras, und um ihn herum standen verschiedene Ruinen. Er hatte einen atemberaubenden Blick auf die aufgehende Sonne, die gerade über das Forum und den Circus Maximus unter ihm stieg. Von diesem Punkt aus lag ganz Rom wie ein Festbankett vor ihm ausgebreitet: die sechs anderen berühmten Hügel, der Vatikan, das Kolosseum, die endlosen Kilometer gewundener Straßen und roter Dächer, die antike Aurelianische Mauer, die die Stadt umgab, der sich schlängelnde, grüne Tiber, die umgebende Landschaft und die rauchig violetten Berge in der Ferne.
    Es war ein Anblick, wie er einem König gebührte. Aus genau diesem Grund hatte Xander auch diese Stelle ausgesucht.
    Eine kühle Brise strich ihm durch die Haare, und einen Moment lang schloss er die Augen. Er genoss die Erleichterung, die diese Kühle seiner erhitzten Haut brachte, denn er war schweißgebadet. Seine Handflächen waren voller Blasen und wundgescheuert. Jeder Muskel schmerzte.
    Es war schwere Arbeit, ein Grab zu schaufeln. Schwerer, als er das in Erinnerung hatte.
    Bartleby neben ihm fragte leise: »Alles in Ordnung?«
    Xander warf dem Arzt einen Blick zu. Er war ebenso verschwitzt und zermürbt wie er. Atemlos lehnte er auf seiner Schaufel und sah Xander mit einem Ausdruck echter Besorgnis an. Xander schluckte und schaute weg. »Nein«, gab er ehrlich zu. Er war sich nicht sicher, ob er jemals wieder in Ordnung sein würde.
    Der leise Seufzer des Arztes wurde beinahe vom lauten Kreischen zweier Raben übertönt, die einen Wanderfalken aus ihrem Nest hoch in einem Baum in der Nähe vertrieben. Der alte Mann sackte langsam in sich zusammen, wobei er den Griff der Schaufel festhielt, um nicht zu stürzen. Abrupt kam er laut stöhnend auf dem Gras zu sitzen. Er schien erleichtert zu sein, nicht länger stehen zu müssen. Einige Minuten lang saßen sie beide schweigend da und genossen den Ausblick. Die strahlende, aufgehende Morgensonne erhellte das Stück Gras und Erde, das sich direkt vor ihnen befand und wo inzwischen Julians eingewickelte Überreste in zwei Metern Tiefe lagen.
    »Ich glaube, es würde ihm gefallen«, erklärte Bartleby und sah sich um. Er legte die Schaufel neben die von Xander auf den Rasen zwischen ihnen und klopfte sich dann ein paar Erdkrümel von den Händen.
    Xanders Herz verkrampfte sich in seiner Brust, als sich eine Erinnerung auf quälende Weise durch sein Bewusstsein arbeitete. Der Arzt hatte vor beinahe zwanzig Jahren genau dasselbe gesagt – wobei er nur das Er durch ein Sie ersetzt hatte –, als sie das letzte Mal so etwas gemeinsam hatten tun müssen. Xander hatte nie auch nur ein Detail des Tages vergessen, an dem Esperanza gestorben war, und er nahm an, dass sich auch der heutige Tag für immer in sein Gedächtnis einbrennen würde.
    Tod, wohin er blickte. Verluste, wohin er blickte. Er

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