Die verrückteste Nacht meines Lebens (German Edition)
erklärt er noch mal. »Mit den 318ern. Jedenfalls, ich hab versucht, dein Notizbuch zurückzuholen, aber es war nicht mehr da. Ich glaub aber, ich hab eine Idee, wie wir es wiederkriegen.«
»Was denn für eine Idee?«, frage ich, jetzt noch misstrauischer.
»Sei … sei einfach in einer halben Stunde draußen vor Tylers Haus«, meint er. »Schaffst du das?« Ähm, nur wenn wir voll aufs Gas steigen und total Glück mit dem Verkehr haben und nicht von der Polizei angehalten werden.
»Ja«, sage ich. »Klar.«
»Parkt weiter die Straße runter«, erklärt er. »Wo wir vorhin schon standen, damit dich keiner sieht.«
Und dann legt er auf, ehe ich ihm weitere Fragen stellen oder protestieren oder irgendwas tun kann!
»Was hat er gesagt?«, will Clarice wissen.
»Er meint, ich soll ihn vor Tylers Haus treffen, in einer halben Stunde«, sage ich. »Er hat eine Idee, wie wir das Notizbuch zurückkriegen.«
»Und nimmst du ihm das ab?«, fragt Marissa.
»Ich bin mir nicht sicher«, antworte ich. Doch die Wahrheit ist, ich tue es eben irgendwie doch. Cooper hat mich heute Abend im Grunde in keinem einzigen Punkt belogen. Er hat mir geholfen, obwohl ich ihm gegenüber in manchen Augenblicken total zickig war. Klar könnte das alles Teil des eigentlichen Plans sein, der so aussieht, dass er und die 318er mich so weit bringen, dass ich mich in Sicherheit wiege – nur um dann später die Bombe platzen zu lassen, wenn ich im absolut falschen Moment beschließe, ihnen zu vertrauen. Vielleicht hat Cooper mir die ganze Zeit nur was vorgemacht, wer weiß.
»Und was willst du jetzt tun?«, erkundigt sich Clarice.
Ich zögere. Eigentlich möchte ich mich überhaupt nicht auf Cooper verlassen und ein Teil von mir will die Sache einfach nur aussitzen. Vielleicht halten die 318er das Treffen ja ab, um sich zu überlegen, wie sie mir das Notizbuch zurückgeben. Vielleicht zwingen sie mich noch zu ein paar Dingen, doch letztendlich werden sie sich an den Deal halten. Vermutlich sollte ich mich einfach noch ein bisschen gedulden.
Da piept mein Handy mit einer SMS, und ich schaue aufs Display. Tyler. » LETZTE AUFGABE «, steht da. » KOMM ZU MIR NACH HAUSE, UM COOPER ZU SAGEN, WAS DU WIRKLICH FÜR IHN FÜHLST. «
Okay. Damit wäre die Frage, was wir jetzt tun, ein für alle Mal geklärt.
Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass ich ziemlich viel Wein intus hatte. Als ich das geschrieben habe, meine ich. Das, was in meinem Notizbuch über Cooper und meine Gefühle zu ihm steht. Ich meine natürlich, meine früheren Gefühle. Das war ein paar Tage nachdem wir uns getrennt hatten; ich war total fertig mit der Welt und verbrachte den ganzen Nachmittag heulend in meinem Zimmer.
Später an dem Abend rief ich Kate an, und sie kam den ganzen weiten Weg von Boston mit der U-Bahn gefahren und nahm mich mit zu sich in ihr Wohnheim. Am nächsten Tag schwänzte ich die Schule, und stattdessen verbrachten Kate und ich den ganzen Tag mit essen. Wir zogen von Restaurant zu Restaurant, von Bäckerei zu Bäckerei, von Laden zu Laden. Wir kauften uns Hamburger und Cupcakes und Eis. Wenn wir uns nicht entscheiden konnten zwischen verschiedenen Geschmacksrichtungen oder Gerichten, dann nahmen wir einfach gleich beide und ließen uns den Rest einpacken.
Als der Tag vorbei war, hatten wir zwar Bauchschmerzen, aber trotzdem fühlte ich mich besser. Wir nahmen die U-Bahn zurück nach Hause und saßen auf der Terrasse, tranken Wein und beobachteten den Sonnenuntergang. Kate arbeitete gerade an einem Projekt für die Schule, und ich hatte mein Notizheft rausgeholt und schrieb wild drauflos, voller Angst, dass die Sonne am Horizont versinken und mich im Dunkeln sitzen lassen würde, bevor ich meine Gedanken gänzlich zu Papier gebracht hätte.
Zum allerersten Mal schrieb ich fast so was wie einen Tagebucheintrag. Mein lilafarbenes Notizbuch war bis zu diesem Zeitpunkt nicht viel mehr als eine Auflistung von Dingen gewesen, die ich zwar gern getan hätte, vor denen ich mich aber fürchtete. Überall waren Sachen ausgestrichen und Sätze hingekritzelt in meiner Siebtklässlerhandschrift. Namen von Jungs und von Freunden, mit denen ich keinen Kontakt mehr hatte, füllten die Seiten.
Doch dieses Mal hatte ich das Gefühl, ein bisschen mehr schreiben zu müssen. Irgendwas über Cooper. Ich schrieb also, dass ich, wenn ich ehrlich sein sollte, am liebsten mehr getan hätte, als Cooper einfach nur anzubrüllen und aus dem Haus zu stürmen an jenem Tag.
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