Die verschollene Flotte 04 - Gearys Ehre
geblieben war, wurden mehr oder weniger aufgegeben. Hatten sie zuvor noch eine Funktion erfüllt, da der Reiseverkehr sie durch-querte, um von einem Sprungpunkt zum nächsten zu gelangen, wurden sie inzwischen links liegen gelassen, weil das Hypernet die Reise vom Start- zum Zielpunkt in einem Zug erlaubte.
Aber hier in Branwyn entpuppten sich die Bergbaueinrichtungen, die die Anwesenheit von so vielen Menschen erforderlich machten, als erheblich größer als der Bestand, der in den jahrzehntealten Sternenführern der Syndikatwelten genannt wurde, die der Allianz-Flotte bei Sancere in die Finger gefallen waren. »Warum?«, rätselte Geary laut.
Desjani schüttelte den Kopf und war offenbar genauso verblüfft. »Das Syndik-Militär ist hier überhaupt nicht präsent.
Keine Spähschiffe, keine Streitmacht, die vor uns schützen soll. Ich kenne kein anderes bewohntes Syndik-System, das nicht wenigstens über eine interne Sicherheitseinheit verfügt.«
Die Informationen über das System wurden weiter aktualisiert, und nun wurden einige Frachtschiffe angezeigt, die zu einem der anderen Sprungpunkte unterwegs waren oder von dort kamen. »Wohin führt dieser Sprungpunkt?«
Noch während ein Wachhabender ihm »Ins Sortes-System, Sir« zurief, sah er die Antwort auf seinem Display.
Ein vom Hypernet abgeschnittenes Sternensystem mit einer starken Syndik-Präsenz, von dem offenbar regelmäßig Schiffe in ein benachbartes System reisten, das seinerseits über ein Hypernet-Portal verfügte. Aber es machte nicht den Eindruck, als würde hier irgendetwas abgebaut, was es nicht auch in Sortes gab. »Was soll das bloß?«, murmelte Geary.
Victoria Rione begann zu lachen und lenkte seine Aufmerksamkeit auf sich. »Keiner von Ihnen hat eine Ahnung davon, was das hier ist, wie? Ist Ihnen nicht klar, was Sie hier sehen?
Das ist eine nicht genehmigte Einrichtung, sozusagen eine Piratenmine, angelegt von Syndik-Konzernen, die sich damit der zentralen Kontrolle und der Besteuerung entziehen wollen. Was sie hier abbauen, ist nirgendwo registriert, und es wird auch nicht versteuert. Das macht den Aufwand und die zusätzlichen Kosten mehr als wett, die dadurch entstehen, dass das Material in ans Hypernet angeschlossene System ge-schmuggelt und seine Herkunft vertuscht werden muss.«
»Und woher wissen Sie das?«, fragte Geary nach.
»Weil solche Operationen auch immer wieder im Allianz-Gebiet zu finden sind. So was ist illegal, aber profitabel. Einer der Zeitvertreibe des Senats besteht darin, Gesetze zu erlassen, mit denen verhindert werden soll, dass die Betreiber solcher Anlagen ungeschoren davonkommen. Aber die Leute finden immer wieder neue Schlupflöcher.«
Eine illegale Operation also. Geary fragte sich, ob die Bewohner von Branwyn wohl dem heimgesuchten Lakota-System helfen würden. »Schicken wir ihnen die Aufzeichnungen von den Ereignissen bei Lakota und den Notruf, der von der bewohnten Welt ausgesendet wurde. Was wird eigentlich geschehen, wenn die Syndik-Behörden oder das Militär von dem Treiben hier erfahren?«
Rione zuckte mit den Schultern. »Einigen von ihnen ist das längst bekannt, aber ich kann mir vorstellen, dass Beste-chungsgelder für die maßgeblichen Leute dafür sorgen, dass das Wissen nicht weiter verbreitet wird. Allerdings könnte unser Flug durch das System zu viel Aufmerksamkeit auf das lenken, was sich hier abspielt.«
Nach einem Blick auf das Steuerdisplay erwiderte Geary:
»Wir benötigen nur vier Tage, um den Sprungpunkt nach Wendig zu erreichen. Die Hilfsschiffe verarbeiten bereits die Rohstoffe, die wir bei Lakota erbeuten konnten. Glauben Sie, wir können den Syndiks so weit vertrauen, dass sie uns Rohstoffe liefern, wenn wir sie von ihnen fordern, ohne dass sie darin eine böse Überraschung für uns verstecken?«
»Sie wollen einem Haufen Piraten vertrauen? Wie viel Gewinn können Sie denen anbieten?«
»Überhaupt keinen.«
»Dann wissen Sie jetzt auch, wie weit Sie ihnen vertrauen können.«
Da die Syndik-Präsenz in Branwyn alle Anzeichen für eine hastige Evakuierung des Systems erkennen ließ, der Allianz-Flotte gegenüber aber keine Drohungen ausgesprochen wurden, ver-fiel Geary in Rastlosigkeit. Da er nicht länger stillsitzen und nachdenken konnte, unternahm er lange Spaziergänge durch die Korridore der Dauntless. Schlachtkreuzer waren große Schiffe, aber zugleich doch so klein, dass er bei seinen Ausflü-
gen wiederholt Captain Desjani begegnete, die einerseits ebenfalls
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