Die verschollene Flotte 04 - Gearys Ehre
verhalten?«
»Wollen Sie mir etwa unterstellen, ich hätte was damit zu tun?«
»Nein.« Die unumwundene Antwort schien Numos zu überraschen. »Ich möchte nur, dass Sie sich über die Bedeutung dieses Zwischenfalls im Klaren sind. Captain Casia und Commander Yin wurden zum Schweigen gebracht, weil sie zu viel wussten. Wenn Sie auch Dinge wissen, die Sie verraten könnten, dann sollten Sie sich vielleicht mal Gedanken darüber machen, was Ihre angeblichen Freunde planen.«
Numos schnaubte verächtlich. »Und stattdessen soll ich Ihnen jetzt vertrauen? Woher soll ich wissen, dass Sie nicht diesen kleinen Unfall arrangiert haben, um zwei Offiziere loszu-werden, die Ihre Autorität infrage gestellt haben?«
»Wenn ich deren Tod gewollt hätte«, stellte Geary klar,
»dann wäre es mein gutes Recht gewesen, die beiden vor ein Erschießungskommando zu stellen. Warum sollte ich ein Shuttle zerstören, nur um einen ohnehin zum Tode verurteil-ten Mann aus dem Weg zu räumen?«
»Sie haben schon einige andere aus dem Weg geräumt.
Captain Franco, Captain Faresa, Captain Midea, Captain Kerestes … Habe ich jemanden vergessen?«
Geary setzte sich hin und sah Numos eindringlich an. »So dumm sind Sie nicht. Sie wissen genau, dass all diese Offiziere im Kampf gefallen sind. Und Sie wissen, dass Midea ihren Tod selbst verursacht hat. Ich habe mich gefragt, wie Sie sie wohl im Zaum gehalten haben.«
Numos zuckte mit den Schultern. »Sie hatte Respekt vor einer legitimen Autorität.«
Eine Weile hatte Geary sich gefragt, ob ihm Numos rückbli-ckend vielleicht viel unsympathischer erschien, als es tatsächlich der Fall gewesen war, aber dieser Gedanke wurde damit widerlegt. »Vielleicht sind Sie ja doch so dumm. Ihre Freunde haben kaltblütig Angehörige der Allianz-Flotte ermordet.«
»Sie sagten doch, es war ein Unfall.«
»Um genau zu sein - das habe ich nie gesagt. Sie haben von einem Unfall gesprochen. Schon eigenartig, dass Sie davon so fest überzeugt sind.« Gearys Bemerkung traf ins Schwarze, da Numos’ Augen wutentbrannt funkelten. »Ich weiß nicht, ob Sie glauben, dass Sie irgendeine Chance hätten, als Flottenkommandant anerkannt zu werden, wenn ich aus dem Weg geräumt wäre. Die Chance besteht nicht. Aber ich weiß, dass Sie glauben, ich würde mich zum Diktator aufschwingen, sobald wir zurück in der Allianz sind. Das wird jedoch auch nicht passieren.«
»Und das soll ich Ihnen glauben?«
Geary musterte ihn sekundenlang. »Ich finde, Sie sollten etwas mehr Mitgefühl zeigen, immerhin sind zwei Offiziere und vier Marines ums Leben gekommen.« Numos ließ weiterhin keine Regung erkennen. »Wenn sich weitere Zwischenfälle ereignen, werden Sie sich in einer Verhöreinrichtung wiederfinden, Captain Numos. Ich weiß, Sie sind darauf geschult, Ihre Antworten so zu formulieren, dass Sie sogar einen Gehimscan in die Irre führen können. Aber wir verfügen in dieser Flotte über sehr gute Verhörspezialisten. Ich weiß auch, dass ich im Moment einen Flottenkapitän keinem Verhör unterziehen kann, solange es dafür keinen guten Grund gibt, aber ein weiterer Zwischenfall wird für mich ein solcher guter Grund sein.« Numos lief rot an, schwieg aber weiter. »Das sollten Sie Ihren Freunden sagen.«
Dann stand Geary auf, betätigte seine Kontrollen und verschwand aus dem Quartier.
»Ich sagte doch, es ist Zeitvergeudung«, ließ Rione verlau-ten, während sie in ihren Sessel sank. Sie hatte an dem virtuellen Treffen zwar nicht teilgenommen, es aber beobachtet.
»Ich musste es zumindest versuchen«, gab er kopfschüttelnd zurück. »Ich weiß nicht, wie ich mich davon abhalten konnte, Numos erschießen und aus der nächsten Luftschleuse werfen zu lassen.«
»Black Jack hätte damit keine Probleme«, überlegte Rione.
»Black Jack lebt nach seinen eigenen Regeln. Ich finde, Black Jack sollte auf der Stelle befehlen, dass Numos verhört wird.«
»Ja, das hast du mir schon gesagt.« Er setzte sich hin und rieb sich die Stirn. »Ich habe auch mit anderen Offizieren gesprochen, und alle sind sie der Meinung, dass ich damit auch durchkommen würde. Aber damit würde ich die erschrecken, die fürchten, ich könnte mich zum Diktator aufschwingen, und es würde die ermutigen, die mich zum Diktator machen wollen. Beides könnte Entwicklungen auslösen, die ich nicht haben möchte. Ich brauche eine klarere Rechtfertigung.«
»Eine solche klarere Rechtfertigung könnte bedeuten, dass wieder Menschen sterben
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