Die verschollene Flotte 04 - Gearys Ehre
einem trotzigen Blick reagierte, »Ich jedenfalls nicht, und mir ist auch von keinem Senator bekannt, dass er etwas wusste.«
»Und was ist mit dem Regierenden Rat?«, wollte Duellos wissen.
»Das ist mir nicht bekannt.« Rione sah die anderen an und bemerkte die zweifelnden Blicke. »Ich habe keinen Grund, Ihnen etwas vorzumachen!«, fuhr sie sie an. »Ich weiß, es gibt extrem heikle Angelegenheiten, die nur den Mitgliedern der Regierung mitgeteilt werden. Man sagt auch, dass manche dieser Angelegenheiten nur mündlich an neue Mitglieder weiter-gegeben, aber nie schriftlich festgehalten werden. Ich kann aber nicht beurteilen, ob das stimmt. Das wissen nur die Mitglieder des Regierenden Rats, und die sprechen nicht über ihre Geheimnisse.«
Geary nickte. »Kann ich mir gut vorstellen. Aber was würden Sie sagen, Madam Senator?« Den Titel benutzte er ab-sichtlich, um die anderen daran zu erinnern, welches politische Amt Rione bekleidete. »Wenn Sie einfach mal raten müssten, würden Sie dann sagen, dass Sie irgendetwas über den Rat wissen, was Sie auf den Gedanken bringen könnte, dass man dort etwas über die Aliens weiß?«
Sie legte die Stirn in Falten und ließ den Kopf gedankenverloren zur Seite sinken. »Vielleicht. Es kommt immer darauf an, wie man die Dinge auslegt.«
»Die Dinge?«
Ihre Miene wurde noch ernster. »Fragen, die man aus Sicherheitsgründen nicht stellen soll. Vertrauliche Angaben zu Plänen oder Budgets; Dinge dieser Art. Aber es gibt Dutzende möglicher Erklärungen dafür. Hören Sie, ich bin so misstrauisch wie jeder Politiker. Wenn ich etwas höre, dann klopfe ich es auf mögliche Auslegungen ab. Sollte der Regierende Rat eine Ahnung von der Existenz dieser Aliens haben, dann hat man dort wirklich hervorragende Arbeit geleistet, das zu vertuschen. Bis mir Captain Geary zeigte, was er herausgefunden hat, hätte ich so etwas nicht einmal vermutet.«
»Aber dann haben wir alle aufgehört, diese Frage zu stellen«, erklärte Cresida. »Ist es nicht so? Noch nie hat man eine nichtmenschliche Intelligenz entdeckt, und es hat auch nie eine mit uns Kontakt aufgenommen; zumindest nicht in einer Form, dass wir davon wüssten. Außerdem waren wir durch den Krieg auf andere Dinge konzentriert. Captain Geary hat das Ganze mit kühlem Kopf betrachtet und analysiert.«
»Kein Wunder, ich habe ja auch lange genug im Kälteschlaf gelegen«, gab Geary zurück, woraufhin jeder über die An-spielung auf sein eigenes Schicksal zu lächeln begann. Er selbst hatte es bis dahin nicht für möglich gehalten, über diese Zeit in seinem Leben Witze reißen zu können. »Uns stellt sich jetzt folgende Frage: Behalten wir das Geheimnis für uns?
Oder erzählen wir jedem davon?«
Dieses Mal schloss sich langes Schweigen an, dann sagte Rione in einem desillusionierten Tonfall: »Wir befürchten ja schon, dass die Menschheit sich mithilfe der Hypernet-Portale selbst auslöschen wird, weil sich durch diesen Krieg so viel Hass aufgestaut hat. Wenn die Menschheit herausfindet, dass der Krieg in Wahrheit durch einen Trick einer anderen intelligenten Spezies ausgelöst worden ist, und wenn sie dann hört, dass die gleiche Spezies in allen von uns kontrollierten Sternensystemen ihre Bomben in Form der Portale deponiert hat-was wird dann die Mehrheit der Menschen fordern?«
»Vergeltung«, antwortete Tulev.
»Ja. Krieg in einer noch größeren Dimension, gegen einen Feind, über dessen Stärke und Fähigkeiten wir nichts wissen und der uns technologisch ohne jeden Zweifel überlegen ist.«
Cresida ballte die Fäuste. »Mir wäre egal, wie viele von diesen Aliens sterben, weil sie es auch nicht anders verdient haben. Aber wenn ich mir vorstelle, wie viele Menschenleben mehr das alles noch kosten würde …«
»Damit wäre meine Frage wohl beantwortet«, verkündete Geary mit Grabesstimme. »Wir müssen das Geheimnis weiter wahren und trotzdem einen Weg finden, wie wir den Aliens einen Strich durch die Rechnung machen können, ohne dabei einen noch schlimmeren Krieg auszulösen.«
Duellos schürzte die Lippen, während er intensiv nachdachte. Mit einem Finger tippte er auf die Tischplatte. »Ein Feind nach dem anderen. Das würde ich empfehlen. Wir müssen erst einmal mit den Syndiks fertigwerden, bevor wir auch nur hülfen können, uns den Aliens zu widmen.«
»Aber wie sollen wir die Syndiks schlagen, wenn die Aliens ihnen tatkräftig unter die Arme greifen?«, wollte Cresida wissen.
Die Frage veranlasste
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