Die verratene Nacht
sich hatte.
„Wenn wir diese Frau Remington Truth finden“, sagte Lou, der Theos Gedankengänge unterbrach. „Was werden wir denn dann tun?“
„Versuchen mit ihr zu reden. Irgendein Geheimnis muss sie hüten. Etwas, was mit all diesem Durcheinander hier zu tun hat. Warum würde sie sich denn sonst immerzu verstecken oder andauernd wegrennen?“
Aber sie ist jetzt mit den Kopfgeldjägern zusammen unterwegs. Wenn sie sich mit denen verbündet hat und sie das bei sich hat, was die schon über fünfzig Jahre suchen – was auch immer das ist ... dann ist das nicht gut für uns.“
„Ich weiß“, sagte Theo. „Aber wenn sie sich wirklich mit ihnen verbünden wollte, warum hat sie es dann nicht schon vor Jahren gemacht? Mir scheint da etwas faul dran zu sein.“ Er starrte an die Decke des Humvee und stellte fest, dass da bei den Fenstern die Deckenbespannung sich allmählich löste, runterhing wie Spanisches Moos. „Ich sag dir aber eins. Wenn wir Seattle finden, bringe ich den Schweinehund um.“
„Und was ist mit Ian Marck?“, fragte Lou von da, wo er auf dem Rücksitz lag. Er hatte mit dem Argument seines fortgeschrittenen Alters die bequemere Bank für sich belegt.
„Ich weiß nicht, was ich von ihm halten soll. Er hat Jade entführt, und Elliott und mich mit einer Meute Zombies in der Mall eingesperrt, aber er hat keinen von uns beiden getötet, als er uns dabei erwischte, wie wir Jade gerettet haben. Und er hätte es tun können – zumindest mich.“
Lou drehte sich, klang jetzt etwas schläfrig. „Er hat die medizinischen Talente von Elliott gebraucht, aber du hast Recht. Du hättest tot sein können, auch wenn Elliott um dein Leben verhandelt hat. Ich traue ihm nicht über den Weg. Simon übrigens auch nicht.“
„Simon hätte ihn töten sollen, als sich ihm die Gelegenheit bot“, sagte Theo da nur knapp.
„Himmel nochmal, seit wann bist du denn so blutrünstig?“, murmelte Lou. „Geh schlafen.“
Theo verdrehte die Augen. „Du warst derjenige welche, der mit dem Reden angefangen hat.“
Aber Lous Worte bleiben bei ihm hängen, selbst wenn sie nur als Scherz gemeint gewesen waren. Seit wann bist du denn so blutrünstig?
War es das, was Selena sah? Ein Mann, der von der Gewalt lebte und der nur töten wollte?
Ironischerweise war das einzige Mal, dass Theo je einen Mann getötet hatte, während eines Zwischenfalls kurz nach dem Wechsel gewesen, als es Plünderer gab und Leute halb wahnsinnig waren, vor posttraumatischem Stress. Ein Mann hatte eine Gruppe von Leuten angegriffen – keiner wusste eigentlich warum; er war verrückt – und Theo hatte ihn erschossen.
Abgesehen davon und trotz der Tatsache, dass der Lauf der Welt jetzt eher dem Motto „Jeder für sich“ entsprach, hatte er nie ein anderes Leben ausgelöscht. Außer man zählte diese Zombies mit.
Aber er konnte sich immer noch nicht vorstellen diese wilden, primitiven Kreaturen nicht zu erschlagen. Sie waren Missgeburten, die für sich selbst nicht denken konnten und nur darauf versessen waren, ihre zwei Ziele zu erfüllen – zu fressen und Remington Truth zu finden.
Wenn man sie ungehindert laufen ließ, hätte die Menschheit keine Überlebenschance.
Ah, Selena.
Er vermisste sie.
~*~
Am nächsten Morgen wachte Theo auf, kurz bevor die Sonne anfing aufzugehen und schlüpfte aus dem Humvee, um zu sehen, wie nah er an ihre Jagdbeute gelangen konnte.
Nicht dass er geschlafen hätte, aber er hatte wenigstens die Augen für ein kleines Weilchen geschlossen. Dankenswerterweise gab es keinen Laut oder Anzeichen für Ganga, so war die Ruhezeit zumindest auch wirklich erholsam. Er marschierte durch die Wälder und in die Richtung, wo sie das andere Fahrzeug zuletzt gesehen hatten. Lautlos und schnell. Der Geruch von etwas Köstlichem am Kochen führte ihn zu dem Gebäude, wo das andere Fahrzeug abgestellt worden war, und er kam nahe genug ran, um die zwei Leute zu sehen, die in dem alten Laden für Partyzubehör herumliefen.
Als er näher kroch, benutzte er, was auch immer noch von der heller werdenden Dunkelheit übrig war und ein paar alte, rostige Autos als Deckung. Theo und Lou hatten schon längst das Essen verputzt, das Vonnie ihnen mitgegeben hatte, und ernährten sich jetzt von Wildbeeren und Karotten ebenso wie von etwas getrocknetem Wild, und vor zwei Tagen auch von ein paar Fischen.
Er überlegte sich kurz, ein Ablenkungsmanöver zu starten, so dass sie rausgerannt kämen und er sich ihr Frühstück
Weitere Kostenlose Bücher