Die verschollene Flotte 04 - Gearys Ehre
Die meisten ehemaligen Gefangenen waren Unteroffiziere, dazwischen fänden sich einige Junioroffiziere, und nur ein einziger Offizier war aufgeführt, der oberhalb des Dienstgrads eines Lieutenants ran-gierte. Gearys Blick ruhte sekundenlang auf dem Namen von Commander Savos, dann stellte er fest, dass der Mann derzeit auf dem Schlachtkreuzer Implacable untergebracht war, und rief das Schiff. »Wenn Commander Savos dazu in der Lage ist, würde ich gern mit ihm reden.«
Zehn Minuten später meldete die Implacable, dass Savos bereit war, um mit ihm zu reden. Geary stand auf, zog seine Uniform zurecht, dann forderte er die Implacable’ auf, die Verbindung herzustellen.
Das Bild des vormaligen Befehlshabers des Leichten Kreuzers Spur, der beim ersten Aufenthalt der Allianz-Flotte im Lakota-System zerstört worden war, tauchte vor ihm auf und zeigte einen arg mitgenommenen Mann. Seine Uniform war neu, offenbar von jemandem an Bord der Implacable zur Verfügung gestellt, um die alte zu ersetzen, die er während seiner Gefangenschaft getragen hatte, doch dem Mann selbst war noch deutlich anzusehen, was er in den letzten Wochen durchgemacht hatte. Commander Savos wirkte hager, sein Gesicht trug deutliche Spuren, die den Stress der letzten Zeit erkennen ließen. Eine Seite seines Kopfs war mit einem Flex-Verband bedeckt, sein Auge wies noch die Überreste einer hässlichen Prellung auf. Dennoch versuchte er, in Habacht-haltung vor Geary zu stehen und zu salutieren. Der erwiderte den Salut flüchtig und verspürte ein schlechtes Gewissen, dass er den Mann hatte antreten lassen. Warum hatte ihm auch niemand sagen können, dass Savos’ Verfassung so schlecht war? »Rühren Sie sich, Commander, und setzen Sie sich hin.
Werden Sie auf der Implacable gut versorgt?«
Savos nahm vorsichtig Platz und setzte sich steif hin, dann nickte er: »Ja, Sir. Auf der Implacable kümmert man sich ganz hervorragend um uns, Sir. Exzellente Behandlung, auch wenn das Essen zu wünschen übrig lässt, das wir den Syndiks abgenommen haben.«
»Das müssen Sie mir nicht sagen. Ich sehne mich inzwischen bereits nach einem Danaka Yoruk-Riegel, was ich niemals für möglich gehalten hätte.« Geary hielt kurz inne. »Wie geht es Ihnen?«
»Ich fühle mich glücklicher, als ich es vor ein paar Tagen noch für möglich gehalten hätte, Sir«, erwiderte er grinsend, wurde aber gleich wieder ernst. »Die Syndiks haben uns hun-gern lassen und sind ziemlich grob mit uns umgesprungen.
Aber jetzt geht es uns ja wieder gut.«
»Sie sind der ranghöchste Offizier, den wir befreit haben.«
»Von den Gefangenen auf der Audacious, ja, Sir«, bestätigte Savos. »Nach allem was ich gehört habe, könnte auch der eine oder andere Captain in Gefangenschaft geraten sein, aber der wird dann auf eines der Syndik-Kriegsschiffe gebracht worden sein, um ihn zu verhören.« Der Commander machte eine Pause und sah besorgt drein. Geary wusste, was mit dem Mann los war. Er wurde ebenso von dem Gedanken daran geplagt, dass sich an Bord von einigen der Syndik-Kriegsschiffe, die im Verlauf der Schlacht zerstört worden waren, weitere Gefangene befunden haben mussten. Es war jedoch unmöglich, das mit Gewissheit zu sagen, und noch unmöglicher wäre es gewesen, auch nur einen von ihnen zu retten. Dennoch musste Geary immer wieder daran denken.
»Nachdem ich den Befehl gegeben hatte, die Spur zu verlassen«, redete Savos weiter, »war ich eine Weile nicht bei Bewusstsein, weil das Schiff durch einige Treffer heftig durchgeschüttelt worden war. Meine Crew brachte mich zu einer Rettungskapsel, aber es dauerte einige Tage, ehe ich wieder klar denken konnte. Vielleicht ließ man mich deswegen auf der Audacious, ansonsten hätten sie mich wohl auch zum Verhör mitgenommen.«
»Was sagen unsere Ärzte zu Ihrer Kopfverletzung?«
»Nichts, was sie nicht wiederherstellen könnten, Sir.« Savos lächelte schief und legte eine Hand an den Kopfverband.
»Wäre das nicht behandelt worden, hätte ich irgendwann spä-
ter große Probleme bekommen. Aber so ist jetzt alles auf dem Weg der Besserung.«
»Gut. Das mit der Spur tut mir leid.«
Savos schaute betrübt drein, dann antwortete er: »Sie war nicht das einzige Schiff, das wir verloren haben, Sir.«
»Das stimmt. Aber sie hat den Feind nicht ungeschoren davonkommen lassen. Ihr Schiff hat gut gekämpft.« Er wusste, dass jedem befehlshabenden Offizier ein solcher Zuspruch gut tat. »Das Gefecht mit den Syndiks hat dafür
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