Die verschollene Flotte 04 - Gearys Ehre
wenn er noch lebte, könnte er jetzt nicht als Galionsfigur dienen.« Duellos legte die Stirn in tiefe Falten. »Ihre Feinde benötigen jemanden, den sie aufbauen können, einen Offizier, der angesehen genug ist, um als Alternative zu Ihnen akzeptiert zu werden. Bislang bin ich nicht dahintergekommen, wer das sein könnte, und das macht mir Sorgen.«
»Wir können doch sicher ein paar Kandidaten auflisten«, meinte Geary und war froh darüber, dass sich die Unterhaltung endlich nicht mehr um sein Privatleben drehte.
»Da bin ich mir nicht so sicher. Diese Galionsfigur, die Sie ersetzen soll, muss ja zumindest auch diejenigen ansprechen, die an Sie glauben. Das kann nur jemand sein, von dem nicht bekannt ist, dass er zu Ihren Widersachern gehört. Und er muss ein halbwegs brauchbarer Befehlshaber sein.«
Geary ging im Geist die Liste der Offiziere durch, die er kannte. »Also jemand, dem wir bislang vertraut haben?«
»Auf keinen Fall Tulev oder Cresida. Auch nicht Armus, obwohl wir ihm nicht trauen. Aber er ist wie eine stumpfe Waffe, er redet drauflos und handelt schnörkellos. Er könnte Sie nicht über einen längeren Zeitraum hinweg so gut täuschen. Badaya hat sich in letzter Zeit verstärkt zu Wort gemeldet, doch er ist Ihnen treu ergeben, solange er daran glaubt, dass Sie nach der Rückkehr ins Allianz-Gebiet die Macht an sich reißen werden.«
»Damit bleibt immer noch eine Menge möglicher Kandidaten übrig.«
»Richtig«, stimmte Duellos ihm zu. »Ich arbeite daran und kann nur hoffen, dass wir etwas erfahren, was uns weiter-hilft.«
»Danke. Und ich werde Co-Präsidentin Rione fragen, was ihre Spione herausfinden können.« Als er Duellos Reaktion bemerkte, fragte er: »Vertrauen Sie ihr nicht?«
»Oh, ich vertraue ihr, dass sie das tut, was für die Allianz das Beste ist. Allerdings bin ich mir nicht so sicher, ob das auch wirklich das Beste für die Allianz ist.«
Das war eine berechtigte Sorge. Geary nickte, dann auf einmal kam ihm etwas ins Gedächtnis. »Was ist mit Caligo auf der
Brilliant und mit Kila auf Inspire ?«
Duellos dachte über die Frage nach. »Darf ich fragen, wie Sie ausgerechnet auf diese beiden kommen?«
»Die Erkenntnis, dass keiner von ihnen bislang nennens-wert in Erscheinung getreten ist. Bei der letzten Konferenz hat Kila zum ersten Mal etwas zur Diskussion beigetragen. Und Caligo hat noch gar nichts gesagt.«
»Das liegt in Caligos Art«, erklärte Duellos. »Er und ich, wir beide haben noch nie viel geredet. Meistens sitzt er da und beobachtet das Geschehen. Er hält sich gern im Hintergrund.«
Duellos’ nachdenkliche Miene nahm einen besorgten Zug an.
»Interessant, wenn man bedenkt, was für ein Typ von Offizier unserer Meinung nach infrage kommen dürfte.«
Unwillkürlich musste Geary das Gleiche denken. »Aber wie ist er so?«
»Ich habe nichts Schlechtes über ihn gehört, andererseits aber auch nicht viel Gutes«, betonte Duellos. »Er macht seine Arbeit und veranstaltet kein großes Theater, aber er hat die Vorgesetzten genügend beeindrucken können, um sich das Kommando über einen Schlachtkreuzer zu sichern.«
Unter anderen Umständen hätte sich das genau nach der Sorte Offizier angehört, wie Geary sie bevorzugte. Jetzt brachte ihn das ins Grübeln, und es ärgerte ihn, dass solche vage Andeutungen genügten, um ihn an der Loyalität eines Offiziers zweifeln zu lassen. »Und Kila?«
»Kila. Sie war bislang ungewöhnlich ruhig, wie mir gerade auffällt.« Duellos schaute etwas verlegen drein. »Bei ihr bin ich ein wenig voreingenommen. Wir beiden hatten mal was miteinander, als wir noch Ensigns waren. Das hat unsere Ausbildung aber nicht überlebt, und nachdem sich unsere Wege getrennt hatten, machte sie mir klar, dass wir in mehr als nur einer Hinsicht geschiedene Leute waren.«
»Oha«, machte Geary in mitfühlendem Tonfall.
»Letztlich war ich sogar sehr dankbar«, gab Duellos zurück.
»Sandra Kila ist ehrgeizig und aggressiv. Und dazu auch noch intelligent.«
»Klingt ein wenig nach Cresida.«
»Hmmm. Mehr nach Cresidas böser Zwillingsschwester.
Kila neigt dazu, bei ihren Vorgesetzten Eindruck zu schinden, aber von ihresgleichen und ihren Untergebenen wird sie nicht besonders gemocht, weil ihre aggressive Art zu schnell in Rücksichtslosigkeit umschlägt, auch wenn es um das Wettei-fern für einen Auftrag oder um das Abschneiden bei einer Bewertung geht.«
Das passte nicht. Geary schüttelte den Kopf. »Das hört sich nicht nach
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