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Die Verraeterin

Die Verraeterin

Titel: Die Verraeterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Geissinger
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springen, mit ihren langen Armen zu wedeln und gegen die Gitterstäbe der Käfige zu schlagen. Zumindest taten das diejenigen, die noch am Leben waren. Tote Makaken, Schimpansen und Eulenkopfmeerkatzen lagen abgemagert und seltsam menschlich anmutend auf dem Boden der Käfige – so wertlos und vergessen wie die Nachrichten von gestern.
    Xanders Wutschrei drang so tief aus seiner Seele hervor, dass er kaum wusste, was er tat.
    Der Tod war ihm nicht fremd. Er war über so viele Jahre hinweg ein steter Begleiter in seinem Leben gewesen, sodass er schon fast ein Teil von ihm geworden war. Aber Folter … Die Folter von Tausenden von unschuldigen Kreaturen, die so hilflos waren und keinerlei Chance hatten zu entkommen, keine Möglichkeit, ihr Elend und ihre Schmerzen auszudrücken …
    Das war etwas, das er noch nie zuvor gesehen hatte, und es fiel ihm schwer, überhaupt zu begreifen, mit welcher Art von Bösartigkeit er es hier zu tun hatte.
    Das war kein Tierheim. Das war ein Institut für Tierversuche.
    Es diente dazu, dass die Menschen ihre Kosmetik bekamen, ihre parfümierten Seifen, ihre Weichspüler und Trocknertücher, ihre Shampoos. Für all diese Dinge ließen Millionen von Tieren ihr Leben, wurden gequält und gefoltert und waren doch genauso empfindlich und mit einem Bewusstsein ausgestattet wie die, die sie verstümmelten und ihnen all das antaten.
    Xander riss die schwere Metalltür aus den Angeln und schleuderte sie beiseite. Sie knallte mit einem lauten Widerhall gegen die Wand des Korridors. Die Bewegungsmelder im Versuchslabor begannen zu blinken und erhellten den ganzen Schrecken in Technicolor, während Xander wie ein Wahnsinniger durch den Raum raste – brüllend, zerschlagend, blind vor Wut. Schreibtische, Computer und Aktenschränke zerstörte er. Glaskanister, die in einer hohen, offenen Vitrine standen, explodierten. Ein ätzender Regen aus Chemikalien sprühte durchs Labor. Ein Stuhl flog gegen die Vitrine, und eine Gruppe zusammengeschobener Metallwaschbecken und -ablagen, die sich in der Mitte des Raums befanden, verformten sich unter seinen Fäusten.
    Die Affen brüllten und kreischten, die Hunde jaulten, und auch die Kaninchen begannen zu fiepen und zu zucken. Sie versuchten verzweifelt zu fliehen, konnten aber nicht einmal ihre Köpfe drehen, um in Xanders Richtung zu sehen. Die Katzen hingegen hockten mit angelegten Ohren da und stellten die Nackenhaare auf, soweit sie diese noch besaßen. Mit ihren riesigen Augen starrten sie Xander an.
    Schwere Schritte und laute Stimmen im Korridor signalisierten ihm, dass jemand kam. Nicht nur einer, sondern vermutlich eine ganze Horde von Wächtern. Wahrscheinlich waren es sogar dieselben bewaffneten Männer, die Bartleby ins Gebäude geführt hatten. Xander gelang es, sich trotz seines unglaublichen Zorns zu sammeln. Er holte noch ein Handy heraus, das man nicht zurückverfolgen konnte, und machte so viele Fotos wie möglich. Dann schaltete er die Videofunktion an und nahm alles auf, was sich im Labor abspielte.
    »Ihr werdet hier bald rauskommen«, versprach er den schreienden Tieren mit heiserer Stimme. »Ihr müsst nur noch ein bisschen durchhalten.«
    Er steckte das Handy wieder ein und drehte sich gerade rechtzeitig um, um sich drei bewaffneten Wachen gegenüber zu sehen, die unter der Tür auftauchten. Die Männer erstarrten, als sie ihn mitten im Chaos erblickten. Wie Marionetten klappten ihnen vor Schock die Kinnladen herunter.
    »Fermo!« , rief einer von ihnen nach einem Moment verblüfften Schweigens. Er zückte seine .44er-Glock, die er in einem Halfter um die Taille trug. Die anderen folgten seinem Beispiel. »Fermo o spariamo!«
    Stopp oder wir schießen!
    »Dann zeigt mal, was ihr drauf habt, Arschlöcher!«, brüllte Xander außer sich vor Wut. Damit stürzte er sich auf die Männer. Es gelang ihnen, drei Schüsse abzufeuern, ehe sie wie Kegel unter der vollen Wucht seines Gewichts zusammenbrachen. Sie stürzten in einem Wirrwarr aus Armen und Beinen auf den Boden. Einer der Wachen, der laut auf Italienisch fluchte, versuchte, sich aus dem Griff zu befreien, mit dem ihn Xander am Hals gepackt hatte. Doch dieser ließ nicht los, sondern spürte schon bald, wie Knochen, trockenen Zweigen gleich, unter seinen Fingern brachen. Mit offenem Mund blieb der Wachmann liegen. Die anderen beiden versuchten zu fliehen. Sie sprangen auf und feuerten erneut in Xanders Richtung. Doch ohne dass ihm die Kugeln irgendetwas hätten antun können,

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